Gefaehrliche Spur
Werwolf nickte Travis zu und ließ ihn allein. Travis legte seinen Ruc k sack auf einem Stuhl ab und gönnte sich eine heiße Dusche. In Sams Haus zu sein, war ein seltsames Gefühl, das wahrscheinlich dem ähnelte, das Harry Potter empfunden hatte, als er zum ersten Mal die Weasleys besuchte, auch wenn sich hier das Essen nicht auf magische Weise selbst kochte. Er fragte sich, ob er die Gelegenheit haben würde, mit dem Gargoyle zu sprechen. Das würde nicht nur eine interessante Erfahrung werden, sondern ihm sicherlich auch für das DOC wertvolle Informationen geben. Immer vorausgesetzt, der Gargoyle war zu einem Gespräch aufgelegt.
Als er die Dusche abstellte, hörte er Musik. Jemand spielte Geige. Daneben hörte er Gitarrenklänge und ein Schellentamburin. Während er sich abtroc k nete, warf er einen Blick in den Spiegel und vermisste wieder einmal die Na r ben, die er sich im Laufe seines Lebens zugezogen hatte. Als Sam ihn von den Toten zurückgeholt und die tödliche Wunde geheilt hatte, hatte sie dabei auch alle Narben geheilt. Was nicht das Schlechteste war.
Er zog sich an und folgte dem Klang der Musik. Im Wohnzimmer hatte sich das Hauskonzert versammelt. Nick und Abby spielten Geige, ein etwa siebenjähriges brünettes Mädchen zupfte die Kindergitarre, und eine Fünfjä h rige, die nicht nur wegen ihrer schwarzen Haare Sams Miniaturebenbild war, schlug das Tamburin. Sam saß auf der Couch und hörte lächelnd zu. In einem Sessel saß eine rothaarige junge Frau, die Travis wachsam beobachtete, den Dämonenhund neben sich.
Travis fand rothaarige Frauen anziehend, sofern sie naturrot waren. Nicht nur weil ihn die Farbe an wärmendes Feuer erinnerte, sondern weil viele Ro t haarige durch ihre helle Haut wie eine Kombination aus Feuer und Eis wir k ten, was er unwiderstehlich fand. Dieser Frau zu widerstehen, bereitete ihm jedoch keine Mühe, denn sie war eine Dämonin , und wenn er sich nicht täuschte, trotz ihrer menschlichen Gestalt von derselben Art wie der Hund.
Sam winkte ihm zu und klopfte auf den Platz neben sich. Travis setzte sich und lauschte der sehnsuchtsvollen Musik. Obwohl er nicht viel von Musik verstand, erkannte er, dass Nick ein Virtuose war. Was dieser unter Beweis stellte, nachdem das gemeinsame Spiel beendet war, indem er auf die Bitten seiner Töchter und Sams ein Solostück spielte, das Travis’ Überzeugung nach nicht einmal Paganini so hinbekommen hätte. Seine Vorstellung von Werwö l fen erhielt dadurch eine neue Facette. Und auch von Dämonen, besonders von Sam. Er hatte zwar gewusst, dass sie eine Familie mit einem Ehemann und drei Töchtern besaß, aber er hatte sich nicht vorstellen können, dass sie so normal sein könnte. Würde er selbst auch jemals eine Familie haben? Wenn ja, wie normal könnte sein Familienleben werden bei seinem Job?
Nick beendete sein Spiel und erntete nicht nur von Travis verdienten A p plaus. Er bedankte sich mit einer formvollendeten Bühnenverbeugung und legte die Geige in einen Kasten. „Bringt eure Instrumente weg, Kinder. D a nach wird der Tisch gedeckt. Heute für eine Person mehr.“ Er zwinkerte Travis zu.
„ Und während ihr das Abendessen vorbereitet, werde ich mich mit Travis unterhalten“, sagte Sam und scheuchte ihre Familie mit einer Handbewegung hinaus.
Die rothaarige Dämonin nahm das jüngste Mädchen auf den Arm und das brünette bei der Hand, woraus Travis schloss, dass sie die Funktion eines Kindermädchens hatte.
Sam hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Willkommen, Travis. Die freudige Botschaft, dass alles gut für dich wird, hast du schon erhalten, wie ich hörte.“
Er nickte. „Ich weiß nur nicht, was sie bedeuten soll. Und sage jetzt bitte nicht, dass alles gut für mich wird.“ Erwartungsvoll blickte er sie an.
Sie lächelte. „Ich habe mir Abbys Vision von dir angesehen; mit einem kleinen Zauber.“ Sie wurde ernst. „Diese Vision besagt, dass du deine Tra u mata überwinden und danach ein zufriedenes, ausgeglichenes Leben führen wirst. Zumindest in diesem Punkt. Natürlich wird dein Leben deinem Job entsprechend turbulent bleiben, und du wirst dich nie über Langeweile bekl a gen können.“
„ Hört sich gut an.“ Er sah Sam in die Augen und hatte keine Lust, sich mit Small Talk aufzuhalten. „Als du mich von den Toten zurückgeholt hast, habe ich da etwas mitgenommen? Aus dem Jenseits meine ich.“ Er schüttelte den Kopf. „Es muss damit zusammenhängen. Glaube ich jedenfalls. Ich sehe
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