Gefaehrliche Spur
nicht zu trinken.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ist aber nicht leicht. Bin erst kürzlich aus Afghanistan zurückgekommen. Meine Freundin hatte inzw i schen die Schlösser ausgetauscht und lebt mit einem anderen Kerl in meinem Haus. Als ich es mir zurückholen wollte, riefen sie die Cops.“ Er zuckte mit den Schultern. „Na ja, ich habe ein bisschen überreagiert und den Kerl ins Krankenhaus geprügelt. Von da an ging es abwärts. Jetzt bin ich hier.“
Das war zwar eine andere Geschichte als die, die er Joe erzählt hatte, aber auch das gehörte zur Tarnung. Ein Obdachloser lernte schnell, sich durchs Leben zu lügen, um möglichst viele Vorteile zu ergattern. Die Story, die er Cole aufgetischt hatte, entsprach dem, was durch einige vom DOC erstellte Berichte im Internet abgedeckt wurde.
„ Bist getürmt, hm? Bevor sie dich in den Knast stecken konnten.“
„ So was in der Art.“
Cole nickte. „Ja, die Weiber können einen ganz schön fertigmachen.“ Er nahm einen weiteren Schluck aus der Flasche.
„ Und wie.“
Ein dunkelgrüner Lexus fuhr langsam die Commercial Street in Richtung India entlang. Am Steuer saß die rothaarige Frau, die ihn vor Joe’s House abzupassen versucht hatte. Als sie Travis sah, gab sie Gas, bog in die India ein und legte ein gewagtes Wendemanöver hin, das ein Hupkonzert hervo r rief. Sie ignorierte es und fuhr schwungvoll auf den Parkplatz bei der Sushi Bar. Travis brauchte keine Fantasie, um sich zu denken, auf wen sie es abg e sehen hatte, als sie ausstieg.
Cole deutete mit dem Kinn in ihre Richtung. „Die da bedeutet besonders viel Ärger. Stellt zu viele Fragen. Viel zu viele.“
„ Wonach denn?“
Cole schickte sich an , zu gehen. „Wenn du bleibst, wirst du es erfahren.“
Travis blieb, während Cole Richtung Sushi Bar das Weite suchte und in die India Street einbog, noch ehe die Frau Travis erreicht hatte. Sie kam zielstr e big auf ihn zu, hielt den Kopf gesenkt und sah ihn von unten herauf in einer Weise an, die stumm darum bat, dass er nicht weglaufen würde wie Cole. Er unterdrückte ein Lächeln. Der Wind wehte ihr Haar zur Seite. Sie fasste s o fort nach einer Strähne, hielt sie fest und in einer Position über ihrer Wange, dass ihre Narbe verdeckt war.
Er zog den Plastikbecher aus der Manteltasche und streckte ihn ihr entg e gen. „Eine milde Gabe für einen Veteranen? Um der Liebe Gottes willen, Ma’am.“
Sie zog einen Fünfzigdollarschein aus ihrer Börse und hielt ihm den hin. Dabei starrte sie Travis fasziniert an und vergaß, ihr Haar wieder über die Narbe zu ziehen.
„ Danke, Ma’am. Sehr großzügig von Ihnen.“
Seine Worte rissen sie von seinem Anblick los und machten ihr bewusst, dass sie ihn angestarrt hatte. Er musste nicht lange überlegen warum. Die ungewöhnliche Bernsteinfarbe seiner Augen fiel den meisten Menschen s o fort auf. Seine Mutter hatte sie immer Fuchsaugen genannt, denn sie sahen tatsächlich Fuchsaugen sehr ähnlich. Dass seine Undercover-Persona aber ausgerechnet Fox mit Nachnamen hieß, war Zufall, da solche Persona e sor g fältig auf Vorrat angelegt wurden, um mit nur wenigen aktuellen Updates jederzeit einsatzbereit zu sein.
Die Frau zog ein Foto aus ihrer Manteltasche und hielt es ihm hin. „Haben Sie diesen Mann schon mal gesehen?“ Ihre Stimme besaß ein vibrierendes Timbre und eine Tonlage, der man gern zuhört e . „Er heißt Marty Kirk.“
Travis betrachtete das Bild. Es zeigte einen Soldaten in Uniform. Er sah ihr in keiner Weise ähnlich. Warum wollte sie ihn finden? Er reichte es ihr z u rück. „Tut mir leid, Ma’am, aber den kenne ich nicht.“
„ Das Bild ist über ein Jahr alt. Er könnte heute anders aussehen.“
Sie kramte in ihrer Umhängetasche und reichte ihm drei Blätter, auf denen Fotos desselben Mannes ausgedruckt waren, die mit einem Bildbearbeitung s programm in jeder nur erdenklichen Form verändert worden waren. Ni e mand machte sich solche Mühe, wenn er nicht einen verdammt wichtigen Grund dafür hatte. Er verglich unauffällig das Gesicht der Frau mit dem des Mannes auf dem Bild und konnte auch auf den zweiten Blick nicht die g e ringste Ähnlichkeit erkennen.
„ Nein, Ma’am, ich kenne ihn wirklich nicht. Warum ist er so wichtig für Sie?“
Sie steckte die Blätter ein. Er sah ihrem Gesicht an, dass sie enttäuscht war. „Ich bin seine Schwester.“
„ Ganz sicher nicht.“ Keine besonders diplomatische Antwort, aber sie war ihm herausgerutscht. Verdammt, das
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