Gefaehrliche Spur
dass du unterkommst. Darauf gebe ich dir mein Wort.“ Sie deutete auf sein Pentagramm. „Ich lasse einen Priester der Erde nicht im Stich. Und würde das auch nicht tun, wenn du keiner von uns wärst.“
Dass er ein Priester der Erde war, schloss sie aus der Schlange, die sein Pentagramm umschloss. Manche Wicca-Gruppen ordneten die Schlange der Erde zu, andere dem Feuer.
„ Danke, Silvia. Ich nehme an, ich bin nicht der Erste, dem du außerhalb eurer Organisation hilfst. Eine Hohepriesterin hilft doch, wo sie kann, nicht wahr?“ Die Bemerkung nahm seiner Frage hoffentlich den Anschein, dass er allzu neugierig wäre und verleitete Silvia vielleicht dazu, aus dem Nähkäs t chen zu plaudern. Immer vorausgesetzt, sie hatte tatsächlich mit den selts a men Vorkommnissen hier zu tun.
Sie nickte. „Ja, so vielen , wie ich konnte. Aber leider nicht so vielen, wie ich gern wollte. Aber jeder Erfolg ist kein Erfolg für mich, sondern für die O b dachlosen, die den Sprung zurück in ein geregeltes Leben geschafft haben.“
Travis hätte gern gewusst, ob sie über diese privaten Fälle Buch führte, konnte aber schlecht danach fragen, ohne Verdacht zu erregen.
Sie reichte ihm eine Visitenkarte. „Komm übermorgen zu der Adresse. Das ist mein Haus. Wir feiern dort. Und selbstverständlich kannst du bei mir übernachten. Ich setze dich verbindlich auf die Liste der Teilnehmer. Da einer der Männer, die kommen wollten, abgesagt hat, ist ein Platz frei gewo r den.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Du weißt ja, dass Beltane paarweise gefeiert wird.“
Er lächelte und nickte. Das war ihm bewusst. Auch dass er mit der Partn e rin, die er an dem Tag bekommen würde, die Nacht verbringen und mit ihr schlafen musste. Beltane war schließlich das alte Fest, das die Fruchtbarkeit von Mensch, Tier und Natur feierte. Jede Frau verkörperte an dem Tag die Göttin, jeder Mann den Gott, der sich mit der Göttin vereinigt, um durch diesen heiligen Akt auf magische Weise die Fruchtbarkeit für die Zeit bis zur Ernte zu garantieren. In manchen Wicca-Gemeinden blieb das Zelebrieren dieses Rituals der Hohepriesterin und dem Hohepriester vorbehalten, in a n deren nahmen alle Gemeindemitglieder daran teil. Silvias Gemeinde gehörte ihrer Bemerkung nach zu Letzteren.
An diesem Teil des Festes ebenfalls teilzunehmen, machte Travis nichts aus. Er war keinesfalls prüde und einem One-Night-Stand mit einer netten Frau nie abgeneigt. Oder einem flotten Dreier, wenn er sich ergab und die Partner zueinander passten. Jedenfalls würde er auch diesen Aspekt des Be l tane-Festes genießen; besonders nachdem ihm schon der Spaß mit Sam en t gangen war, weil Nick trotz aller zur Schau gestellten Toleranz und Gleic h mutes aufgepasst hatte wie ein Höllenhund, dass Travis ihr nicht ungebüh r lich zu nahe kam.
„ Ich werde mein Bestes tun“, versprach er Silvia lächelnd und verabschi e dete sich.
Er musste unbedingt Wayne von dem berichten, was er erfahren hatte. Nicht erst morgen, sondern heute noch. Er ging zur nächsten Telefonzelle und rief Waynes Smartphone an.
„ Ja“, meldete sich sein Freund schon nach dem zweiten Freizeichen.
„ Ich bin’s. Ich habe meinen Fuß bei Aid for the Homeless in der Tür. Aber die Details sollten wir nicht am Telefon besprechen.“
„ Stimmt. Wir haben auch etwas. Komm zum Hotel und warte vor dem Li e feranteneingang. In einer Stunde. Schaffst du das?“
„ Yep.“ Und ob er das schaffen würde, denn das Büro von Aid for the Homeless lag in Fußgangweite.
Er machte sich auf den Weg. In einer relativ großen Stadt wie Portland o h ne Auto zu sein und entweder zu Fuß gehen oder auf öffentliche Verkehr s mittel ausweichen zu müssen, war ebenfalls eine neue Erfahrung, die ihn den Wert eines eigenen Wagens schätzen lehrte. Aber Laufen machte ihm nichts aus, und so war er sogar fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit zur Stelle.
Wayne machte sich an seinem Wagen zu schaffen und lud zwei Taschen aus.
„ Hallo Mister, haben Sie Arbeit für einen arbeitswilligen, ehrlichen O b dachlosen?“
Wayne unterdrückte ein Grinsen. „Wenn ich dich nicht kennen würde, würde ich glatt Nein sagen, denn du siehst nicht sehr vertrauenerweckend aus.“
„ Autsch.“ Travis machte ein beleidigtes Gesicht. „Du weißt doch, dass O’Hara befohlen hat, dass ich nicht vertrauenerweckend aussehen soll.“
„ So hat sie das nicht gesagt“, widersprach Wayne. „Außerdem siehst du zu glattgebügelt aus für einen
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