Gefaehrliche Tiefen
geschlungen. Etwas entfernt zeichnete sich ein Dutzend weiterer Gestalten ab, die in dem Kakteenwald abwechselnd auftauchten und wieder verschwanden. Vielleicht eine gemischte Truppe Drogenkuriere und illegale Einwanderer. Auf diese Weise konnten die Schlepper pro Grenzübertritt den gröÃtmöglichen Profit erzielen.
»Wieso zum Teufel gehen sie da entlang?« knurrte Marshall.
»Sie sind zu weit weg«, flüsterte Ryder. »Schwärmt aus.« Er bewegte sich auf den Ausgang ihres Unterschlupfs zu. Joanne und Randy folgten ihm.
»Meinst du, jetzt gleich?«, murmelte Nicole.
Dread warf ihr einen wütenden Blick zu. Zumindest nahm Chase das an. Der Ausdruck war nur schwer zu erraten, da das Nachtsichtgerät das halbe Gesicht verdeckte.
»Natürlich meint er jetzt gleich!«, presste Chase verärgert hervor. »Na los!« Damit schob er Nicole hinaus in die Dunkelheit.
Die Gruppe stob auseinander, alle bewegten sich geduckt von Kaktus zu Kaktus. Beinahe hätte sich Chase an eine der Pflanzen gelehnt, aber ihm fiel noch rechtzeitig ein, wie stachelig die Riesendinger waren. Diese Unternehmung entwickelte sich zu einer Katastrophe. Wo blieb die Verstärkung? Weder Nicole noch er trugen eine Kevlar-Weste, weil sie das sofort verraten hätte. Mehr als ihre roten Southern-Sting-Shootout-Champion-Windjacken waren nicht drin gewesen. Wenn ihre Leute die sahen und erkannten, lieÃen sie sich als die Guten identifizieren. Aber in der Finsternis war das ein gigantisches
Wenn
.
Ryder lief in geduckter Haltung auf die Leute zu. Plötzlich blieb er stehen, hob das Gewehr und zielte. Ein
fftt
war zu hören, als würde eine Flaschenrakete gezündet. Der GröÃte der Gruppe ächzte und stürzte zu Boden. Die Frau mit dem Baby schrie auf und rannte los. Ryder zielte auf sie.
ScheiÃe!
Diese Spinner würden noch alle umlegen. Wo blieb sein Team blo� Ein weiteres
fftt
zerstäubte einen Kaktusarm. Die Frau rannte immer weiter, jetzt schrie auch das Baby. Ryder verfolgte sie mit dem Zielfernrohr.
Chase hörte den Schrei eines Manns, der schlagartig abbrach. Wieder hatten sie jemanden getroffen. Nicole war nach rechts verschwunden. Er musste sie im Auge behalten.
Fftt. Fftt.
Schritte. Hilferufe auf Spanisch.
Ayúdame!
Chase fiel ebenfalls in Trab, um den fliehenden Einwanderern und deren Verfolgern auf den Fersen zu bleiben. Warum hörte er immer noch keine Hubschrauber oder Geländewagen? Er zielte auf Ryders Beine, gleichzeitig brüllte er auf Spanisch den Mexikanern zu, sie sollten sich auf den Boden werfen. »
A la tierra! Bajense!
«
Sein Schuss wirbelte neben Ryders Stiefel Staub auf, und Ryder wirbelte herum. Wie aus dem Nichts tauchte neben ihm Dread auf.
Die Kugel erwischte Chase in der Schulter. Von der Wucht des Einschlags wurde er auf die Knie geworfen. Er schaffte es kaum, sein Gewehr hochzuhalten. Ryder hatte ihn bereits im Visier, aber Chase drückte als Erster ab. Ryder fiel leise stöhnend um.
»Verdammte ScheiÃe!«, schrie Dread. »Charlie ist ein Verräter!«
Nicole feuerte Dread in den Rücken. Der Riese stürzte mit dem Gesicht voraus zu Boden. Plötzlich rannten immer mehr Leute zwischen den Kakteen hindurch, schossen, fluchten und schrien auf Englisch und Spanisch. Dann dröhnten Befehle über Megafone. Suchscheinwerfer und Autoscheinwerfer blitzten überall auf. Im flackernden Licht war die Mutter zu sehen, die sich an einen Felsen gelehnt halb im Gebüsch versteckte und schützend über ihr Baby beugte. Mühsam rappelte sich Chase hoch und taumelte in ihre Richtung.
Blitzartig tauchte in zehn Metern Entfernung Randy auf. Sein Nachtsichtgerät hatte er auf den Kopf geschoben, sein Gesicht zu einer wütenden Fratze verzerrt. Die Pistole in seiner Hand war auf Chase gerichtet.
Der spürte erneut einen brennenden Schlag, diesmal mitten in der Brust. Benommen landete er auf dem Rücken. Bei dem Sturz entwich seinen Lungen alle Luft, das Nachtsichtgerät flog ihm vom Kopf. Er starrte zum Himmel, der übersät war mit einer unglaublichen Fülle von Sternen. Plötzlich verstummte das Feuergefecht in der Wüste um ihn herum. Zumindest für seine Ohren.
Er hoffte, die mexikanische Familie würde überleben. Er hoffte, Nicole hatte entkommen können. Er hoffte, ihr verdeckter Einsatz würde derartige Vorfälle künftig verhindern.
Die Schusswunden taten gar
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