Gefaehrliche Tiefen
bin auch schon viel getaucht. Aber dass man das von diesem Schiff aus machen kann, ist mir neu.«
Es klang, als würde er es in Frage stellen. Sam warf Dan einen Blick zu.
»Wir haben eine Sondergenehmigung«, sagte Dan zu Sanders.
»Ach so.« Sanders drehte sich abrupt nach Osten und betrachtete den aufgehenden Mond. »Wundervolle Nacht, nicht wahr?«
Hinter ihnen auf der Brücke gingen die Scheinwerfer an und beleuchteten das Deck. Der Motor der
Papagayo
erwachte zum Leben. Gedämpfte spanische Rufe und lautes Rasseln zeugten vom Hochziehen der Anker an Bug und Heck.
Die Yacht drehte nach Westen, und die Lichter von Puerto Ayora blieben hinter ihnen zurück. Der Wind wehte Jonathan Sandersâ silbernes Haar hoch. Er hielt das Gesicht in die Brise und lächelte. »Unser Abenteuer beginnt.«
Sams Abenteuer hatte bereits vor zwei Tagen begonnen. Ihr Körper kam mit der Zeitverschiebung nicht gut klar, genauso wenig wie mit dem Wechsel vom Hotel zum Schiff sowie der Nahtoderfahrung, auch wenn es nicht ihre eigene gewesen war. Sie gähnte und griff nach ihrer Laptoptasche. »Entschuldigen Sie mich bitte. Ich weiÃ, es ist noch früh, aber ich gehe jetzt ins Bett.«
»Ich auch.« Dan wandte sich Richtung Treppe. »Gute Nacht, Jon.«
Als sie durch die leere Lounge gingen, berührte Dan ihre Hand. »Sam, wegen unserem Tauchgang morgen. Der Kontrollpunkt wird ⦠also, da ist meilenweit nichts auÃer einem Seehügel und einer Boje.«
Vor Sams geistigem Auge tauchten endlose blaugrüne Halbschatten voller undefinierbarer Schwärme aus dunklen Schemen auf. Eine Unendlichkeit aus Wasser. Sie schluckte. Ihre Kehle war plötzlich ganz trocken. »Okay.«
»Das Wasser ist dort über neunzig Meter tief.«
»Aber so tief runter müssen wir doch nicht, oder?«
Dan zog die Augenbrauen hoch. »neunzig Meter?«
Sie hatte sich verraten. Alles über dreiÃig Meter war Gefahrenzone, wie ihr wieder einfiel. Sie konnte sich neunzig Meter Wassertiefe nicht einmal vorstellen und zwang sich zu lachen. »Ich habe nur Spaà gemacht. Also wirklich!«
Aufmerksam betrachtete er ihr Gesicht. »Wie viele Tauchgänge hast du eigentlich schon hinter dir?«
Auf keinen Fall würde sie ihm die winzige Zahl verraten. »Nicht so viele«, gab sie zu. »Aber genügend.«
»Du wirst keine Angst bekommen?«
»Angst, ich?« Sie versuchte, abschätzig zu kichern. Es kam etwas erstickt heraus. »Ich lasse dich nicht allein tauchen, falls du das gerade vorschlagen wolltest.« Sie schüttelte den Kopf. »Auf gar keinen Fall. Vor allem nach â¦Â« Hatte sich der Zwischenfall mit der verunreinigten Luft wirklich erst vor ein paar Stunden ereignet? Ihr schien er schon Tage zurückzuliegen.
»Sam, diesmal habe ich zugesehen, wie sie die Druckluftflaschen im Laden gefüllt haben, und dann zur Sicherheit noch mal die Sauerstoffkonzentration gemessen. Wenn du nervös bist â¦Â«
Sam zog eine Augenbraue hoch. »Wieso sollte ich nervös sein? Wer hat denn heute wen gerettet?«
Er starrte sie durchdringend an, bis sie seinem Blick nicht länger standhielt. »Na gut, Dan, ich gebe zu, ich bin wirklich ein bisschen nervös. SchlieÃlich war ich noch nie auf den Galapagosinseln. Ich kann das alles nicht immer gleich richtig einordnen.«
Dan zuckte mit den Schultern. »Das geht jedem so. Es sind eben die Galapagosinseln.«
Hätte sie wissen müssen, was das hie� »Sind wir jetzt in Sicherheit?«
»So gut man das sein kann.«
Sollte sie das etwa beruhigen? Dan legte ihr die Hand auf den Unterarm. »Ich verstehe, wenn du morgen an dem Seehügel nicht tauchen willst. Meistens herrscht dort eine starke Strömung.«
Eine starke Strömung?
Mist.
Bei ihrem vierten Tauchgang zu Hause bei den San Juan Islands war die Strömung ein wenig lebhaft gewesen. Die Tauchschüler hatten geübt, an einer Bojenkette auf- und abzutauchen, das kannte sie also schon, ansatzweise jedenfalls, aber es war kein angenehmes Erlebnis gewesen. Dabei hatte die Wassertiefe nur gut zwanzig Meter betragen.
Du wolltest diesen Job unbedingt haben
, schalt sie sich.
Dafür hast du sogar gelogen. Jetzt hör auf zu jammern.
»Dazu habe ich mich nun mal verpflichtet«, erwiderte sie. »Ich muss dabei sein, damit ich den Bericht schreiben kann. AuÃerdem muss ich Fotos machen und ein
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