Gefaehrliche Tiefen
Video drehen. Ich bin deine Tauchpartnerin. Egal was passiert, ich muss dabei sein. Verstanden?«
Resignierend hob er die Hände. »Verstanden.«
Gemeinsam gingen sie die letzte Treppe hinunter. Hier, unter der Wasserlinie, versuchte ein intensiver Pinienduft vergeblich, den leichten Geruch nach Schimmel zu überdecken. Der Boden des schmalen Flurs war mit einem dunkelblauen Teppich ausgelegt, die Wände waren aus billigem Holz. Es gab vier Kabinen. Sam blieb vor Nummer drei stehen und fragte Dan: »Hat Eduardo dir die Schlüssel für unsere Kabinen gegeben?«
»Keine Schlüssel«, erwiderte Dan und imitierte Eduardos Akzent beinahe perfekt. »An den Türen sind keine Schlösser.« Er drehte den Türknauf von Kabine vier, um es ihr vorzuführen. »Wir sind hier alle Freunde.«
»Das will ich doch hoffen.« Sam stieà die Tür zu ihrer Kabine auf. Die Ausrüstung, die auf der oberen Koje lag, stellte ein kleines Vermögen dar.
Die Tür zu Nummer sechs, der Kabine neben der von Dan, öffnete sich. Einer der Touristen, die sie vorher bereits gesehen hatte, trat heraus â ein junger Mann mit zerrauften Haaren und Schnurrbart. »Da Sie gerade von Freunden reden â¦Â«, sagte er.
Betroffen sah Dan ihn an. »Tut mir leid, dass wir so laut waren.«
»Das ist nicht Ihre Schuld«, beruhigte ihn der Fremde und strich mit dem Finger seinen Schnurrbart glatt. »Die Wände sind dünner als Zeitungspapier.« Er streckte die Hand aus. »Brandon Venning. Willkommen im Zwischendeck.« Er zog einen weiteren jungen Mann aus der Kabine, damit er sie ebenfalls begrüÃen konnte.
Der schnurrbärtige Brandon Venning und der rothaarige Ken Pruitt teilten sich Kabine sechs. Sie studierten an der Universität in Columbus, Ohio, und hatten nicht mehr lange bis zu ihrem Abschluss. Es wunderte Sam, dass sie trotzdem im Februar Urlaub machen konnten, aber das ging sie nichts an, und sie war viel zu erschöpft, um sich Gedanken darüber zu machen. Sie konnte das Gähnen kaum noch unterdrücken. »Seien Sie mir nicht böse, falls ich Ihre Namen morgen nicht mehr weië, sagte sie.
»Kein Problem«, erwiderte Brandon. »Wollen Sie beide ein Bier mit uns trinken? Wir haben eine Kiste dabei.« Er deutete mit dem Kopf auf Kabine sechs.
»Danke, aber ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Wir sehen uns morgen früh.« Sam schloss die Tür hinter sich und lieà die drei Männer im Flur stehen.
Kabine drei hatte in ihrer Ordentlichkeit etwas Militärisches. Als Sam ihre Taschen ausleerte, wurde ihr klar, dass sie nicht alles in den Schubladen und dem winzige Schrank würde verstauen können. Ein Glück, dass sie die Kabine für sich allein hatte. Sie legte die übrigen Sachen auf die untere Liege, zog sich ein übergroÃes T-Shirt an und putzte sich in dem winzigen Badezimmer die Zähne â oder nannte man es Marine- WC , selbst auf einer Yacht?
Der Motor der
Papagayo,
dessen Geräusch die an das Schiff klatschenden Wellen dämpften, dröhnte wie ein Herzschlag vor sich hin. Sam schloss das Satellitentelefon an das Ladegerät an, steckte den Stecker in die einzige Steckdose im Badezimmer und dann den des Laptops in die einzige Steckdose im Schlafzimmer. Das schwimmende Hotel war eindeutig nicht für das elektronische Zeitalter entworfen worden.
Sie war es nicht gewohnt, in einem kellerartigen, kleiderschrankgroÃen Raum zu schlafen. Sie musste zumindest nach drauÃen sehen können, selbst wenn sie nachts nur einen kurzen Blick auf den Mond erhaschen konnte. Sam kletterte in die obere Koje, wo in einem kleinen Bullauge zwischen Wasserspritzern der Nachthimmel auftauchte.
Nachdem sie den Kopf gedreht hatte, starrte sie eine Minute lang die Tür an. Dan schien das Fehlen eines Schlosses nichts auszumachen. Anscheinend wurde er mit all den Rückschlägen spielend fertig. War es hier üblich, dass man schlechte Luft in die Druckluftflasche bekam und aus dem Hotel geworfen wurde? War sie naiv, weil sie sich eine angenehme Reise in ein Dritte-Welt-Land vorgestellt hatte? Jetzt, wo sie allein in der Dunkelheit lag, streckte die Paranoia wieder ihre Finger nach ihr aus.
Wir sind hier alle Freunde.
Stimmte das? Die Mannschaft machte einen recht netten Eindruck, einschlieÃlich Tony. Sie sollte den Mann wirklich nicht verurteilen, nur weil er dem abweisenden
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