Gefaehrliche Tiefen
nein, sie hatte auch noch ihre Zählungen festgehalten, Fotos geschossen und weiteres Beweismaterial über illegale Fischerei sichergestellt. Verdammt, sie war wirklich unerschrocken â sie war wirklich Zing â nur leider wieder auf sich allein gestellt.
Ihr Arbeitsauftrag beinhaltete für diesen Tag nicht nur die zwei üblichen Berichte, sondern auch zwei halbstündige Internet-Chats am Abend. In Anbetracht der Hass-Mails, die Zing in den letzten beiden Tagen bekommen hatte, fragte sie sich, wer sich wohl melden würde, um mit ihrem Alter Ego zu diskutieren. Bis sie darüber schreiben konnte, was mit Dan geschehen war, würde sie so tun müssen, als wäre dies eine ganz normale Expedition.
Als sie sich der
Papagayo
näherten, sah Sam ein Militärboot neben der Yacht liegen. Eduardo, der sich dadurch wohl an Dans Tod erinnert fühlte, verkrampfte sich bei diesem Anblick merklich. Tony und ein weiteres Besatzungsmitglied reichten einem uniformierten Seemann an Deck gerade Teile einer Tauchausrüstung. Die beiden Mitarbeiter der
fiscalia
, Schwartz und Aguirre, standen am Bug und sahen mit herablassender Miene zu, wie das
Panga
mit Eduardo und Sam gegen das Heck der
Papagayo
stieÃ. Niemand sprach. Tony verschwand im Maschinenraum. Das andere Besatzungsmitglied half Eduardo, das
Panga
festzumachen und verschwand dann mit Sams Ausrüstung und Druckluftflaschen ebenfalls im Maschinenraum. Als Eduardo und sie die Treppe zum Hauptdeck hinaufgingen, tauchte Tony im Taucheranzug wieder auf. Er band das Marineboot los, sprang hinein, und schon schoss es davon. Offensichtlich war die Suche nach Dans Leiche noch im Gang.
Sobald Sam wieder in ihrer Kabine war, schnappte sie sich ihr Satellitentelefon und sah die Liste der eingegangenen Anrufe durch. Als Letztes war ein Anruf von einer unbekannten Nummer verzeichnet â Chaseâ frustrierte Botschaft vom Vormittag. Davor befand sich der Anruf des Herausgebers in Seattle und noch weiter davor die verstörende Anzeige
Kazaki, Daniel
. Elizabeth hatte keine Nachricht hinterlassen. Hatte man sie informiert, dass Dan vermisst wurde und aller Wahrscheinlichkeit nach tot war?
Seit Chaseâ Anruf am Vormittag hatte niemand mehr versucht, sie zu erreichen.
Du kannst mich nicht anrufen.
Das war so typisch! Wieso hatte sie nie normale Beziehungen? Sie zog immer nur Männer an Land, die sie benutzten, um Karriere zu machen â okay, fairerweise musste man sagen, dass das nur einer gemacht hatte, der Fernsehreporter aus Seattle, Adam Steele, jetzt Moderator in San Diego â oder Männer, die nie da waren, wenn sie sie brauchte. Okay, auch in diese Kategorie fiel nur ein einziger Mann. AuÃerdem gehörte es zu Chaseâ Job, im Auftrag des FBI verdeckte Ermittlungen durchzuführen. Und sie selbst war schlieÃlich auch dauernd auf Achse, also hatte sie wirklich kein Recht, sich in Selbstmitleid zu suhlen. Es ärgerte sie, wenn ihre Selbstgespräche damit endeten, dass sie sich selbst die Schuld gab.
Sie konzentrierte sich auf ihre Berichte. Der, den sie als Wilderness Westin abliefern musste, war leicht zu schreiben: die wechselhafte Geschichte Floreanas, ergänzt mit Fotos von Flamingos und der Posttonne.
Zings Bericht stellte da schon eine gröÃere Herausforderung dar. Die Fotos vom Ola Rock waren fast so verschwommen wie das trübe Wasser. Sie musste ein paar Archivfotos hinzufügen, damit die Leser wussten, wie Galapagosalbatrosse und Seegurken aussahen. Das rosafarbene Band aus Eiern identifizierte sie als das einer Nacktschnecke oder eines Nacktkiemers. Da sie kurz vor dem Verhungern und sowieso schon spät dran für das Abendessen war, speicherte sie den Rohentwurf für Zings Bericht ab und eilte nach oben an den Tisch zu Brandon und Ken, die schon fast fertig gegessen hatten. Sobald sie den Essbereich betrat, verstummten sämtliche Gespräche.
»Ignorier sie einfach«, murmelte Ken. Brandon nickte zustimmend. Constantino war so nett, ihr einen Salat zu bringen und zum Hauptgericht ein besonders groÃes Glas Wein.
Während Constantino an den übrigen Tischen die Nachspeise servierte, betrat Kapitän Quiroga in seiner weiÃen Uniform den Essbereich. Er räusperte sich. »Die Herren Schwartz und Aguirre von der
fiscalia
sind gekommen, um alle Passagiere bezüglich Dr. Kazakis Verschwinden zu befragen.«
Die Touristen sahen sich an. Ein paar wirkten überrascht,
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