Gefaehrliche Tiefen
Geräuschen. Sie entstanden beim Auftreffen des Wassers auf unterschiedliche Oberflächen oder wurden von Wassertieren erzeugt, die miteinander kommunizierten. Diese Geräusche übertönten teilweise sogar das Dröhnen des laufenden
Panga
motors.
Auf der vor dem Wind gelegenen Seite des Eilands erschien der Fels geriffelter, und die Algen waren zum groÃen Teil davongeschwemmt worden. Sam stieà zwischen den Felsspalten auf ein paar weitere Krabben und Hummer und Fische. Eine riesige Kugel aus Hunderten von kleinen silbrigen Fischen, die so eng beieinander schwammen, dass man durch den Schwarm nicht hindurchsehen konnte, hing wie ein fester Körper im Wasser.
Wow!
Im Fernsehen hatte sie so etwas schon einmal gesehen, aber aus der Nähe war es noch viel faszinierender. Bewegten die Fische sich immer in dieser Kugelform, oder waren sie zusammengeschwärmt, um sich vor einem Jäger zu schützen, den Sam noch nicht entdeckt hatte? Eine beunruhigende Vorstellung.
Plötzlich fiel ihr auf, dass sie den Motor nicht mehr hören konnte, und sie verspürte einen Anflug von Panik. War Eduardo weggefahren? Nein, das würde er nicht tun, beruhigte sie sich. Vielleicht hatte er den Motor ausgemacht, um Benzin zu sparen. Sie sah auf ihren Computer. Es waren noch mehr als siebzig bar übrig â genügend Luft, also auch noch genügend Zeit. Wieder stellte sie sich vor, sie sei Zing, fuhr mit der Umrundung des Felsens fort und konnte ein paar Meter weiter auch den Motor wieder hören.
Die Fischkugel wich nicht aus, als Sam sich ihr näherte, sodass ihr keine andere Wahl blieb, als hindurchzuschwimmen. Die Tiere stoben auseinander, schlossen sich hinter ihr aber sofort wieder eng zusammen. Glücklicherweise tauchten weder Haie noch sonstige Monster hinter der silbernen Wolke auf.
Faszinierend.
Auf der anderen Seite angekommen, machte sie ein paar Fotos von der lebenden Kugel, die aus mindestens fünfhundert Fischen bestehen musste. Die Spezies würde sie später herausfinden.
Bei ihrer zweiten Umrundung in zwölf Metern Tiefe und mit einer Restluft von fünfzig bar stieà sie auf eine Angelleine, die sich an einem zerklüfteten Felsvorsprung verhakt hatte. Die Nylonschnur strömte waagerecht im Wasser davon und verschwand in der Finsternis. Der Gedanke war beunruhigend, dass sie sich vielleicht in ihr verfangen hätte, wenn sie etwas tiefer geschwommen wäre und sie deshalb nicht gesehen hätte.
Sam lieà Luft aus ihrer Tarierweste und kniete sich auf den Felsvorsprung. Vorsichtig packte sie die Leine, holte sie ein und wickelte sie sich um die linke Hand. Sie hatte fingerfreie Taucherhandschuhe, damit sie die Knöpfe ihrer Kamera drücken konnte, und war froh um den Schutz durch die dünne Neoprenschicht zwischen der Leine und ihren Händen. Der erste Haken, der an einer von der eigentlichen Leine abgehenden Schnur hing, war gefährlich scharf, aber glücklicherweise leer. Genau wie sie befürchtet hatte, zog sie gerade eine Langleine zu sich heran, eine in der Meeresschutzzone verbotene Fangvorrichtung. Wenn es nach Sam gegangen wäre, hätte man Langleinen überall verboten. Befestigt an Schwimmkörpern auf dem Wasser, reichten sie üblicherweise eine Meile weit oder sogar noch weiter und bestanden aus Hunderten von Haken. In ihrer Gegend oben am Nordpazifik wurden Langleinen vor allem von Heilbuttfischern eingesetzt. Allzu oft gelang es nicht, die gesamte Leine wieder einzuholen, sodass sich einzelne Teile selbstständig »auf Fischfang« begaben. Sie waren nicht ganz so zerstörerisch für das Ãkosystem wie die Fischerei mit Schleppnetzen am Meeresboden, aber Langleinen töteten ohne Unterschied jedes Wesen, das vom Köder angezogen wurde. Während sie die Leine weiter zu sich zog, spürte sie plötzlich etwas Schweres, das sich noch nicht einordnen lieÃ. Das Etwas stemmte sich nicht gegen sie, also lebte es vermutlich nicht mehr. Der schreckliche Anblick von Dans Leiche stand ihr plötzlich wieder vor Augen. Als eine kompakte Masse, die zwei gröÃere Glieder hinter sich herzog, aus dem trüben Wasser auf sie zuglitt, stockte Sam der Atem.
Allmählich wurde der Kadaver erkennbar.
Verdammt.
Anhand der einzigartigen wellenförmigen Muster auf den Flügeln konnte Sam ihn als Galapagosalbatros identifizieren â der erste, den sie je zu Gesicht bekommen hatte. Die beiden Flügel, jeder
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