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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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das Gefühl, daß es plötzlich kälter geworden war, was weder mit dem mageren Feuer noch mit dem anhaltenden Eisregen vor dem Fenster zu tun hatte.
    »Wenn wir das Versteck ausfindig machen könnten«, sagte Hester zögernd, »wüßten wir vielleicht auch, wer die Sachen dorthin getan hat?«
    Er stieß ein abgehacktes, gequältes Lachen aus.
    »Derselbe, von dem sie hinter die Schublade in Percivals Kommode gequetscht worden sind? Nein, ich glaube nicht, daß das Versteck Rückschlüsse auf seine Identität zuläßt.«
    Hester kam sich vor wie ein Schaf.
    »Sie haben recht«, stimmte sie leise zu. »Wonach können wir dann suchen?«
    Monk versank wieder für längere Zeit in Schweigen. Hester zerbrach sich angestrengt den Kopf nach einer Lösung.
    »Ich weiß es nicht«, brachte er schließlich mit sichtlicher Mühe heraus. »Blutspuren im Arbeitszimmer wären ein wertvoller Hinweis - Percival hätte sie nie dort getötet. Die ganze Geschichte basiert auf der Prämisse, daß er sich gewaltsam Zutritt zu ihrem Schlafzimmer verschafft hat und sie im Verlauf einer Auseinandersetzung erstochen wurde.«
    Hester sprang unvermittelt auf. Sie war plötzlich voller Energie, weil es endlich etwas zu tun gab.
    »Ich werde mich darum kümmern. Es dürfte kein großes Problem sein…«
    »Seien Sie vorsichtig«, sagte er so scharf, daß es fast wie ein Bellen klang. »Hester!«
    Hester war so aufgeregt, doch noch einen Ansatzpunkt gefunden zu haben, daß sie kaum auf ihn achtete.
    »Hester!« Er packte sie hart an der Schulter.
    Sie zuckte zusammen und hätte sich seinem Griff liebend gern entwunden - sofern sie die Kraft dazu gehabt hätte.
    »Hester, hören Sie mir zu!« beharrte Monk nachdrücklich.
    »Dieser Mann - oder diese Frau - hat weit mehr getan, als einen Selbstmord zu vertuschen. Der Betreffende hat einen vorsätzlichen, kaltblütigen Mord begangen.« Sein Gesicht war vor Elend ganz grau. »Haben Sie je einen Menschen hängen sehen? Ich schon. Und ich habe gesehen, wie verzweifelt Percival schon Wochen vorher gekämpft hat, als er spürte, wie sich das Netz um ihn zusammenzog. Außerdem war ich bei ihm in Newgate. Es ist eine schreckliche Art zu sterben.«
    Ihr war ein wenig schlecht, aber sie versuchte nicht mehr, seinem Griff zu entkommen.
    »Man wird kein Mitleid mit Ihnen haben«, fuhr er gnadenlos fort, »wenn Sie auch nur die geringste Bedrohung darstellen. Ich halte es für besser, daß Sie auf der Stelle schriftlich kündigen. Schreiben Sie ihnen, Sie hätten einen Unfall gehabt und könnten nicht zurückkommen. Die Moidores brauchen keine Schwester mehr; eine Zofe reicht vollkommen, Lady Moidores Wünsche zu erfüllen.«
    »Das werde ich auf keinen Fall!« Sie stand mit ihm fast Brust an Brust und funkelte ihn mit glühenden Augen an. »Ich werde in die Queen Anne Street zurückgehen, um nach Möglichkeit herauszufinden, was wirklich mit Octavia geschehen ist. Mit etwas Glück komme ich vielleicht sogar dahinter, wer für Percivals Hinrichtung verantwortlich ist.«
    »Hester.«
    »Was ist?«
    Monk holte tief Luft und ließ sie los. »Wenn das so ist, werde ich mich in der Nähe aufhalten. Ich erwarte, Sie wenigstens einmal in der Stunde an einem Fenster zu sehen, das zur Straße hinausgeht. Falls nicht, verständige ich Evan im Polizeirevier und lasse ihn das Haus stürmen.«
    »Das können Sie nicht tun!«
    »Und ob!«
    »Unter welchem Vorwand denn, um Himmels willen?«
    Er feixte mit bitterem Humor. »Unter dem Vorwand, Sie würden wegen Diebstahls gesucht. Ich kann Sie später jederzeit wieder freilassen - mit unbeflecktem Leumund, versteht sich - und behaupten, es hätte sich um eine Verwechslung gehandelt.«
    Hester war erleichterter, als sie sich anmerken ließ.
    »Ich bin Ihnen sehr verbunden!« Das sollte steif und formell klingen, doch ihre Gefühle sickerten durch. Einen kurzen Moment lang sahen sie sich in der stillschweigenden Übereinstimmung an, die gelegentlich zwischen ihnen aufflackerte, dann griff sie nach ihrem Mantel, ließ sich von ihm hineinhelfen und ging.
    Sie betrat das Haus in der Queen Anne Street so unauffällig wie möglich, wich jedem überflüssigen Gespräch aus und überzeugte sich, daß Septimus weiterhin auf dem Weg der Besserung war. Er war sichtlich erfreut, sie zu sehen, zudem recht neugierig, was sie den Tag über getrieben hatte. Es fiel ihr schwer, ihm nichts zu verraten, daher machte sie sich so bald wie möglich unter einem Vorwand aus dem Staub, um zu Beatrice zu

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