Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
unangenehmste aller Lösungsmöglichkeiten. Runcorn wäre entzückt, Sir Basil zufrieden, Monk könnte den Lakai festnehmen und einen Erfolg verbuchen. Die Presse würde ihn wegen der raschen und erfolgreichen Aufklärung des Falls mit Lob überschütten, was Runcorn zwar ärgern, aber auch enorm erleichtern würde, da die Gefahr eines gesellschaftlichen Debakels gebannt war und ein Mordfall unter Prominenten ohne großes Aufsehen abgeschlossen werden konnte.
    Dennoch hatte die Unterhaltung mit Myles eine deprimierte Stimmung in ihm erzeugt. Kellards Verachtung sowohl für Octavia als auch für Percival war nicht zu übersehen. Seine Mutmaßungen entsprangen einer gewissen Böswilligkeit. Nichts an seinem Verhalten deutete auf Wohlwollen oder Nachsicht hin.
    Monk schlug den Mantelkragen hoch, um sich besser gegen den eiskalten Regen zu schützen, den der Wind über den Bürgersteig trieb, als er in Richtung Cornhill in die Leadenhall Street einbog. Existierten Parallelen zwischen ihm und Myles Kellard? Er war in den Unterlagen, die er über sich entdeckt hatte, nur auf wenige Anzeichen für Mitgefühl gestoßen.
    Er winkte einen Hansom herbei, nannte dem Kutscher die Adresse der Moidores und lehnte sich dann zurück, um die Mutmaßungen über sein eigenes Leben gewaltsam aus seinen Gedanken zu verbannen und sich auf den Lakai Percival zu konzentrieren, dessen törichter Flirt angeblich außer Kontrolle geraten und in nackte Gewalt umgeschlagen sein sollte.
    Er betrat das Haus erneut durch den Hintereingang und fragte in der Küche nach Percival. Diesmal fand das Gespräch im Wohnzimmer der Haushälterin statt. Der Lakai, wohl wissend, daß sich das Netz enger um ihn zusammenzog, sah ausgesprochen blaß aus. Steif und angespannt stand er vor ihm. Die Muskeln unter seiner Uniform zuckten leicht, die Hände waren fest ineinander verschlungen, Stirn und Oberlippe mit einer dünnen Schweißschicht bedeckt. Mit starrem Blick schaute er Monk entgegen, jederzeit bereit, dessen Angriff abzuwehren.
    Im selben Moment, als Monk zu sprechen anheben wollte, wurde ihm klar, daß es keine Möglichkeit gab, sein Anliegen in weniger eindeutige Worte zu kleiden. Percival hatte ohnehin längst erraten, weshalb er gekommen war, und ergriff selbst die Initiative.
    »In diesem Haus geht so manches vor, von dem Sie keine Ahnung haben«, sagte er mit rauher, furchtbar nervöser Stimme.
    »Fragen Sie Mr. Kellard mal nach seiner Beziehung zu Mrs. Haslett.«
    »Wie war sie denn, Percival?« fragte Monk ruhig. »Nach allem, was ich gehört habe, kamen die beiden nicht besonders gut miteinander aus.«
    »Nein, nach außen hin nicht.« Ein leicht lüsternes Grinsen kräuselte Percivals schmale Lippen. »Sie war nie sehr von ihm angetan, aber er hat regelrecht nach ihr gelechzt…«
    »Tatsächlich?« meinte Monk mit hochgezogenen Brauen.
    »Dann müssen die beiden das aber bemerkenswert gut geheimgehalten haben. Glauben Sie etwa, Mr. Kellard hätte versucht, ihr seine Verehrung aufzuzwingen, und sie in einem Anflug von Jähzorn umgebracht, als sie sich sträubte? Es hat keinen Kampf gegeben.«
    Percival bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick.
    »Nein, das glaube ich nicht. Aber er war hinter ihr her wie der Teufel hinter der armen Seele. Selbst wenn er nie etwas in der Richtung unternommen hat, ist es Mrs. Kellard keineswegs verborgen geblieben - woraufhin sie vor Eifersucht gekocht hat, wie es nur ein verschmähtes Weib fertigbringt. Sie haßte ihre Schwester genug, um zu einem Mord imstande zu sein.« Percival registrierte, wie sich Monks Augen weiteten, wie sich seine Hände verkrampften. Er wußte, daß er den Polizisten aus der Fassung und zumindest vorübergehend durcheinandergebracht hatte.
    Ein winziges Lächeln spielte um seine Mundwinkel.
    »War das alles, Sir?«
    »Ja - ja, das war alles«, erwiderte Monk nach kurzem Zögern.
    »Fürs erste.«
    »Danke, Sir.« Damit wandte Percival sich um und marschierte aus dem Raum. Sein Schritt wirkte plötzlich leicht beschwingt, seine Schultern gestrafft.

5
    Auch die Zeit sorgte nicht dafür, daß Hester die Krankenhauszustände erträglicher fand. Das Ergebnis des Gerichtsverfahrens hatte ihr in Erinnerung gerufen, was es bedeutete, hart zu kämpfen und letztlich Erfolg zu haben. Wieder einmal hatte sie sich in einem dramatischen inneren Konflikt befunden und auf der Seite des Gewinners gestanden, obwohl ihr bewußt gewesen war, wieviel böses Blut und wieviel Kummer so etwas mit sich

Weitere Kostenlose Bücher