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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Familie abzuschaffen.« Er lachte in einem Anflug von derbem, verzerrtem Humor. »Ich darf wohl nicht annehmen, daß Sie Owen gelesen haben, Inspektor? Nicht? Sehr radikal, der Mann, ist der Ansicht, das Patriarchat wäre die Ursache für alle Formen von Gier, Unterdrückung und Mißbrauch - eine Ansicht, die Basil kaum teilen dürfte.«
    »Kaum«, bestätigte Monk. »Sind Mr. Cyprians Schulden allgemein bekannt?«
    »Ganz sicher nicht!«
    »Aber Ihnen hat er sich anvertraut?« Myles hob die Schultern.
    »Nein - nicht direkt. Ich bin Bankier, Inspektor. Mir kommen hin und wieder Informationen zu, die der Allgemeinheit nicht zugänglich sind.« Er wurde ein wenig rot. »Ich habe es Ihnen nur gesagt, weil Sie einen Mordfall in meiner Familie untersuchen. Das ist nichts, was öffentlich besprochen werden sollte. Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür.«
    Er hatte einen Vertrauensbruch begangen. Während Monk diese Erkenntnis durch den Kopf schoß, mußte er unwillkürlich an Fenellas Kommentar zu Myles Kellard und ihren durchtriebenen Blick dabei denken.
    »Für mich sieht das Ganze nach einem dummen Streit mit einem Dienstboten aus, der die Nerven verlor«, fuhr Myles hastig fort. Er sah Monk direkt in die Augen. »Octavia war Witwe, noch dazu jung, und nicht der Typ, der sich wie Fenella seine Anregungen aus der Skandalpresse holt. Höchstwahrscheinlich hat einer der Lakaien sie zu sehr verehrt, und sie hat ihn nicht nachdrücklich genug in seine Schranken verwiesen.«
    »Entspricht das tatsächlich Ihrer Vorstellung der Geschehnisse, Mr. Kellard?« Monk studierte forschend das Gesicht mit den blonden Brauen über den rehbraunen Augen, der langen, schnurgeraden Nase und dem Mund, der, je nach der Stimmung seines Besitzers, Schlaffheit oder Einfallsreichtum ausdrücken konnte.
    »Zumindest ist es wahrscheinlicher, als daß Cyprian, den Octavia gern hatte, sie tötete, damit sie ihrem Vater, den sie nicht ausstehen konnte, nichts von seinen Schulden erzählte. Das gleiche gilt für Fenella - was Basils Unkenntnis über ihren Umgang betrifft, der in der Tat recht zwielichtig ist.«
    »Soviel ich gehört habe, vermißte Mrs. Haslett ihren Ehemann immer noch sehr.« Monk hoffte, daß Myles die weniger taktvolle Bedeutung dieser zarten Umschreibung verstand.
    Der begann lauthals zu lachen. »Du meine Güte! Was sind Sie für ein prüder Zeitgenosse!« Er lehnte sich amüsiert zurück.
    »Sie trauert um Haslett - aber sie war trotz allem eine Frau. Natürlich stellte sie tiefste Erschütterung zur Schau, das wird auch erwartet, nichtsdestotrotz ist sie eine Frau wie jede andere. Ich wette, zumindest unser guter Percival hegt dahingehend nicht den geringsten Zweifel. Er hat die Mißfallensbeteuerungen, das knappe Lächeln mit gesenkten Lidern und die schamhaften Blicke als genau das verstanden, was sie in Wirklichkeit zu bedeuten hatten.«
    Monk spürte, wie sich die Muskeln in seinem Nacken vor Wut verhärteten und wie seine Kopfhaut zu prickeln begann, gab sich jedoch alle Mühe, seiner Stimme einen ausdruckslosen Klang zu verleihen.
    »Was, falls Ihre Annahme stimmt, eine ganze Menge gewesen sein muß. Sie meinte jedes Wort ernst.«
    »Oh…« Myles seufzte und zuckte mit den Schultern. »Nun ja, sie hat wohl ihre Meinung geändert, als ihr klar wurde, daß sie einen Lakai vor sich hatte - aber zu diesem Zeitpunkt war er anscheinend schon völlig außer sich.«
    »Haben Sie Gründe für diese Vermutung, Mr. Kellard? Abgesehen davon, daß es Ihnen am wahrscheinlichsten erscheint?«
    »Meine Beobachtungen«, gab Myles zurück, während ein ärgerlicher Ausdruck über seine Züge glitt. »Percival ist ein Frauenheld - hatte bereits mit mehreren unserer Mädchen heftige Flirts.« Düstere Befriedigung machte sich in seinem Gesicht breit. »Man kann Menschen nicht tagein, tagaus unter einem Dach zusammenpferchen, ohne daß hin und wieder etwas geschieht. Percival ist ein ehrgeiziger, kleiner Schurke. Gehen Sie selbst hin und überzeugen Sie sich, Inspektor. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen außer dem guten Rat, Ihren gesunden Menschenverstand und Ihre Kenntnisse über Frauen zu benutzen, kann ich Ihnen nicht mehr mit auf den Weg geben. Einen angenehmen Tag noch.«
    Monk machte sich übel gelaunt auf den Rückweg in die Queen Anne Street. Eigentlich hätte ihn das Gespräch mit Myles Kellard aufbauen sollen. Er hatte ihm ein plausibles Mordmotiv für einen der Dienstboten geliefert, und es war bestimmt nicht die

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