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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Wenn Sie sich sittsam verhalten, keinerlei Aufmerksamkeit provozieren, sich nicht in fremde Angelegenheiten einmischen und nicht herumspionieren…«
    In dem Moment ging die Tür auf. Myles Kellard kam herein. Hester dachte augenblicklich, was für ein gutaussehender Mann er war, ein Mann mit individueller Ausstrahlung, der ebensogut lachen und singen wie abenteuerliche, spannende Geschichten erzählen konnte. Obgleich sein Mund einen Hauch von Zügellosigkeit verriet, war er vielleicht der eines Träumers.
    »… werden Sie keine Schwierigkeiten bekommen«, schloß Araminta, ohne sich nach ihm umzudrehen oder zu erkennen zu geben, daß sie ihn bemerkt hatte.
    »Warnst du Miss Latterly vor unserem aufdringlichen und ziemlich arroganten Herrn von der Polizei?« fragte Myles neugierig. Er wandte sich um und warf Hester ein charmantes, unbeschwertes Lächeln zu. »Ignorieren Sie ihn einfach, Miss Latterly. Und sollte er zu lästig werden, verweisen Sie ihn an mich - ich werde Sie mit Freuden von ihm befreien. Wen immer er verdächtigen mag…« Seine Augen überflogen sie mit mildem Interesse. Hester spürte einen jähen, schmerzhaften Stich, weil sie von der Natur nur mittelmäßig ausgestattet worden und obendrein schlicht gekleidet war. Es wäre sehr angenehm gewesen, einen Funken echter Neugier in den Augen eines solchen Mannes aufblitzen zu sehen.
    »Miss Latterly kann unmöglich dazugehören«, schloß Araminta an seiner Stelle. »Hauptsächlich, weil sie zur fraglichen Zeit nicht hier war.«
    »Genau«, bestätigte er, während er einen Arm nach seiner Frau ausstreckte. Mit einer grazilen, kaum merklichen Bewegung wich sie vor der Berührung zurück.
    Myles erstarrte, änderte die Richtung seiner Hand und rückte statt dessen ein Bild zurecht, das auf dem Schreibtisch stand.
    »Ansonsten würde er es vermutlich tun«, fuhr Araminta kühl fort. Ihr Rücken versteifte sich. »Er scheint jedermann zu verdächtigen, sogar die Familienmitglieder.«
    »Unsinn!« Myles gab sich alle Mühe, ungehalten zu klingen, doch auf Hester machte er einen nervösen Eindruck. Ein rötlicher Schimmer lag plötzlich auf seiner Haut, und seine Augen glitten ruhelos von einem Gegenstand zum andern, während er ihren Blicken gekonnt aus dem Weg ging. »Das ist absurd! Keiner von uns hätte den geringsten Grund für eine so furchtbare Tat gehabt, und wenn, wäre es trotzdem nicht geschehen! Wirklich, Minta, du machst Miss Latterly nur angst.«
    »Ich habe nicht behauptet, daß es einer von uns war, Myles, ich sagte lediglich, was Inspektor Monk glaubt - wahrscheinlich hat Percival ihm gegenüber irgendeine Bemerkung über dich fallenlassen.« Sie beobachtete, wie das Rot in seinen Wangen einer fahlen Blässe wich, wandte sich dann ab und fuhr bedächtig fort: »Ein sehr unzuverlässiger Bursche. Wenn ich ganz sicher wäre, würde ich ihn auf der Stelle entlassen.« Die Worte fielen klar und deutlich in den Raum. Ihr Tonfall ließ zwar durchblicken, daß sie lediglich laut nachgedacht hatte, die Bemerkung eigentlich nicht für fremde Ohren bestimmt war und keinerlei Eindruck hinterlassen sollte, aber der Körper in dem wunderschönen Kleid war so reglos und steif wie eine Feder in windstiller Luft, die Stimme unangenehm durchdringend. »Ich denke, der versteckte Verdacht, den Percival geäußert hat, ist auch daran schuld, daß Mama sich hinlegen mußte. Es wäre vielleicht besser für sie, wenn du ihr aus dem Weg gehst, Myles. Sie könnte Angst vor dir haben…« Sie drehte sich abrupt um und schenkte ihm ein strahlendkaltes Lächeln. »Was natürlich vollkommen absurd ist, ich weiß. Aber Angst ist gelegentlich irrational. Manchmal denken wir die haarsträubendsten Dinge über andere, und niemand kann uns davon überzeugen, daß sie jeder Grundlage entbehren.«
    Araminta legte den Kopf ein wenig auf die Seite. »Welche Veranlassung hättest du zu einem so schlimmen Streit mit Octavia haben sollen?« Sie zögerte kurz. »Dennoch ist sie überzeugt, daß es so war. Ich hoffe bloß, sie erzählt Mr. Monk nichts davon, denn das könnte für uns alle sehr unangenehm werden.« Sie wandte sich wieder an Hester. »Sorgen Sie dafür, daß Mama einen stärkeren Bezug zur Wirklichkeit bekommt, Miss Latterly. Wir wären Ihnen ewig dankbar. Aber jetzt muß ich gehen und nach der armen Romola sehen. Sie hat Migräne, und Cyprian kann ihr wie üblich nicht helfen.« Sie raffte die Röcke und schwebte anmutig und steif aus dem Raum.
    Hester war zu ihrer

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