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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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seinen Zügen spiegelte sich ähnlicher Abscheu wider, der jedoch von einer Wut durchsetzt war, die nicht der augenblicklichen Situation entsprang, sondern tief aus seinem Innern zu kommen schien.
    »Solche vulgären Gefühlsausbrüche sind vollkommen fehl am Platze, Beatrice, und versuche jetzt nicht, es mit unserer Familientragödie zu rechtfertigen. Ich werde Fenella zurechtweisen, wenn ich den Zeitpunkt für gekommen halte. Du willst hoffentlich nicht andeuten, sie hätte Octavia in einem Anfall von Eifersucht erstochen - wegen eines Lakaien?«
    Die Bemerkung war eindeutig sarkastisch gemeint, aber Beatrice nahm sie wörtlich.
    »Nein, ich wollte es nicht andeuten. Aber wo du schon davon sprichst - im Grunde erscheint es mir durchaus denkbar. Percival ist ein gutaussehender junger Mann, und mir ist schon öfter aufgefallen, daß Fenella ihn mit offenkundigem Wohlgefallen betrachtet.« In ihrem Gesicht zuckte es; sie erschauerte leicht. »Ich weiß, die bloße Vorstellung ist abstoßend…« Sie starrte an ihm vorbei auf die Frisierkommode mit den ordentlich in Reih und Glied stehenden Glasbehältern und Fläschchen mit silbernen Deckeln. »Aber Fenella hat etwas Verdorbenes an sich…«
    Basil stand auf, kehrte ihr den Rücken zu und sah aus dem Fenster. Hester, die mit einem Neglige über dem Arm und einer Kleiderbürste in der Hand im Durchgang zum Ankleideraum stand, schien er nicht zu bemerken.
    »Du bist viel schwieriger als die meisten Frauen, Beatrice«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme. »Manchmal glaube ich, du kennst keinen Unterschied zwischen Zurückhaltung und Enthaltsamkeit.«
    »Aber ich kenne den Unterschied zwischen einem Lakai und einem Gentleman…«, entgegnete sie leise, brach unvermittelt ab und runzelte die Stirn, während sich ein schiefes kleines Lächeln in ihre Mundwinkel schlich. »Nein, das ist gelogen - ich habe nicht die leiseste Ahnung. Ich habe nicht die geringste Erfahrung mit Lakaien.«
    Er wirbelte herum, ohne den feinen Humor ihrer Bemerkung zu verstehen. Er empfand nur Wut und hatte das Gefühl, beleidigt worden zu sein.
    »Diese Tragödie hat deinen Verstand aus den Angeln gehoben«, erwiderte er kalt. »Du weißt nicht mehr, was sich gehört und was nicht. Es ist wohl besser, wenn du so lange auf deinem Zimmer bleibst, bis du dich wieder unter Kontrolle hast. Man wird sich nicht darüber wundern, du bist nicht sehr robust. Miss - wie heißt sie doch gleich? - soll sich um dich kümmern. Araminta kann den Haushalt führen, bis es dir besser geht. Gäste empfangen wir momentan sowieso nicht. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen _ wir werden bestens zurechtkommen.« Ohne etwas hinzuzufügen, ging er hinaus. Die Tür fiel mit einem kaum hörbaren, dumpfen Geräusch hinter ihm ins Schloß.
    Beatrice schob das halbleere Tablett von sich, beugte sich vor und vergrub das Gesicht in den Kissen. An der Art, wie ihre Schultern bebten, erkannte Hester, daß sie weinte.
    Sie nahm das Tablett, deponierte es auf einem Tischchen, tauchte einen Lappen in den Krug mit heißem Wasser, wrang ihn aus und kehrte damit zum Bett zurück. Sehr sanft nahm sie Beatrice Moidore in den Arm, hielt sie, bis das Beben aufhörte, strich ihr dann das feuchte Haar aus der Stirn und wischte Augen und Wangen mit dem warmen Tuch ab.
    Am frühen Nachmittag, als Hester mit frischgewaschenen Schürzen aus dem Waschraum kam, wurde sie halb zufällig Zeugin einer Unterhaltung zwischen Percival und Rose. Rose faltete einen Stapel bestickter Leinenkopfkissenbezüge zusammen und hatte Lizzie, ihrer älteren Schwester, soeben die mit Spitze abgesetzten Schürzen des Stubenmädchens in die Hand gedrückt. Sie stand kerzengerade mit steifem Rücken da, die Schultern zurückgeworfen, das Kinn nach oben gereckt. Rose war eine winzige junge Frau mit schmaler Taille, Hester hätte sie fast mit beiden Händen umspannen können, und einem überraschend festen Griff. Kornblumenblaue Augen strahlten einem aus ihrem hübschen Gesicht entgegen, dem auch die recht lange Nase und der etwas zu üppige Mund keinen Abbruch tun konnten.
    »Was hast du hier zu suchen?« fragte sie schnippisch, aber ihre Stimme strafte ihre Worte Lügen. Der Satz war zwar wie ein Vorwurf formuliert, klang jedoch mehr nach einer Einladung.
    »Mr. Kellards Hemden«, antwortete Percival unverbindlich.
    »Ich wußte gar nicht, daß das deine Aufgabe ist. Mr. Rhodes wird dir gehörig den Kopf waschen, wenn er das rauskriegt!«
    »Rhodes hat mich gebeten,

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