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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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der Haushälterin gegenüber mit keinem Wort erwähnen.«
    Sein Gesicht verzog sich zu einer halb spöttischen, halb ernsthaft erschrockenen Grimasse.
    »Oh, ich denke nicht im Traum daran, Miss Latterly, glauben Sie mir. Ich war zu lange Soldat, um eine aussichtslose Schlacht vom Zaun zu brechen.«
    »Und ich habe lange genug hinter zu vielen aufgeräumt«, pflichtete sie ihm bei.
    Sein Gesicht war plötzlich vollkommen nüchtern; die blauen Augen wurden klar, die Sorgenfalten verschwanden. Sie verstanden sich ohne Worte. Jeder von ihnen kannte das gnadenlose Gemetzel an der Front. Es war ein vollkommen fremdes Leben verglichen mit der zivilisierten Alltagsroutine und eisernen Disziplin in Bagatellsachen, die in diesem Haus herrschte.
    »Sie können den beiden ja mal was über Krankenpflege erzählen«, meinte Septimus schließlich, zog unbefangen die Flasche heraus und brachte sie in eine bequemere Position. Dann machte er sich mit beflügelten, fast ein wenig stolzen Schritten davon.
    Hester hatte das Tablett auf einem Tischchen in Beatrices Zimmer abgestellt und wollte gerade wieder gehen, als Araminta hereinkam.
    »Hallo, Mama«, rief sie fröhlich. »Wie fühlst du dich?« Wie schon ihr Vater schien sie Hester nicht zu sehen. Nachdem sie ihre Mutter auf beide Wangen geküßt hatte, ließ sie sich auf dem Ankleidestuhl neben dem Bett nieder. Sie versank fast in der Flut ihres tiefgrauen Musselinrocks, zu dem sie ein hübsches, lilafarbenes Schultertuch trug, das sich gerade noch mit ihrer Trauer vertrug. Ihr Haar leuchtete wie üblich, die leichte, reizvolle Unregelmäßigkeit ihrer Züge machte ihr Gesicht erst recht interessant.
    »Nicht anders als vorhin«, gab Beatrice ohne echte Anteilnahme zurück. Sie drehte sich ein wenig auf die Seite, um ihre Tochter besser anschauen zu können. Zwischen den beiden schien keine große Zuneigung zu bestehen, und Hester wußte auch diesmal nicht, ob sie bleiben oder gehen sollte. Sie hatte das eigenartige Gefühl, nicht zu stören, weil die Spannung zwischen den zwei Frauen, die Verlegenheit um Worte, sie ohnehin ausschloß. Sie war eine Dienstbotin, jemand, dessen Meinung von keinerlei Bedeutung war, der nicht einmal wirklich existierte.
    »Nun, das war wohl zu erwarten, nehme ich an.« Araminta lächelte, aber ihre Augen blieben kalt. »Die Polizei scheint nicht die geringsten Fortschritte zu machen. Ich habe diesen Sergeant gefragt - Evan heißt er, glaube ich -, aber entweder weiß er nichts, oder er will mir nichts verraten.« Sie betrachtete abwesend die Schnitzerei auf der Stuhllehne. »Wirst du mit ihnen sprechen, wenn sie dir Fragen stellen wollen?«
    Beatrice blickte zu dem Kronleuchter hoch, der exakt über dem Mittelpunkt des Raumes schwebte. Die letzten Strahlen der bereits untergehenden Sonne wurden hier und da von einem der Kristalle aufgefangen.
    »Ich kann mich kaum weigern. Es würde so aussehen, als ob ich nicht bereit wäre, ihnen zu helfen.«
    »Ja, ich glaube auch, daß sie das denken würden«, bestätigte Araminta, während sie ihre Mutter scharf beobachtete. »Und man kann es ihnen schwerlich verdenken. Der Täter lebt unter diesem Dach, und da es sich allem Anschein nach um einen Dienstboten handelt - ich halte übrigens Percival für…«
    »Percival?« Beatrice erstarrte und drehte sich vollends zu ihrer Tochter um. »Warum gerade er?«
    Statt ihrer Mutter in die Augen zu sehen, schaute Araminta knapp links an ihr vorbei. »Wir sollten uns nicht länger verstellen, Mama. Dazu ist es jetzt zu spät.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst«, gab Beatrice kläglich zurück und zog die Knie an.
    »Natürlich hast du das.« Araminta verlor allmählich die Geduld. »Percival ist ein arroganter, frecher Kerl mit den normalen Begierden eines Mannes und erheblichen Illusionen. Du magst es vielleicht nicht bemerkt haben, aber Octavia haben seine Schmeicheleien nicht kalt gelassen. Sie war nicht darüber erhaben, ihn gelegentlich zu ermutigen…«
    Beatrice zuckte angewidert zusammen. »Ich muß doch sehr bitten, Minta!«
    »Ich weiß, es klingt grauenhaft«, fuhr Araminta etwas sanfter, doch mit zunehmend sicherer Stimme fort. »Aber sie wurde von einem Bewohner dieses Hauses umgebracht. Es ist hart, dieser Tatsache ins Gesicht zu sehen, aber wir ändern nichts daran, indem wir es nicht wahrhaben wollen.«
    Beatrice zog die Schultern ein, beugte sich vor und legte die Arme um die Knie. Ihr Blick war starr geradeaus gerichtet.
    »Mama?« fragte

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