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Gefährliche Trauer

Gefährliche Trauer

Titel: Gefährliche Trauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Araminta vorsichtig. »Weißt du etwas, Mama?«
    Statt einer Antwort umklammerte Beatrice ihre Beine noch fester. Hester hatte schon oft gesehen, wie Leute auf diese Weise versuchten, ihres heimlichen Kummers Herr zu werden.
    Araminta lehnte sich näher zu ihr. »Versuchst du mich zu schonen, Mama - wegen Myles?«
    Mit einer lautlosen, steifen Bewegung hob Beatrice den Blick. Hester sah ihren leuchtenden Hinterkopf, der dem ihrer Tochter so sehr glich.
    Araminta war kreidebleich, ihre Miene entschlossen, ihr Blick glitzernd und hart.
    »Ich weiß, daß er Octavia attraktiv fand und daß er nicht…«, sie holte Luft und stieß sie langsam wieder aus, »… nicht davor zurückgeschreckt wäre, sich in ihr Zimmer zu schleichen. Ich möchte gern glauben, sie hätte ihn weggeschickt, weil sie meine Schwester war, aber ich bin nicht sicher. Vielleicht hat er es noch mal versucht, woraufhin sie ihm eine endgültige Abfuhr erteilte. Er findet sich mit einer Zurückweisung nicht so leicht ab - wie ich schon am eigenen Leib zu spüren bekommen habe.«
    Beatrice starrte ihre Tochter einen Augenblick entgeistert an, streckte dann zum Zeichen ihres Mitgefühls eine Hand nach ihr aus Da Araminta nicht näher rückte, ließ sie sie wieder fallen. Sie sagte keinen Ton. Vielleicht gab es keine Worte für das, was sie wußte oder befürchtete.
    »Versteckst du dich deshalb in deinem Zimmer, Mama?« Araminta ließ nicht locker. »Hast du Angst, jemand könnte dich fragen, ob es sich so abgespielt hat?«
    Beatrice ließ sich zurücksinken und strich die Laken glatt, ehe sie antwortete. Araminta machte keinerlei Anstalten, ihr zu helfen. »Es wäre absolute Zeitverschwendung, mich danach zu fragen. Ich habe nicht die geringste Ahnung und ganz gewiß nicht die Absicht, eine dahingehende Vermutung zu äußern.« Sie sah ihre Tochter beinah flehend an. »Bitte, Minta, du zweifelst doch wohl nicht daran?«
    Araminta lehnte sich endlich doch vor, um eine schmale, kräftige Hand auf die ihrer Mutter zu legen. »Wenn Myles es tatsächlich war, Mama, dürfen wir die Wahrheit nicht zurückhalten. Gebe Gott, daß es nicht stimmt und die Polizei einem anderen die Tat nachweisen kann - bald!« In ihrem besorgten, angespannten Gesicht rangen Hoffnung und Furcht um die Vormacht.
    Beatrice suchte nach tröstenden Worten, die das Entsetzen, das an die Türen ihres Geistes pochte, vertreiben konnten, doch angesichts Aramintas Mut und ihrem unerbittlichen Verlangen nach der Wahrheit war dieser Versuch zum Scheitern verdammt und endete in kläglichem Schweigen.
    Araminta stand auf, beugte sich über sie, streifte leicht mit den Lippen ihre Stirn und verließ den Raum.
    Beatrice saß eine Weile reglos da, ehe sie sich tiefer ins Bett rutschen ließ.
    »Sie können das Tablett wegnehmen, Hester. Ich glaube, ich möchte doch keinen Tee.«
    Also hatte sie die Anwesenheit ihrer Krankenschwester nicht vergessen! Hester wußte nicht recht, ob sie dankbar sein sollte, weil ihr Status ihr solch ausgezeichnete Gelegenheiten für Beobachtungen verschaffte, oder beleidigt, weil sie so unwichtig war, daß es niemanden kümmerte, was sie sah oder hörte. Zum erstenmal in ihrem Leben hatte man sie vollkommen übersehen, und das tat weh.
    »Wie Sie wünschen, Lady Moidore«, sagte sie kühl, nahm das Tablett und ließ Beatrice mit ihren Gedanken allein.
    Am darauffolgenden Abend hatte Hester etwas Zeit für sich, die sie in der Bibliothek verbrachte. Das vorangegangene Abendessen in der Gesindestube hatte sich als die beste Mahlzeit entpuppt, die sie je zu sich genommen hatte. Selbst als die Lebensumstände ihres Vaters noch vom Glück begünstigt gewesen waren, hatte es keine derart reichhaltigen, abwechslungsreichen Mahlzeiten gegeben. Er hatte nie mehr als sechs Gänge auftischen lassen, wovon der Hauptgang meistens aus Hammel oder Rindfleisch bestand. An diesem Abend hatten im Rahmen von acht Gängen drei verschiedene Sorten Fleisch zur Auswahl gestanden.
    Sie entdeckte ein Buch über die Peninsularfeldzüge des Duke of Wellington und war völlig darin vertieft, als Cyprian Moidore ins Zimmer kam. Er schien überrascht, aber nicht unangenehm berührt, sie zu sehen.
    »Verzeihen Sie, daß ich störe, Miss Latterly.« Er warf einen Blick auf ihre Lektüre. »Sie haben sich bestimmt etwas Freizeit verdient, aber ich wollte Sie bitten, mir in aller Offenheit zu sagen, wie Sie den Gesundheitszustand meiner Mutter beurteilen.« Hester klappte das Buch zu, woraufhin er den

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