Gefaehrliche Verstrickung
dreckigen Pfoten sich an meinem unschuldigen Kind vergriffen haben.« Ihre Zähne schlugen sich in seine Schulter, bis sie sein Blut auf der Zunge schmeckte.
Laut fluchend holte er mit der Faust aus und versetzte ihr einen Schlag gegen die Schläfe, der sie umwarf. »Du abgetakelte Schlampe.« Nun schössen auch ihm die Tränen in die Augen, Tränen des Selbstmitleids. Er schluchzte, völlig fassungslos, dass eine Frau ihn so verletzt hatte. Sein Gesicht blutete, und seine Brust und seine Arme fühlten sich wächsern an. Ein reißender Schmerz schloss durch sein Bein, als er versuchte, sich wieder aufzurappeln. »Eifersüchtig, wie, weil ich die Kleine mal antesten wollte?« Schniefend wischte er sich mit der Hand über die Nase und kramte dann nach einem Taschentuch, um das Blut zu stillen. »Du hast mir die Nase gebrochen, du verdammte Zicke.«
Taumelnd richtete sich Phoebe auf. Dabei fiel ihr Blick auf die Bourbonflasche, die offen auf der Anrichte stand. Sie griff danach, schmetterte sie zu Boden und hielt dann den abgebrochenen Flaschenhals in der Hand. Ihr schönes Gesicht war vor Wut verzerrt, auf ihrer Lippe war Blut, sein Blut. »Raus hier! Hau ab, bevor ich dich kurz und klein schlage.«
»Ich gehe.« Er hinkte zur Tür, das tropfende Taschentuch vor sein Gesicht gepreßt. »Wir sind fertig miteinander, Baby. Und wenn du glaubst, dass dich ein anderer Agent aufnimmt, dann wirst du dein blaues Wunder erleben. Du bist erledigt, mein Schatz. Ein Witz. Die halbe Stadt lacht sich über dich kaputt.« Als Phoebe auf ihn zustürmte, riß er die Tür auf. »Ruf mich bloß nicht an, wenn dir die Pillen oder das Geld ausgehen.«
Als die Tür ins Schloss fiel, schmetterte sie die Flasche dagegen. Sie wollte schreien, mitten im Zimmer stehenbleiben und nur schreien. Aber da war Adrianne. Phoebe beugte sich über sie und drückte sie ganz fest an sich.
»Ist gut, Baby, hab keine Angst mehr. Ich bin doch bei dir.« Zitternd schmiegte sich Adrianne an sie. »Ich bin ganz nah bei dir, Addy, ganz nah. Er ist weg und wird nie wiederkommen. Niemand wird dir mehr weh tun.«
Ihr T-Shirt war völlig zerfetzt. Phoebe schlang ganz zärtlich ihre Arme um Adrianne und wiegte sie sanft hin und her. Sie sah kein Blut. Er hatte sie nicht vergewaltigt. Gott weiß, was er mit ihr gemacht hatte, bevor sie kam, aber jedenfalls hatte er ihrem kleinen Mädchen keine Gewalt angetan.
Als Adrianne anfing zu weinen, schloss Phoebe die Augen und hörte nicht auf, sie zu wiegen. Die Tränen würden ihr guttun. Niemand wusste das besser als sie selbst. »Es wird alles gut werden, Addy. Das versprech' ich dir.«
9. Kapitel
Sie war achtzehn Jahre alt. Geduldig wartete Adrianne in dem ruhigen, in Pastelltönen gehaltenen Büro von Dr. Horace Schroeder, einem der führenden Spezialisten auf dem Gebiet der Psychopathologie in Amerika. Es war ihr Geburtstag, doch sie verspürte nicht die geringsten Anzeichen von Freude oder Aufregung.
Vor dem Fenster erstreckte sich ein langes, schmales Rasenstück, durchzogen von gepflasterten Wegen, auf denen Patienten spazierengingen oder von weißgekleideten Pflegern und Schwestern in Rollstühlen geschoben wurden. Die Zierkirschen vor einer kunstvoll beschnittenen Azaleenhecke standen in voller Blüte. Adrianne beobachtete die Honigbienen, die über die Blüten krochen und dann mit Nektar beladen weiterflogen. Die Sonne spiegelte sich im Wasser eines marmornen Vogelbads, doch die Rotkehlchen und Meisen, die in der nahegelegenen Eiche nisteten, hatten heute keine Lust zu baden.
Sie konnte über den Garten und die anschließende Baumreihe hinweg bis zu den Schatten der Catskills weit Richtung Norden blicken. Diese Hügelkette verlieh der Aussicht eine Art von Weitläufigkeit und Freiheit. Adrianne fragte sich, ob die vergitterten Fenster wohl den Ausblick beeinträchtigten.
»Oh, Mama.« Für einen Moment lehnte sie ihre Stirn an die kühle Glasscheibe, schloss die Augen und ließ die Schultern nach vorne fallen. »Wie konnte es nur soweit kommen?«
Als sie die Tür hörte, richtete sie sich rasch auf. Dr. Schroe- der, der hereintrat, sah sich einer gefaßten, jungen Frau in einem hellblauen Kostüm gegenüber, die eine Spur zu dünn war. Sie hatte ihr Haar hochgesteckt, um größer und auch ein wenig älter zu wirken.
»Prinzessin Adrianne.« Er kam auf sie zu und ergriff die angebotene Hand. »Bitte verzeihen Sie mir, dass ich Sie warten ließ.«
»Es war nicht lange.« Für Adrianne waren fünf
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