Gefaehrliche Verstrickung
verlassen.«
»Nun, darüber müssen wir uns keine Gedanken mehr machen. Ab jetzt braucht Celeste mir nur noch eine Freundin zu sein. Oh, Mama.« Adrianne umarmte ihre Mutter und schwenkte sie vergnügt herum. »Es ist so schön, dass du wieder zu Hause bist.«
»Baby.« Phoebe nahm Adriannes Gesicht zwischen ihre Hände und beugte sich zurück. »Nein, du bist kein Baby mehr. Du bist heute achtzehn geworden. Ich hab's nicht vergessen. Leider konnte ich dir noch kein Geschenk besorgen, aber...«
»Doch, das hast du schon, und ich liebe es. Möchtest du es sehen?«
Angesteckt durch Adriannes fröhliches Lachen, sagte Phoebe leichthin: »Oh, mein Schatz, ich hoffe, ich habe dabei Geschmack bewiesen.«
»Den besten.« Sie zog Phoebe ins Wohnzimmer. Über dem kleinen offenen Kamin hing ein Porträt.
Phoebe war zweiundzwanzig Jahre alt gewesen, als das Foto, nach dessen Vorlage das Bild gemalt worden war, aufgenommen wurde. Es zeigte Phoebe auf dem Gipfel ihrer Schönheit, ein Gesicht, das die Männer erbeben ließ, und Augen, denen sie blind folgten. Auf ihrem Dekollete schimmerte Sonne und Mond, wie Feuer und Eis.
»Oh, Addy.«
»Lieberitz hat es gemalt. Es ist der beste, ein wenig exzentrisch vielleicht, aber ein absoluter Meister. Er wollte es gar nicht mehr hergeben, als es fertig war.«
»Danke schön.«
»Es ist mein Geschenk«, erinnerte Adrianne sie scherzhaft. »Aber was ich mir am meisten wünsche, das ist dieser Schmuck.«
»Das Kollier.« Phoebes Hand glitt über ihren Hals und ihr Dekollete. »Ich weiß noch genau, wie sich die Steine auf meiner Haut angefühlt haben, spüre noch immer ihr Gewicht. Diese Steine hatten etwas Magisches an sich.«
»Sie gehören immer noch dir.« Adrianne sah zu dem Porträt hoch und erinnerte sich. An alles. »Eines Tages wirst du sie zurückbekommen.«
»Eines Tages.« Lächelnd genoss sie den Augenblick. »Diesmal mache ich es besser. Das versprech' ich dir. Kein Alkohol, keine Pillen, kein Herumreiten auf alten Fehlern.«
»Genau das wollte ich hören.« Das Telefon klingelte, und Adrianne hob ab. »Hallo. Ja. Bitte schicken Sie sie herauf.« Damit legte sie den Hörer auf die Gabel und meinte weiterhin lächelnd: »Das ist die Schwester. Ich habe dir ja erzählt, dass Dr. Schroeder empfohlen hat, eine Schwester zu engagieren, zumindest vorübergehend.«
»Ja.« Phoebe wandte dem Porträt den Rücken zu und setzte sich hin.
»Mama, bitte, sieh das nicht so.«
»Wie soll ich was nicht sehen?« Phoebe zog die Schultern hoch. »Aber ich will nicht, dass sie diese verdammte weiße Uniform trägt.«
»In Ordnung. Dafür sorge ich schon.«
»Und sie darf mich nicht anstarren, wenn ich schlafe.«
»Niemand wird dich anstarren, Mama.«
»Sonst kann ich ja gleich wieder ins Sanatorium gehen.«
»Nein.« Adrianne wollte ihre Hand nehmen, doch Phoebe zog sie weg. »Dies ist ein Schritt nach vorne, nicht zurück. Sie ist eine ganz reizende Person, und ich bin sicher, dass du sie mögen wirst. Bitte... bitte, zieh dich nicht zurück«, beendete sie ihren Satz hilflos.
»Ich werde es versuchen.«
Und das tat sie. Während der nächsten zweieinhalb Jahre kämpfte Phoebe verzweifelt gegen eine Krankheit an, die sie immer wieder einholte. Sie wollte gesund und stark sein, doch es war einfacher, so viel einfacher, die Augen zu schließen und sich treiben zu lassen, zurück in glückliche Zeiten. Oder besser, in die Illusion glücklicher Zeiten.
Wenn sie in ihre Fantasiewelt abtauchte, sah sie sich von einem Engagement zum nächsten eilen, Filme drehen, Drehbücher besprechen. Tagelang konnte sie sich für die Schein- Wirklichkeit begeistern, die sie sich in ihrer eigenen Gedankenwelt kreierte. Sie liebte es, sich Adrianne als glückliche junge Tochter aus besten Verhältnissen vorzustellen, die das sorgenfreie Leben leben konnte, das ihr gemäß ihrer Herkunft und ihres Standes gebührte.
Und plötzlich stürzte diese ganze wunderschöne Traumwelt in die grauenvolle, dunkle Tiefe einer Depression, die sie oft tagelang umfangen hielt. Dann trieben sie ihre Fantasien wieder zurück in den Harem, zu den ver hasste n Gerüchen, dem schummrigen Licht, der bleiernen Hitze und den endlosen Stunden und Tagen voller Verzweiflung und Leere. Eingesperrt in diesem Gefängnis, hörte sie Adrianne ihren Namen rufen, sie anflehen, aber sie hatte nicht die Kraft zu antworten.
Wieder und wieder kämpfte sie sich aus dieser Dunkelheit zurück ans Tageslicht, und jedesmal wurde
Weitere Kostenlose Bücher