Gefaehrliche Verstrickung
Großmütter.«
»Sprich für dich, meine Liebe.« Celeste runzelte in gespielter Empörung die Stirn und klopfte mit dem Handrücken unten an ihr Kinn. »Für eine Großmutter bin ich noch etwas zu jung.«
»Weihnachtsgebäck, die Damen?« Adrianne brachte ein großes Tablett herein. »Was kichert ihr denn so?«
»Wir kichern nicht«, stellte Celeste richtig. »Deine Mutter und ich schmieden hochfliegende Pläne. Nein, sind das etwa Makronen?«
»Genau das richtige Gebäck für verwöhnte Gaumen.« Adrianne bot ihr ein Plätzchen an und schenkte dann die Eierflips ein. Sie waren nur mit Muskat gewürzt, enthielten keinen Tropfen Alkohol. »Auf ein gesegnetes Weihnachtsfest mit den zwei liebsten Menschen, die ich auf der Welt habe.«
»Und auf noch viele weitere«, fügte Celeste hinzu, bevor sie den ersten Schluck nahm.
Viele weitere. Die Worte hämmerten in Phoebes Kopf. Sie zwang sich zu einem Lächeln und führte das Glas an die Lippen. Wie konnte sie sich auf weitere Jahre freuen, wenn schon jeder einzelne Tag zur Qual wurde? Doch Adrianne sollte davon nichts wissen. Phoebe ließ den Blick zu ihrer Tochter wandern und bemerkte, dass diese sie sorgenvoll beobachtete. Es gelang ihr, noch eine Spur heiterer zu lächeln, doch ihre Hand zitterte leicht, als sie das Glas absetzte.
»Wir sollten ein wenig Musik machen.« Phoebe verschränkte ihre zitternden Finger. Selbst als Adrianne aufstand und die Stereoanlage einschaltete, ließ die Anspannung nicht nach. Es war, als würden sie hundert Augen anstarren und nur darauf warten, dass sie einen Fehler machte. Wenn sie nur einen Drink bekäme, einen einzigen Drink, dann würde das Hämmern in ihrem Kopf aufhören, und sie könnte wieder klar denken.
»Phoebe?«
»Was?« Sie zuckte zusammen, aus Angst, Celeste könnte ihre Gedanken erraten haben. Celeste bemerkte immer alles, verlangte so viel. Warum verlangte nur jeder soviel von ihr?
»Ich habe dich gefragt, was du von Adriannes Plänen für den Wohltätigkeitsball an Sylvester hältst.« Besorgt langte Celeste nach der Hand ihrer Freundin und drückte sie. »Es ist doch fantastisch, welchen Ruf sich Addy als Organisatorin erworben hat.«
»Ja.« Stille Nacht. War das nicht Stille Nacht im Radio? Phoebe erinnerte sich, wie sie Adrianne vor langen Jahren dieses Lied beigebracht hatte, in ihren einsamen, heißen Gemächern in Jaquir. Es war ein Geheimnis zwischen ihnen gewesen. Sie hatten so viele Geheimnisse miteinander gehabt. Genau wie heute, doch heute gehörten ihr diese Geheimnisse allein.
Alles schläft, einsam wacht. Sie muss te ruhig bleiben, denn sie wurde beobachtet.
»Ich bin sicher, dass es ein sensationeller Erfolg wird.« Celeste warf Adrianne einen Blick zu, dessen Bedeutung sie auch ohne Worte verstand.
»Das hoffe ich.« Aus alter Gewohnheit rückte sie ganz dicht an Phoebe heran und nahm ihre Hand. An guten Tagen war dieser kleine Kontakt alles, was ihre Mutter brauchte, um glücklich zu sein. »Wir hoffen, dass wir zweihunderttausend Dollar für die Obdachlosen zusammenbekommen. Ich hab' mir schon Gedanken darüber gemacht, ob ein Galadiner mit Champagner und Trüffeln angebracht ist zum Wohle der Obdachlosen in New York.«
»Alles, was Geld für einen guten Zweck einbringt, ist angebracht«, beruhigte sie Celeste.
Adrianne warf ihr einen schnellen, freudlosen Blick zu und wandte sich dann an Phoebe. »Ja, das glaube ich auch. Der Zweck heiligt die Mittel, wie man so schön sagt.«
»Ich bin müde.« Phoebe war es jetzt gleichgültig, wenn ihre Stimme quengelnd klang. Sie wollte nur weg, konnte die wachsamen Blicke und unausgesprochenen Erwartungen nicht mehr ertragen. »Ich glaube, ich werde zu Bett gehen.«
»Ich bring' dich hinauf.«
»Unsinn.« Phoebe bekämpfte ihren Mißmut, der sich wieder verflüchtigte, als sie Adriannes Gesicht sah. »Du und Celeste, ihr bleibt hübsch hier und genießt den Baum«, sagte sie und drückte Adrianne an sich. »Bis morgen, Baby. Wir stehen ganz früh auf und packen dann die Geschenke aus, genau wie früher, als du noch ein kleines Mädchen warst.«
»In Ordnung.« Adrianne hob ihr Kinn, küßte ihre Mutter und versuchte dabei zu ignorieren, dass Phoebes einst so fester Körper sich plötzlich so zerbrechlich anfühlte. »Ich liebe dich, Mama.«
»Ich liebe dich, Addy. Fröhliche Weihnachten.« Damit drehte sie sich zu Celeste um und streckte ihr beide Hände entgegen. »Schöne Weihnachten, Celeste.«
»Das wünsche ich dir auch, Phoebe.«
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