Gefaehrliche Verstrickung
entsprechende Richtung deuten, als sie von einer französischen Schimpftirade unterbrochen wurde.
»Lucille! Verdammt noch mal. Wo hast du meine rote Tasche hingelegt? Muss ich denn alles selber machen?«
»Eine reizende Person«, bemerkte Adrianne. Lucille verdrehte nur die Augen und eilte davon. Wenn sich Madeline schon wegen einer Tasche so aufregte, würde sie beim Verlust ihrer Saphire sicherlich der Schlag treffen. Geiz zahlt sich eben nicht aus, überlegte Adrianne und machte sich dann auf die Suche nach dem Gästezimmer.
Zwanzig Minuten später hörte sie die Haustür zuschlagen. Nach weiteren zehn Minuten hatte sie den Safe in Madelines überladenem, ganz in Rot und Schwarz gehaltenem Schlafzimmer gefunden. Er stand auf dem Toilettentisch hinter einer Holzblende, vor der sich Tiegel und Flaschen türmten.
Standardkombination, murmelte Adrianne vor sich hin. Madeline hätte in ihre Sicherheit ebensoviel investieren sollen wie in ihre Garderobe. Den Tank erneut geschultert, verließ Adrianne das Zimmer und fand Lucille, die sie schon sehnsüchtig erwartete.
Das Mädchen hatte offenbar in ihrem teuersten Parfüm gebadet.
»Sind Sie fertig?«
»Jede Maus, die jetzt noch versucht, hier reinzukriechen, fällt auf der Stelle tot um.«
Und jetzt geht es ihr an den Kragen, dachte Adrianne, als
Lucille sie erwartungsfroh anstrahlte. »Die Mademoiselle ist
weg?«
»Vor einer Stunde wird sie nicht wieder hier sein.« Lucille machte einen Schritt auf sie zu, als wolle sie die Einladung bekräftigen. Beinahe hätte Adrianne laut losgeprustet, ermahnte sich jedoch, dass es darüber eigentlich nichts zu lachen gab.
»Schade, im Moment hab' ich leider keine Zeit. Aber später. Wann haben Sie Feierabend?«
»Das hängt von ihren Launen ab.« Schmollend spielte Lucille mit den Kragenenden von Adriannes Overall. Noch nie hatte sie ein Mann mit Bart geküßt. »Manchmal muss ich den ganzen Abend hierbleiben.«
»Irgendwann geht sie doch auch mal zu Bett, oder?« Da Adrianne schon Pläne für Madeline geschmiedet hatte, kam es ihr nur zupaß, Lucille in diese gleich miteinzubeziehen. »Wie wär's, sagen wir, um Mitternacht? Wir könnten uns dann im Bester's in Soho treffen. Auf einen Drink.«
»Nur ein Drink?«
»Mal sehen?« Adrianne grinste. »Ich wohne gleich um die Ecke vom Bester's. Vielleicht kommen Sie später noch zu mir hoch und geben mir... äh, Französischunterricht. Also dann, bis Mitternacht.« Sie gab Lucille zum Abschied einen aufmunternden Klaps und ging dann zur Tür.
»Mal sehen.«
Bevor sie endgültig das Haus verließ, drehte sich Adrianne noch einmal um und winkte freundlich.
Eine Stunde später bezahlte eine blonde Dame in einem pinkfarbenen Twinset im voraus zwei Dutzend rote Rosen und ein exquisites Champagner-Dinner für zwei Personen im Separe eines verschwiegenen Landgasthofes, der etwa eine Autostunde von London entfernt lag.
»Mein Chef erwartet allerbesten Service«, erklärte Adrianne, wobei sie sich sehr britisch gab, und drückte dem Manager ein Bündel Fünfpfundnoten in die Hand. »Und Diskretion, versteht sich.«
»Selbstverständlich.« Der Manager deutete eine kleine Verbeugung an, sorgsam darauf bedacht, nicht allzuviel Begeisterung zu zeigen. »Auf welchen Namen darf ich reservieren?«
In bester Celeste-Manier hob Adrianne eine Braue. »Mr. Smythe. Sorgen Sie dafür, dass um Mitternacht der Champagner bereitsteht, wohl temperiert.« Dabei fügte sie dem Betrag noch eine Zwanzigpfundnote hinzu.
»Ich werde mich persönlich darum kümmern.«
Kerzengerade und mit hocherhobenem Kopf ging Adrianne zu ihrem Wagen, den sie für den kurzen Landausflug angemietet hatte. Sie konnte sich ein kleines Grinsen beim besten Willen nicht verkneifen. Der erste Strauß Rosen muss te inzwischen bei Madeline abgegeben worden sein, zusammen mit der geheimnisvollen, sehr romantisch abgefassten Einladung zu einem mitternächtlichen Dinner mit einem stillen Bewunderer.
Das Wissen um die kleinen menschlichen Schwächen war für Adriannes Unternehmungen ebenso wichtig wie ihre Fingerfertigkeit. Madeline Moreau war eine hundertprozentige Französin und zudem ausgesprochen eitel. Adrianne zweifelte keinen Augenblick daran, dass Madeline ihre Wohnung verlassen und in die Limousine steigen würde, die Adrianne schon bestellt hatte. Natürlich würde sie enttäuscht sein, wenn ihr anonymer Bewunderer durch Abwesenheit glänzte, doch der Dom Perignon und ihre erwartungsvolle Neugier würden sie
Weitere Kostenlose Bücher