Gefaehrliche Versuchung
schließlich Resignation. Und sie konnte es ihm nicht verübeln. Er hatte mehr aufs Spiel gesetzt als jeder andere. Er gab alles auf. Harry, der in allem so leidenschaftlich war – in seiner Treue, Begeisterung und Wut – und Sinnlichkeit, Kraft und Macht ausstrahlte und der etwas Besseres verdiente, egal, was er ihr angetan hatte.
»Nein«, sagte sie und schlang die Decke enger um ihren Körper. »Ich werde es nicht tun.«
Er erstarrte, als hätte sie ihn beleidigt. »Wir haben das doch schon besprochen, Kate.«
Sie konnte ihn nicht ansehen. Sie wandte sich ab und erblickte wieder Beas besorgtes Gesicht. Ach Bea. Das Letzte, was Kate wollte, war es, Bea zu verraten. Wenn sie Harry nicht heiratete, würde sie Bea im Stich lassen und sie einer unerbittlichen Welt aussetzen. Wie könnte sie ihre Freundin in eine solche Lage bringen? Aber wie könnte sie andererseits Teil dieses Betrugs werden?
»Ich werde nicht …« Sieh in den Himmel. Er ist endlos, offen, unschuldig. »Ich werde nicht mit dir schlafen, Harry.« Bei dem bloßen Gedanken daran begannen ihre Hände zu schwitzen. »Ich werde mit keinem Mann schlafen.«
»Das nehme ich dir nicht übel«, erwiderte er schließlich. Seine Stimme klang leise und ruhig. »Ich verspreche, dass ich nichts von dir erwarte, zu dem du nicht bereit bist.«
Sie sah ihn an, ergriffen von dem Verständnis, das in seinen Augen stand. Noch mehr Scham. Noch mehr Schuldgefühle. »Darum geht es doch«, erwiderte sie und sah, wie seine Kiefer mahlten. »Ich werde niemals dazu bereit sein.«
Noch immer blieb seine Stimme ruhig. »Ich glaube, du irrst dich.«
»Du weißt nicht …«
»Oh, ich denke, ich weiß es doch.« Er setzte sich zu ihr und nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände. Er schien ihr instinktives Zurückweichen vor der Berührung nicht einmal zu bemerken. »Ich bin nicht naiv, Kate. Ich glaube, ich weiß, was dir widerfahren ist. Ich glaube, dass das Ungeheuer dich verletzt hat und noch immer verletzt. Aber ich glaube …« Er fing an, mit dem Daumen über ihre Wange zu streicheln, und wie jedes Mal erwachte ihr Körper. » Das hier hat sich nicht verändert. Egal, was wir füreinander empfunden haben – der Funke zwischen uns ist niemals erloschen.« Er lächelte gequält. »Was meistens ziemlich unpassend war. Doch vielleicht … Wenn wir uns ins Gedächtnis rufen, wie schön es sein kann, kann das vielleicht ein Anfang sein.«
Die Wärme, die sie durchströmte, ließ sie erzittern. Ihr Schoß – so lange vernachlässigt, weil sie die Hoffnung schon aufgegeben hatte – schien empfänglich zu werden. Wenn sie ein anderer Mensch gewesen wäre, hätte sie sich vorstellen können, dass keine zehn Jahre vergangen waren. Sie hätte sich vorstellen können, dass sie mit einem Wunsch das Staunen und die Hoffnung zurückholen könnte, die Harrys Berührung auslöste.
Aber sie war längst nicht mehr das Mädchen von damals. Widerwille kam in ihr auf, Übelkeit, Furcht. Sie schob ihn so heftig von sich, dass sie ihn fast umgestoßen hätte.
»Nein.« Sie hasste es, dass sie keine Luft holen konnte. »Niemals.«
Er hob eine Augenbraue. »Warum nicht?«
Kate konnte die Ausbeulung in Harrys Hose erkennen. Der Anblick jagte ihr Angstschauer durch den Körper. Sie sprang auf und hob die Hand.
Sie wollte nicht weinen. »Wenn du diese Emotionen in mir weckst und ich mich so fühle, erinnere ich mich nur an eines: Nachdem du mich so weit gebracht hast, dir alles geben zu wollen« – sie ballte die Hände so fest zu Fäusten, dass sie fürchtete, ihre Handflächen würden zu bluten beginnen – »hast du es Murther überlassen, es zu Ende zu bringen.«
Harry sah aus, als wäre er vom Blitz getroffen worden.
Kate konnte ihn nicht mehr ansehen. Sie hob die Decke vom Boden auf und ging weg. »Ich werde es nicht tun, Harry. Ich werde es nicht tun.«
Sie war schon an der Tür, als er antwortete. »Dann wirst du es eben nicht tun«, sagte er knapp. »Aber du wirst mich heiraten.«
Als Kate und Harry schließlich vor Joshua Wilton in ihrem Salon standen, spürte Kate, dass sie am Ende ihrer Kräfte war. Sie war gebadet, gepudert und in ein Korsett geschnürt worden, und ihr Haar war in Locken gelegt. Nun stand sie hier in einem trügerisch schlichten blauen Seidenkleid mit silbernen Eicheln, die den Saum und die Ärmel schmückten. Im Arm hielt sie einen eilig zusammengestellten Strauß blauer Astern und weißer Nelken, was sie amüsiert zur Kenntnis genommen hatte – denn
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