Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit
entschuldigen, duschka .“ Sie hatte keine Ahnung, was duschka bedeutete, aber sein Ton gab unmissverständlich zu verstehen, dass es sich dabei um einen Kosenamen handelte. „Du kannst so viel weinen, wie du willst. Wir leben in einer Welt, die zum Weinen ist. Und du hast deinen Freund verloren.“
Sie schmiegte die Stirn an seine Schulter. Es war, als würde sie sich an einen warmen Felsen lehnen. „Ja“, sagte sie einfach. „Ich habe Harold verloren. Und er fehlt mir so schrecklich.“
„Das weiß ich doch.“ Er nickte. „Und du hast die Gemälde verloren, die du bei dir zu Hause hattest. Deine wunderschönen Gemälde in der Galerie. Die werden inzwischen alle weg sein.“
Das hatte sie auch schon vermutet. „Ja.“
„Und du hast sogar noch weit mehr als deinen Freund und deine Bilder verloren. Kein Wunder, dass du weinst.“
Sie schwiegen beide, denn das Letzte, was sie verloren hatte, war ihr Leben, wie sie es gekannt hatte.
Drake hielt Grace so fest an sich gedrückt, und sie fühlte sich von ihm so umfangen, durch seine schiere Verwurzeltheit im Hier und Jetzt, dass es ihr vorkam, als ob ihr altes Leben weit zurückläge.
Inzwischen hatte sie sich wieder vollkommen beruhigt. Der Weinkrampf war wie ein heftiger tropischer Sturm gewesen, der weitergezogen war und nichts als Stille und Ruhe zurückgelassen hatte. Ihre Atmung verlangsamte sich, wurde ruhiger. Während des Weinanfalls hatte sie sich voll und ganz auf den heißen Ball aus Kummer und Traurigkeit in ihrer Brust konzentriert, aber jetzt begannen langsam wieder verschiedene Sinneseindrücke zu ihr durchzudringen: die Wärme seines Körpers, das Gefühl, vollkommen von seiner Stärke eingehüllt zu sein, das langsame Klopfen seines Herzens an ihrer Brust. Sie veränderte ihre Position ein wenig, und ihre Hüfte berührte seine Erektion, groß und bereit, wie immer.
Als sie fühlte, wie er sich schon bei der leichtesten Berührung regte, durchfuhr ein elektrischer Schlag ihren Körper. Sie hatte sich eben erst die Augen ausgeweint, und jetzt bereitete sich ihr Körper schon wieder auf ihn vor, wurde weicher, feuchter …
Sie hob den Kopf, um ihn anzusehen. Drakes Gesicht war so ernst, seine starken Züge vollkommen bewegungslos, als er sie musterte. Wie immer unternahm er nicht die geringste Anstrengung, sie um den Finger zu wickeln. Er benutzte niemals Worte, um sie zu verführen. Er war ein Mann der Tat, und er zeigte seine Gefühle durch Taten, nicht durch Worte.
Jeder seiner Gesichtszüge war faszinierend. Die geheimnisvollen dunklen Augen, die so viel zu sehen schienen. Der volle, sinnliche Mund. Die hohen Wangenknochen und die stopplig rauen Wangen. Züge, die ihr lieb geworden waren, die ihr …
Bekannt vorkamen?
Grace neigte den Kopf und blinzelte. Wie konnte … ? Ihre Atmung geriet einen Augenblick lang ins Stocken, so überwältigt war sie.
„Oh mein Gott!“, flüsterte sie und legte ihre Hand an sein Gesicht. Wie hatte ihr das nur entgehen können? Warum hatte sie ihn nicht gleich erkannt? Ihre Augen weiteten sich.
Er streifte ihre Schulter mit den Lippen. „Was ist los, duschka ?“, murmelte er.
„Du … du bist es.“ Grace fuhr mit dem Finger über seine Züge, fuhr die dunklen Schwingen seiner Augenbrauen nach, die Fältchen, die von seinen Augen ausgingen, und strich dann über den geraden Rücken seiner Nase. Warum nur hatte sie das zuvor nicht gesehen?
„Du bist der Mann aus meinen Träumen“, flüsterte sie. Dann verstummte sie, und ihr Gesicht errötete. „Ich meine, ich träume von dir, Drake. Ich träume schon seit über einem Jahr von dir. Eigentlich sind es eher Albträume, immer voller Gefahr und Gewalt. Und immer kommt die Rettung in Gestalt eines Mannes. Ich habe versucht, sein Gesicht zu malen, aber es ist mir nie so recht gelungen, weil ich mich niemals genau an sein Gesicht erinnere, wenn ich aufwache, nur ganz allgemein. Aber … er ist du . Irgendwie, Drake, ist er du. Der Mann, der mich rettet. Ich habe von dir geträumt.“ Sie fuhr mit der Rückseite eines Fingerknöchels über die linke Seite seines Gesichts. „Nur dass er … also, der Mann, der mich in meinen Träumen rettet, hat immer eine große, weiße Narbe hier. Aber das weißt du ja schon, weil du fünf von diesen Porträts gekauft hast.“ Sie runzelte die Stirn. „Die habe ich aber gar nicht in deinem Arbeitszimmer gesehen.“
„Nein.“ Drake schüttelte langsam den Kopf. „Sie waren zu … persönlich. Sie befinden
Weitere Kostenlose Bücher