Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit
Raum mit zwei Männern, die sie nicht kannte.
Etwas von dem, was sie fühlte, musste sich wohl auf ihrem Gesicht widerspiegeln. Er warf ihr einen kurzen Blick zu. Als er weiterredete, war jegliche Belustigung aus seiner Stimme verschwunden. Wenn überhaupt, klang er … freundlich.
„Sie müssen schreckliche Angst haben. Drake hat mir zwar nicht erzählt, was passiert ist, aber wie’s aussieht, wurden Sie beide angegriffen. Aber Sie hatten Drake bei sich, und er ist der schlaueste, härteste und mutigste Mann, den ich kenne, also waren Sie in den besten Händen. Und was diesen Raum angeht – ja, es ist so eine Art Miniprivatklinik. Drake beschäftigt eine ganze Reihe von Männern, und manchmal werden sie … verletzt. Bei der Ausübung ihrer Arbeit. Er legt sehr viel Wert auf seine Privatsphäre und darum hat er sich entschlossen, eine Art eigenes Feldlazarett einzurichten.“
„Was für eine Arbeit?“
Schweigen. Als feststand, dass er ihre Frage nicht beantworten würde, wechselte Grace das Thema. „Sind Sie … Kennen Sie ihn schon lange?“
Sein Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln. Offensichtlich war das eine Frage, die er glaubte, beantworten zu können. „Ungefähr vier Jahre. Ich war im letzten Jahr meiner Facharztausbildung zum Chirurgen, mit ungefähr einhunderttausend Dollar Schulden durch meinen Studienkredit, als ich zufällig einem Mann über den Weg lief, der angeschossen worden war. Ich hab ihn zusammengeflickt, so gut ich konnte, und ins nächste Krankenhaus verfrachtet. Er war einer von Drakes Männern, und der Chirurg sagte zu Drake, ich hätte seinem Mann das Leben gerettet. Am Tag darauf waren meine Schulden komplett getilgt, und Drake bat mich, diesen OP einzurichten, ohne ein Limit, was die Kosten betraf. Der Traum eines jeden jungen Arztes.“
„Und Sie arbeiten ständig hier?“
„Nein, guter Gott, nein! Da würde ich ja ganz aus der Übung kommen. Nein, ich habe eine ganz normale Ganztagsstelle in einem Krankenhaus, aber für Drake stehe ich jederzeit auf Abruf bereit. Wenn er mich braucht, bin ich da.“ Er nahm die gebogene Nadel mit dem Faden. „Wissen Sie was? Ich wette mit Ihnen, ganz egal, wo er jetzt ist, er würde sich wesentlich besser fühlen, wenn Sie seine Hand hielten.“
„Seine Hand?“, fragte Grace überrascht. „Ich kenne ihn doch gar nicht, und er kennt mich nicht. Wie könnte es ihn da trösten, meine Hand zu halten?“
Ben hielt inne und blickte ihr direkt in die Augen. „Das ist jetzt nur geraten, aber … er hat Ihnen das Leben gerettet, stimmt’s?“
Sie nickte wie betäubt.
„Also, vielleicht ist es ja dann nicht zu viel verlangt, seine Hand zu halten.“
Wenn man es so sah …
Als Grace von ihrer Liege heruntersprang, wäre sie beinahe hingefallen, da ihre Knie nachgaben.
„Alles okay mit Ihnen?“
Es kam nicht infrage, Ben davon abzuhalten, Drakes Wunde zu vernähen. Sie drückte die Knie durch und richtete sich kerzengerade auf. „Ja. Ich bin nur ein bisschen … Ja, mir geht’s gut.“
Langsam ging sie zu den beiden Männern hinüber. Drake war vollkommen ruhig. Obwohl Ben sich über Drake beugte, achtete der Arzt auch weiterhin genau auf ihren Zustand.
Grace nahm sich einen harten Metallstuhl, stellte ihn dicht neben das Bett und setzte sich. Sie war sich Bens Aufmerksamkeit sehr bewusst, als sie ihre Hand nach Drakes ausstreckte. Sie hielt inne, kurz bevor ihre Hände sich berührten; ihre Hand schwebte nur wenige Zentimeter über der seinen.
Seine Hand war riesig, sie war möglicherweise die größte menschliche Hand, die sie je gesehen hatte. Sehnig und rau, mit seltsam aussehenden harten, gelben Schwielen an den Seiten. Definitiv nicht die Hände eines Mannes, der die meiste Zeit an seinem Schreibtisch verbrachte.
Die meisten Berufe hinterließen ihre Spuren am Körper. Selbst der Körper von Büroangestellten wurde weich und rund und gebeugt. Sie hatte keine Ahnung, in was für einem Bereich Drake tätig sein könnte, dass er solche Hände hatte.
Bens Hände waren die eines Arztes, eines Chirurgen. Auch wenn die Haut weich aussah, waren seine langen, eleganten Finger stark und biegsam.
Drakes Hände sahen wie Werkzeuge aus, unglaublich stark, robust, unzerstörbar.
Langsam bewegte sie ihre Hand, bis sie die seine berührte und ihre Handfläche seinen Handrücken bedeckte. Seine Haut war warm, beinahe unnatürlich warm. Ihre Haut war eisig. Wie in den meisten OP s so war es auch hier sehr kühl, und sie war immer
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