Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper
zusammengefaltete Blatt aus der Innentasche seines Jacketts, „… eine Liste mit den Morden und den Tatorten. Ich wüsste gerne, wo Sie jeweils waren.“ St. John trat an das Bett und reichte O’Malley das Blatt, wobei er sich bemühte, sowohl das Mädchen als auch die Orkane in seinem Inneren zu ignorieren.
O’Malley überflog die Liste.
„Ginger … es ist gut. Du kannst abhauen“, sagte er knapp zu der Hure, woraufhin diese einen dünnen, beinahe durchsichtigen Morgenmantel überzog und hinauseilte.
„Also … Du willst mich immer noch festnageln. Und das, wo es mich ein Fingerschnippen kosten würde, dich auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu lassen.“ Er befeuchtete mit der Zunge lasziv seine vollen Lippen.
St. Johns Hals wurde trocken. Er nickte, aus Angst, zu husten, sollte er etwas laut sagen. Aus den Augenwinkeln sah er O’Malleys erigierte Männlichkeit, die das Mädchen unbefriedigt gelassen hatte. Das Blut strömte in seine Lenden und der Druck wuchs mit jedem Atemzug.
„Das mit Eddowes habe ich zugegeben. Was willst du also noch?“
„Ich will den Killer!“
„Jack the Ripper nennt man ihn jetzt und es heißt, er würde euch Briefe schreiben …“, feixte O’Malley.
„Und woher weißt du das?“
Der Bandit schlug ein Bein über das andere. Er hatte noch immer einen Steifen und St. John wurde heiß. Es drängte ihn, ein Fenster in dem viel zu engen Raum zu öffnen.
„Weil es die Spatzen von den Dächern pfeifen und die Zeitungsverkäufer durch die Gassen schreien. Daher weiß ich es. Und – da du gleich fragen wirst – nein,
ich
habe euch nicht geschrieben.“
St. John hatte plötzlich das Gefühl, die Kontrolle über das zu verlieren, was er offiziell als „Befragung“ einordnete.
„Ich will wissen, wo du zum Zeitpunkt der Morde warst …“, beharrte er und spürte das Wasser, das ihm bis zum Hals stand. Wie konnte er zulassen, dass O’Malley sich nicht bedeckte während der Befragung?
Dass er seine Erektion, seine hart definierten Bauchmuskeln, die sehnigen Unterarme und die muskulösen Beine schamlos seinen Blicken darbot? Er fühlte sich elend.
„Ich war hier. Aber was habe ich da jeweils getan … Warte mal …“ Er legte seinen Zeigefinger an seine Kinnspitze und runzelte in einer übertrieben nachdenklichen Geste die Stirn. „Aah, ja. Ich habe Nutten gefickt. Oder habe ich hübsche Burschen benutzt, die in die Bande aufgenommen werden wollen? Das könnte auch gut sein. Leider führe ich kein Buch darüber.“ Mit einem Satz war er vom Bett. „Was willst du denn hören? Hm?“ Er stieß St. John mit der flachen Hand vor die Brust. „Was? Dass ich Weiber bumse oder Jungs? Was ist dir lieber?“
„Ich … will wissen … wo du warst, als Martha Tabram ermordet wurde. Und all die anderen …“
O’Malley stand so dicht vor ihm, dass sich ihre Nasenspitzen berührten. Und als er seine Zunge über die Lippen gleiten ließ, fürchtete St. John nichts so sehr, als dass er ihn küssen würde. Doch er tat es nicht.
„Du willst mich immer noch am Arsch kriegen, stimmt’s? Daran hat sich nichts geändert. Du hast solchen Schiss davor, mit mir ins Bett zu gehen, zuzugeben, dass du mich willst, dass du alles dransetzt, mich als Killer zu überführen. Ich sehe es in deinen Augen. Die verraten dich, du Idiot. Du willst sehen, wie mich deine Jungs in die Mangel nehmen. Wie sie mich auf einen Tisch werfen und dann meine Hosen runterziehen. Holst du dir einen runter, wenn sie mich mit einem Knüppel vergewaltigen? Ja? Bist du so eine kranke Missgeburt?“ Er funkelte St. John mit wilden Blicken an. „Du findest erst wieder Ruhe, wenn ich tot bin. Stimmt’s? Das ist es. Wenn ich am Strick baumel, dann geht’s dir wieder gut. Red dir das ruhig ein!“
Hör auf!, wollte St. John schreien. Schluss! Ich will es nicht hören. Ich bin am Ende. Ich gebe auf! Wollte sich nur noch in O’Malleys Arme werfen. Er war hart. Wieder. Immer noch. Und er hielt es nicht mehr aus. An seinen Lippen erkannte er, dass O’Malley immer noch redete. Aber er hörte ihn nicht mehr. Seine Gier tobte bis in seinenSchädel. Machte einen willenlosen Golem aus ihm. Nicht mehr warten, dachte er. Mich nicht mehr selbst niederringen.
„Du bist der Hurenmörder … du bist es! Ich weiß es! Du schneidest ihnen die Kehlen durch und weidest sie aus! Ich werde es dir beweisen. Ich werde zuhören, wenn dein Genick unter dem Galgen bricht. Und ich werde jubeln, wenn …“
Weiter kam er nicht.
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