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Gefährlicher Sommer

Titel: Gefährlicher Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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bestand. Auf den Dächern fehlten Ziegel, von den Mauern bröckelte der Putz. Alles sah düster und auf den ersten Blick unbewohnt aus. Aber dann entdeckten sie Licht hinter den Fenstern im Erdgeschoss. Es musste hier Menschen geben.
    »Los, wir klopfen an.« Forsch pochte Pat an die Tür. In Wirklichkeit fühlte sie sich nicht so sicher. Etwas Unheimliches ging von dem Haus aus, eine Ahnung von Bösem lag in der einbrechenden Dunkelheit.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sich Schritte der Tür näherten. Eine Frau öffnete. Manuel und Pat hielten den Atem an.
    In dieser Einöde, in diesem verkommenen Haus hätten sie irgendein altes Weib erwartet, zahnlos und hässlich, verwahrlost wie alles andere um sie herum. Stattdessen stand eine bildhübsche, junge Person vor ihnen, eine schlanke, hochgewachsene Spanierin mit langem schwarzen Haar. Sie trug ein elegantes, helles Sommerkleid, hochhackige Sandalen und ein Paar mondäne Ohrringe. Sie wirkte in dieser Umgebung so völlig fehl am Platz, dass es die beiden verwirrte. Einzig der Ausdruck ihres Gesichtes passte nicht in das schöne Bild, das sie bot: Er war hart und böse, unfreundlich und abweisend. Manuel grüßte höflich, dann erklärte er, wer sie waren und was sie hierher geführt hatte. Die Frau verzog keine Miene.
    Manuel wiederholte noch einmal seine Bitte um Wasser und einen Lappen. Von der Treppe her rief eine Männerstimme: »Was ist los?«
    Deutsche Worte! Pat fühlte sich gleich viel besser. »Entschuldigen Sie bitte die Störung!«, rief sie zurück. »Wir hatten hier in der Nähe einen Reitunfall! Wir brauchen Hilfe!«
    Ein Mann kam heran, groß, muskulös. In seinem gebräunten Gesicht fielen als Erstes die wulstigen Lippen auf, die breite Nase und die leicht geschlitzten Augen. Er trug ausgebeulte Jeans, darüber einen schmutzigen Pullover. Mit einer Serviette wischte er sich gerade den Mund ab. »Einen Reitunfall?«
    »Ja. Wir kommen aus La Laguna und haben einen Ausritt hierher gemacht. Eines der Pferde ist gestürzt und hinkt jetzt. Da wir es noch ziemlich weit bis nach Hause haben, dachten wir, Sie könnten uns vielleicht einen Eimer Wasser und ein großes Handtuch geben. Wir bringen das dann selbstverständlich morgen zurück. Aber wir könnten Umschläge machen, und die Stute hätte es leichter.«
    Noch während sie sprach, fühlte sich Pat bereits wieder unwohler. Die Erleichterung, die sie gespürt hatte, weil der Mann deutsch sprach, verging so schnell, wie sie gekommen war. Wie brutal er aussah! Dieses beinahe greifbare Böse in seinen Augen ... Auf einmal wünschte sich Pat nur noch eines: so schnell wie möglich von hier wegzukommen.
    Von oben erklangen spanische Stimmen. Der Mann antwortete etwas, dann wandte er sich wieder an die beiden ungebetenen Gäste. »In Ordnung. Wartet hier. Ich hole Wasser und ein Handtuch. Einen Bindfaden werdet ihr auch brauchen, sonst hält der Verband ja nicht.«
    »Vielen Dank«, sagten Pat und Manuel wie aus einem Mund.
    Der Mann verschwand. Die Frau aber blieb stehen und versperrte den Eingang.
    »Irgendetwas ist hier faul«, sagte Pat leise. »Findest du diese Leute nicht auch etwas merkwürdig?«
    Manuel sandte ihr einen warnenden Blick zu und machte eine angedeutete Bewegung zu der Frau hin.
    »Die versteht doch kein Deutsch.«
    »Bist du so sicher?«
    Die Frau hatte keine Miene verzogen. Aber da war etwas eigentümlich Lauerndes in ihren Augen.
    Der Mann kehrte zurück, in der einen Hand einen kleinen Eimer mit Wasser, in der anderen ein nicht allzu sauberes Handtuch und einen Bindfaden. »So. Damit müsstet ihr hinkommen. Viel Glück.«
    »Sie sind sehr nett, danke. Morgen bringen wir ...«
    Der Mann unterbrach sie sofort. »Nicht nötig. Den alten Eimer, das alte Handtuch ... behaltet es oder schmeißt es weg. Ihr müsst wirklich nicht ...«
    Und genau in diesem Moment schrie durchdringend ein Papagei. Ein zweiter antwortete. Und ein dritter. Dann war es wieder so still wie vorher.
    Der Mann erstarrte. Aber Pat nahm von irgendwoher die Geistesgegenwart, sich keine Regung anmerken zu lassen. Ihr Gesichtsausdruck blieb völlig unbefangen.
    »Gut«, sagte sie. »Dann noch einmal vielen Dank. Und auf Wiedersehen.«
    Die Haustür wurde zugeschlagen. Manuel hielt den Eimer in der Hand, Pat die übrigen Utensilien. »Nichts wie weg!«, zischte sie.
    Inzwischen war es schon ziemlich dunkel geworden, aber noch glänzte der Horizont in letztem Abendsonnenschein.
    »Hast du es gehört?«, keuchte Pat. »Hast

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