Gefährlicher Sommer
wären, am Tag bevor das Verbrechen geschah, vielleicht hätten sie etwas beobachtet und könnten der Polizei nun einen heißen Tipp geben. Ach, wenn wir nur etwas tun könnten, dachte sie. Aber, wo soll man anfangen zu suchen? Die Insel ist groß, und sie können sich überall aufhalten!
Angie überlegte noch eine Weile hin und her, aber ihr fiel nichts Brauchbares ein. Am späten Nachmittag erschien Christopho auf seinem Moped. Sie küssten sich über den Gartenzaun hinweg, und Angie versuchte ihm klarzumachen, dass sie Ärger hatte und nicht kommen konnte.
Christopho kapierte. Er sah traurig aus. »Mañana?«, fragte er. Das hieß morgen.
Angie nickte lebhaft. »Sí. Mañana. Sí!«
Als die anderen am Abend müde und sonnenverbrannt zurückkamen, stellten sie erleichtert fest, dass sich Angies Stimmung gebessert hatte. Sie setzten sich alle zusammen auf die Terrasse. Angie berichtete von dem Artikel in der Zeitung. »Verrückte Geschichte, nicht wahr? Da ereignet sich so etwas fast vor unserer Nase, und wir bekommen es nicht mit. Wir waren mal besser!«
»Wir haben heute den Loro-Parque besichtigt«, sagte Diane. »Alle Leute dort sprachen von den gestohlenen Papageien. Und ganz viele Käfige sind leer. Es sieht richtig traurig aus.«
»Am meisten tun mir die armen Vögel leid«, sagte Pat. »Man weiß ja, wie rücksichtslos Tierhändler mit ihren Opfern umgehen. Viele überleben den Transport überhaupt nicht, weil sie entweder verdursten oder sich in zu engen Kisten gegenseitig zu Tode drücken. Ich wünschte, wir könnten etwas tun!«
»Ich fürchte, wir haben keine Chance. Es gibt hier so viele Möglichkeiten, sich zu verstecken ...«
Einige Minuten lang schwiegen sie alle bedrückt.
Dann sagte Manuel: »Wollen wir morgen Abend einen schönen langen Ausritt machen?«
»Ich kann nicht«, sagte Angie. »Ich bin mit Christopho verabredet.«
»Ooooohhh, Christophooooo!«, flötete Pat.
Angie warf ihr ein Kissen auf den Kopf. »Halt deinen Mund! Du müsstest wissen, wie mir zumute ist! Du mit deinem Tom!«
»Jetzt streitet euch nicht!«, mahnte Diane. »Lasst uns lieber noch mal in den Pool springen!«
Sekunden später plantschten sie alle im Wasser. Fürs Erste hatten sie alle Papageien und Diebe vergessen.
Am späteren Nachmittag des nächsten Tages wurde Angie von Christopho abgeholt, nachdem sie Brigitte hoch und heilig hatte schwören müssen, nicht noch einmal nach elf Uhr heimzukommen. Auch Christopho hatte das versprechen müssen. Nachdem die beiden auf dem Moped davongeknattert waren, machten sich die anderen auf den Weg zu den Pferdeställen. Der Himmel war bewölkt, sie konnten also früher reiten und mussten nicht warten, bis die Sonne schon fast untergegangen war. Es sollte ein längerer Ausflug werden, in Richtung Valle Gimenez, hatte Manuel gesagt, und sie würden einfach sehen, wie weit sie kamen.
Sie waren schon eine ganze Zeit unterwegs, als Pat vorschlug, man könnte jetzt einmal ein Stück galoppieren. Die anderen stimmten zu, und schon jagte Pats Pferd Sammy, das die ganze Zeit unruhig getänzelt hatte, los. Die anderen folgten ihm sofort. Laut dröhnten die Hufe, donnerten über den harten, trockenen Boden.
»Achtung!«, schrie Pat. »Ein Baumstamm!«
Es handelte sich um eine gestürzte Palme, die quer über der Wiese lag. Man hätte leicht darum herumreiten können, aber Sammy war schon mit einem hohen, eleganten Sprung darübergesetzt. Pat jubelte innerlich. Wie herrlich dieses Pferd sprang! Kraftvoll und mit lang gestrecktem Körper. Sie drehte sich im Sattel um und schaute zurück. Gerade sprang Mirko, dicht gefolgt von Domingo. Schön und edel sahen die beiden aus. Die kleine Nina mit Diane auf dem Rücken war zurückgeblieben. Warum reitet Diane denn auf einmal so langsam, fragte sich Pat verwundert.
Dann erkannte sie es: Diane versuchte, ihr Pferd an dem Baumstamm vorbeizulenken. Sie war zwar eine gute Reiterin, aber immer ein wenig ängstlich. Aus irgendeinem Grund wurde sie nie recht mit ihrer Furcht vor dem Springen fertig. Wenn sie sich mit einem Pferd sehr vertraut fühlte, es lange kannte, mochte es gehen. Aber auf Nina saß sie erst zum zweiten Mal, und auf einmal fühlte sie sich der Situation nicht gewachsen. Sie zog am Zügel. Nina verlor an Tempo.
Aber die Stute wehrte sich. Sie hatte alle ihre Freunde aus dem heimatlichen Stall springen sehen, und sie wollte direkt hinterher. Ihr musste es so vorkommen, als wolle ihre Reiterin sie in eine andere
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