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Gefährlicher Sommer

Titel: Gefährlicher Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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vorher. Sie wussten nicht, wo Diane war. Sie wussten nur, dass vier skrupellose Männer sie entführt hatten, dass diese Männer Pistolen hatten und dass sie wild entschlossen waren, sich dem Zugriff der Polizei zu entziehen - und dass alles passieren konnte, wenn sie sich in die Ecke getrieben fühlten.
    In der Polizeiwache bekamen sie Cola aus dem Automaten, um erst einmal ihren schlimmsten Durst zu stillen. Irgendjemand trieb belegte Brote auf. Seltsamerweise fühlte sich keiner von ihnen müde. Sie waren hellwach, obwohl sie in der letzten Nacht kaum und in dieser überhaupt noch nicht geschlafen hatten. Fiebrig und erwartungsvoll kauerten sie auf ihren Stühlen, Wolldecken um die Schultern, die Plastikbecher mit Cola in den Händen. Die Nacht war noch nicht zu Ende. Und irgendwo auf der Insel brauste der geheimnisvolle Kombiwagen durch die Dunkelheit und Diane schwebte in höchster Gefahr.
 
    Ein kleiner, vierschrötiger Spanier, den die anderen »Alfonso« nannten, steuerte den Wagen. Neben ihm saß ein Großer, Hagerer, der nie ein Wort sprach. Zwischen die beiden hatte sich die hübsche Frau mit den kalten Augen gequetscht. Auch sie schwieg eisern, mit zusammengepressten Lippen. Sie schien sich nicht einmal zu fürchten, obwohl ihnen allen die Polizei auf den Fersen war. Es hatte den Anschein, als interessiere sie das nicht besonders. Es würde alles so kommen, wie es kommen sollte.
    Im Laderaum, zwischen den Kisten mit den Papageien, kauerten Carlo, ein weiterer Komplize und Diane. Diane war der Mund verbunden worden, aber man hatte sie nicht gefesselt - sie hätte ohnehin nicht entkommen können. Ihre Augen waren schreckgeweitet, ihr Atem kam keuchend hinter dem dicken Tuch hervor. Sie versuchte sich zu zwingen, ruhig zu atmen, aber immer wieder fiel jäh die Angst über sie her, sie müsste ersticken, und schon brach ihr überall der Schweiß aus, und sie fing an zu röcheln. Ihr traten die Tränen in die Augen vor Verzweiflung. Carlo bemerkte es.
    »Heiß unter dem Ding, wie?«, fragte er grimmig. Seine Nerven hatten gelitten in der letzten Stunde. Alles war schiefgegangen, und es schien ihm fraglich, ob sie je heil aus der Sache herauskommen konnten. »Leider kann ich dich nicht davon befreien. Am Ende fängst du im falschen Moment an zu schreien, und das könnte für uns alle unangenehme Folgen haben!«
    Diane schüttelte heftig den Kopf, aber Carlo grinste. »Sie versprechen immer alle, still zu sein, aber wer sich darauf verlässt, ist ein Dummkopf!«
    Dann wandte er sich wieder ab und starrte vor sich hin.
    Sie fuhren in Serpentinen bergauf, so viel bekam Diane mit. Sie zerbrach sich den Kopf, wohin man sie wohl brachte. Ins Anagagebirge vielleicht, das so oft tief in den Wolken lag und ganz und gar von Nebel umhüllt war, selbst wenn sonst überall die Sonne schien?
    Es schauderte sie; dann kam ihr schon wieder zu Bewusstsein, wie schwer sie nur atmen konnte, und sogleich fing sie an zu keuchen. Sie lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen.
    Sie wusste nicht, wie lange sie gefahren waren, als der Wagen plötzlich stehen blieb und der Motor ausgeschaltet wurde. Carlo rappelte sich auf, packte Diane am Arm und zog sie in die Höhe. Sie musste aus dem Wagen klettern und stand in völliger Dunkelheit. Nach und nach nahm sie die Umrisse von Bäumen wahr und roch einen beinahe heimatlichen Duft: Harz, Erde und Tannennadeln. Manuel hatte viel vom Mercedes-Wald erzählt. Ob man sie dorthin gebracht hatte?
    Vor ihnen stand ein Haus, eines jener kleinen, unverputzten, immer etwas unvollkommen scheinenden Häuser der Insel. Es duckte sich tief zwischen die Bäume, hatte etwas von einem Hexenhaus und wirkte viel anheimelnder als der verfallene Bauernhof, auf dem sich die Männer zuerst aufgehalten hatten.
    Wie sich herausstellte, war jedoch der Bauernhof geradezu komfortabel gegen dieses Haus. Es gab weder Strom noch fließendes Wasser. Im Innern herrschte ein unvorstellbares Durcheinander von alten Möbeln, zusammengerollten Teppichen, Bergen von Gläsern und Tellern, die wahllos herumstanden. Alles war überzogen von einer dicken Staubschicht. Es roch feucht und modrig. Schon seit Monaten konnte niemand mehr in diesem Haus gewohnt haben.
    Carlo führte Diane eine schauerlich knarrende Treppe hinauf in ein kleines Zimmer und riss ihr dort das Tuch ab. Diane schnappte nach Luft, ihr Gesicht war gerötet und glänzte feucht.
    »Wo sind wir?«, fragte sie.
    Carlo zuckte mit den Schultern. »Spielt ja wohl

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