Gefährlicher Verführer
zu werden. Es gibt hier in der Nähe einige Höhlen. Dort wirst du
es bequem haben, das verspreche ich.«
Tempests Herz klopfte so
laut, dass alle Anwesenden es hören konnten. »Ich soll schon wieder eine
menschliche Fledermaus spielen, oder?« Sie bemühte sich, ihrer Stimme einen
belustigten Klang zu verleihen. »Wenn du das noch öfter von mir verlangst,
brauche ich bestimmt eine Therapie. Mit engen Räumen komme ich nämlich nicht
gut zurecht.«
»Ich werde dir beim
Einschlafen helfen«, versprach Darius sanft.
»Na, dann los.« Tempest
blickte auf und bemerkte Desaris besorgten Gesichtsausdruck. Auch den anderen
schien das Vorhaben nicht zu gefallen. »Was ist denn? Stimmt etwas nicht?«
Sein übermächtiger
Beschützerinstinkt ließ Darius' dunkle Augen plötzlich aufblitzen, als er seine
Familie betrachtete.
Tempest seufzte schwer und
setzte sich auf, wobei sie sich das lange, dichte Haar aus dem Gesicht strich.
»Darius, ich bin zu müde, um Rätsel zu lösen. Worüber machen sich die anderen
Sorgen? Es ist nicht fair, mich im Unklaren zu lassen, nur weil ich deine
Bedürfnisse nicht kenne.«
»Er muss nach Art des
karpatianischen Volkes in der Erde ruhen«, platzte Syndil heraus, ohne Darius
dabei anzusehen.
»Aber das tun wir doch, oder
nicht? Ich gehe mit ihm in diese verflixte Höhle. Ich schlafe, während er in
der Erde liegt«, wunderte sich Tempest. »Das ist der Plan.«
Syndil schüttelte den Kopf,
ohne Darius' warnendes Knurren zur Kenntnis zu nehmen.
Tempest legte ihm die Hand
auf den Mund, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Erkläre es mir.«
»Er wird sich nicht in die
Erde begeben. Er wird über der Erde wie ein Sterblicher neben dir ruhen, weil
er fürchtet, dich ansonsten schutzlos zurückzulassen.«
Schweigend warteten die
anderen, während Tempest diese Information verarbeitete. Schließlich zuckte sie
die Schultern. »Gut, dann musst du mich eben in einen tiefen Schlaf versetzen
und mit dir in die Erde nehmen.« Allein bei dem Gedanken drehte sich ihr der
Magen um, denn für sie klang es danach, lebendig begraben zu werden. Doch wenn
sie nichts davon mitbekam, wäre es kein großes Opfer, um Darius zu helfen.
Die anderen sahen sie
bewundernd an. »Das würdest du für Darius auf dich nehmen?«, flüsterte Desari
und umfasste Tempests Handgelenke. »Aber du leidest darunter, in engen Räumen
eingeschlossen zu sein. Das hat Darius uns erzählt.«
Wieder zuckte Tempest
gleichmütig die Schultern. »Im Schlaf würde ich nicht darunter leiden«,
erklärte sie. »Also los, Darius. Ich bin müde.« Und das stimmte. Ihre Glieder
fühlten sich bleischwer an. Tempest vermied es, Darius direkt anzusehen, damit
er nicht die Angst und Abscheu in ihrem Blick entdeckte, wenn sie daran
dachte, lebendig begraben zu sein.
Er legte ihr den Arm um die
Taille und zog sie beschützend an sich. Wie stolz er auf sie war! Die Angst, die
sie bei dem Gedanken an die Höhlen und das Erdreich empfand, konnte er in ihren
Gedanken nur allzu deutlich lesen. Und doch war sie dazu bereit, ihm dieses
Opfer zu bringen. »Du machst mir ein wunderbares Geschenk, Tempest, aber es ist
unmöglich. Mein Körper ist dazu geschaffen, Herz und Lungen anzuhalten, um in
tiefen Schlaf zu fallen. Du kannst das nicht. Du würdest in der Erde ersticken.
Es dauert vielleicht ein wenig länger, aber meine Wunden werden schon heilen«,
versicherte er ihr.
Über Tempests Kopf hinweg
warf Darius seiner Familie einen drohenden Blick zu. Niemand wagte es, sich
diesem Blick zu widersetzen, außer Julian, der Darius angrinste. Doch Desari
hielt die Hand ihres Gefährten fest umschlossen, um Julian daran zu hindern,
ihren Bruder noch weiter zu reizen.
»Und jetzt koche bitte für
Tempest eine Gemüsebrühe«, wandte sich Darius an seine Schwester.
Tempest schüttelte
entschlossen den Kopf. »Ich kann jetzt wirklich nichts essen, Desari, aber ich
danke dir. Ich möchte nur noch schlafen, ungefähr eine Woche lang.«
Darius warf seiner Schwester
einen flüchtigen, aber unmissverständlichen Blick zu.
Beinahe unmerklich nickte
sie. »Kommt, lassen wir die beiden allein, damit sie sich ein wenig frisch
machen können.«
Barack stieß ein tätiges
Knurren aus. »Syndil, Sasha braucht deine Heilkünste. Ich werde sie tragen,
bring du die Kräuter mit.«
Erstaunt hob Syndil die
Augenbrauen. »Hast du schon vergessen, dass wir einen Gast haben? Ich wollte
ihm gerade etwas zum Abendessen richten und dann mit ihm spazieren gehen.«
Barack
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