Gefährlicher Verführer
verletzlich aus. Tempest versuchte, sehr stark und
entschlossen aufzutreten, doch Darius wusste, dass sie jemanden brauchte, der
sie beschützte und das Leben mit ihr teilte. Sie war so allein. Er hatte in
ihren Gedanken gelesen und dabei die gleiche schmerzliche Einsamkeit in ihr
entdeckt, die auch er nur zu gut kannte.
Und doch unterschied sie
sich von ihm darin, dass sie von Mitgefühl und Sanftheit erfüllt war. Sie war
alles, was er niemals sein würde. Obwohl ihr so viele schreckliche Dinge zugestoßen
waren, kannte sie keinen Gedanken an Rache, keinen Hass, sondern fand sich nur
ruhig mit den Dingen ab. Außerdem war sie jedoch fest entschlossen, sich von
allen künftigen Verwicklungen fern zu halten und ein ruhiges, einsames Leben
zu führen.
Ihre Gedankenmuster waren
wirklich faszinierend. Sie zog die Gesellschaft von Tieren vor, deren
Körpersprache und Gedanken sie mühelos verstehen konnte. Es gelang ihr, sich
ohne Worte mit den Tieren zu verständigen.
Tief atmete Darius ihren
Duft ein. Sie war einzigartig unter den Sterblichen, da sie die Gedanken der
Tiere um sich herum lesen konnte. Sie hatte keine Angst, denn sie liebte Tiere,
doch die Reaktionen der anderen Sterblichen auf ihre Gabe hatte sie immer als
negativ empfunden. Darius beugte sich vor, schmiegte seinen Kopf an ihren und
drängte das Raubtier in seinem Innern zurück. Seine Instinkte geboten ihm,
Tempest für alle Zeit an sich zu binden. Er sehnte sich verzweifelt nach ihr,
und das Verlangen, noch einmal von ihrem Blut zu kosten, war beinahe
überwältigend.
Doch sie brauchte Ruhe und
Pflege. Außerdem verdiente sie, dass er auf anständige Weise um sie warb. Ihre
Verletzlichkeit hielt Darius' animalische Instinkte im Zaum. Er kannte sich
genau, wusste um seine Stärken und Schwächen. Darius war so unbarmherzig und
gnadenlos wie das Land, in dem er aufgewachsen war. Er war so wild und
unnachgiebig wie die Leoparden, mit denen er gejagt hatte. Er tötete, ohne
etwas dabei zu empfinden, ohne Freude oder Bosheit, aber auch ohne Reue. Er
tötete, wenn es ihm notwendig erschien, und blickte niemals zurück.
Tempest gehörte zu ihm. Zwar
verstand Darius nicht, wie so etwas geschehen konnte, doch diese sterbliche
Frau war seine zweite Hälfte. Ihre Seele war das vollkommene Gegenstück zu der
seinen. Er wusste, dass ihr Körper wie für ihn geschaffen war, dass er in ihr dieselbe
Leidenschaft erwecken konnte, die in ihm loderte.
Schlaf jetzt, Kleines, du
wirst keine schlechten Träume mehr haben. Ich werde über dich wachen. Er flüsterte die Worte in
ihren Gedanken, während er ihr gleichzeitig die Eindrücke wunderschöner Träume
sandte - die Erinnerung an seine Kindheit. Die Schönheit der Savanne, die
Geheimnisse des Monsuns, die Vielfalt von Farben und Tieren. Darius erinnerte
sich an seine aufregende erste Jagd mit den Leoparden. Er hatte versucht, sich
vom Ast eines Baumes fallen zu lassen, wie er es bei den älteren Tieren
beobachtet hatte, war jedoch mehrere Meter von seinem Beutetier entfernt
gelandet, dass selbstverständlich sofort davongejagt war. Die Erinnerung
amüsierte Darius, und auch Tempest lächelte im Schlaf.
Er schloss seine Hand um die
ihre. Wasserfälle, die atemberaubenden, schäumenden Wassermassen, die hunderte
von Metern in die Tiefe stürzten. Krokodile, Antilopen. Eine Löwenherde. Mit
jeder Erinnerung kamen auch die Gerüche und anderen Sinneseindrücke zu ihm zurück.
All diese Dinge teilte er mit Tempest und lenkte sie von den schrecklichen Erlebnissen
des Tages ab, indem er ihren Albtraum durch wunderschöne Bilder ersetzte.
Du bist ein erstaunlicher Mann, Darius.
Darius erstarrte. Nicht ein
einziger Muskel regte sich in seinem Körper. Er hörte selbst auf zu atmen.
Eingehend betrachtete er Tempests Gesicht. Sie hatte auf telepathischem Wege
mit ihm gesprochen. Es war nicht derselbe Pfad, den seine Familie benutzte,
sondern ein anderer, der viel intimer zu sein schien. Doch es war ihre Stimme
gewesen, da gab es keinen Zweifel. Selbst in ihrem hypnotischen Tiefschlaf
wusste Tempest, dass er in ihrem Geist war. Es war schier unglaublich, dass
eine Sterbliche über derartige Fähigkeiten verfügte.
Wieder las Darius in ihren
Gedanken. Tempest dachte völlig anders als alle anderen Sterblichen, die Darius
kannte. Es faszinierte ihn. Ihr Geist war so vielschichtig, verfügte über so
viele Facetten. Vielleicht hatte er sie doch unterschätzt.
Kannst du mich hören?, fragte er.
Willst du denn nicht, dass
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