Gefährliches Doppel - Duisburg-Krimi
etwas Kaltes oder einen heißen Kaffee?«
»Kaffee, wenn es Ihnen nicht zu viele Umstände macht.«
Sie verließ das Wohnzimmer, und seine Stimmung sank. Vielleicht hantierte sie jetzt nur in der Küche, um sich die Antworten noch einmal genau zu überlegen. Womöglich fühlte sie sich ihrem alten Arbeitgeber gegenüber immer noch verpflichtet. Dann konnte er kaum erwarten, dass sie ihm brauchbare Informationen lieferte. Besser er hätte auf den Kaffee verzichtet.
Als sie wenig später mit einem Tablett zurückkehrte, wirkte ihr Lächeln eine Spur verkrampft. »Milch und Zucker?«, fragte sie.
»Nur Milch bitte.«
Nachdem sie ihn bedient hatte, nahm sie wieder ihm gegenüber Platz. Nervös rührte sie in ihrer Kaffeetasse herum. Auch dann noch, als der Zucker längst aufgelöst war.
»Sie bringen mich in eine prekäre Lage«, bemerkte sie schließ lich. »Am besten erkläre ich Ihnen gleich, dass ich niemals vor Gericht aussagen würde. Aber wahrscheinlich ist die Angelegenheit sowieso verjährt. Mein Schwiegersohn, der selbst Chefarzt ist, würde mir das niemals verzeihen. Sicher kennen Sie den Spruch mit der Krähe. Jedenfalls betrachtet er alles aus dem Blickwinkel des Arztes und nicht aus dem einer kleinen MTA.«
»Mir geht es nicht um ein Gerichtsverfahren«, erwiderte Pielkötter schnell. »Mein Interesse ist eher privater Natur.«
»Dann überzeugen Sie mich davon«, entgegnete Hannelore Schwiderski ernst. »Aber erst einmal trinken Sie Ihren Kaffee, solange er noch heiß ist.«
Während sie zusammen die Kristallschale mit den Plätzchen leerten und die Krümel mit starkem Kaffee hinunterspülten, erzählte er von Vanessa Martini, Heinz Janning und seinem Besuch in der Klinik.
»Ich vertraue Ihnen«, erklärte sie, nachdem er geendet hatte. »Aber Sie müssen versprechen, dass nichts an die Öffentlichkeit dringt.«
»Sie haben mein Wort.«
»Also, ich habe ziemlich schnell geahnt, dass in der Klinik etwas nicht stimmte«, begann Frau Schwiderski. »Auch wenn die künstliche Befruchtung damals noch eine kleine Sensation darstellte, war diese ganze Geheimniskrämerei in der Klinik doch sehr merkwürdig, verstehen Sie? Übrigens war ich sogar irgendwie stolz, daran teilhaben zu dürfen. Immerhin verhalfen wir kinderlosen Paaren zum ersehnten Nachwuchs. Was mich nur störte, war die enorme Summe, die die verzweifelten Ehepaare hinblättern mussten. Pech für den, der das Geld nicht hatte. Erst später begriff ich das ganze Ausmaß der Profitgier. Doktor Schönborn hat sich nämlich nicht mit dem üblichen Ablauf begnügt. Sie kennen das sicher. Nach einer Hormonbehandlung werden den Eierstöcken der Patientin mehrere reife Eizellen entnommen. Anschließend werden sie außerhalb des Körpers mit dem Samen des Partners befruchtet. Einige Tage nach der erfolgreichen Befruchtung pflanzt man die Embryonen in die Gebärmutter ein.«
»Womit hat Doktor Schönborn den üblichen Ablauf denn geän dert?«, fragte Pielkötter sichtlich angespannt.
»Daran möchte ich am liebsten gar nicht mehr erinnert werden.« An ihrem Hals bildeten sich rote Flecken. »Egal. Schönborn hat, also ... er hat die Embryonen nicht nur der leiblichen Mutter eingepflanzt.«
»Auch Leihmüttern?«
»Nein, nein. Sie verstehen nicht. Er hat einfach zeugungsunfähigen Eltern fremde Embryonen eingepflanzt. Also Embryonen anderer Eltern. Das Schlimmste aber daran war, dass weder die einen noch die anderen davon wussten.«
»Nicht einmal die zeugungsunfähigen Eltern?«
»Nein. Auch sie hat er nicht aufgeklärt. Wahrscheinlich war mit einem angeblich eigenen Kind mehr Geld zu kassieren. Außerdem müssen Sie sich den Ruhm vorstellen. In der Regel kamen die Leute erst zu ihm, nachdem sie überall schlechte Nachrichten vernommen hatten. Stellen Sie sich das vor: Doktor Schönborn war der Erste, der ihnen Zeugungsfähigkeit bescheinigte. Darüber hinaus bewies er seine Diagnose auch noch mit dem ersehnten Nachwuchs. Aus verständlichem Grund haben ihn die Leute unendlich verehrt.«
»Und wie oft kam das vor?«, fragte Pielkötter. »Ich meine, wie viele Kinder sind von der falschen Mutter ausgetragen worden?«
»Dazu kann ich keine genauen Angaben machen. Vielleicht ein halbes Dutzend? Vielleicht auch weniger.«
»Gab es nicht so viele Anwärter?«
»Oh doch. Die Probleme lagen an anderer Stelle. Bei der künstlichen Befruchtung gibt es eine hohe Versagerquote. Oft entstanden nicht einmal genug brauchbare Embryonen für die
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