Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
Road.
    »Ja!«
    »Hat er gesagt, wohin?«
    »Nein. Nahm das Sandwich und ging weiter. Ist nicht stehen geblieben, um zu reden, was er manchmal tut. Schätze, er war zu jemandem unterwegs, dem es wirklich schlecht ging.«
    »Ja, wahrscheinlich. Vielen Dank.« Monk ging davon. Natürlich würde er mit dem Kastanienverkäufer reden müssen, aber er war sich bereits sicher, was er heraus- finden würde.
    Die Beerdigung von Sarah Mackeson wurde in einer kleinen Kirche in Pentonville abgehalten. Es war eine sehr ruhige, regelrecht hastig abgehaltene Zeremonie, eine reine Formalität. Man tat dem Anstand Genüge, um hinterher sagen zu können, man habe seine Pflicht getan. Die Tote lag in einem einfachen Holzsarg, aber er war aus Kiefernholz, und Monk überlegte, ob Argo Allardyce ihn bezahlt hatte, obwohl dieser nicht zugegen war.
    Er sah sich in den fast leeren Kirchenbänken um und erblickte eine Frau mittleren Alters in einem einfachen schwarzen Mantel und einem graubraunen Hut. Mrs. Clark. Sie sah verweint aus. Sonst war niemand da, bis auf Runcorn, der hinten stand und wütend und verlegen aussah, als er Monks Blick begegnete. Er schaute schnell weg, als hätten sie sich nicht gesehen.
    Was machte er hier? Hatte er sich wirklich eingebildet, ihr Mörder würde zur Beerdigung kommen? Aus welchem Grund auch immer? Reue? Nur, wenn es Allardyce gewe- sen wäre, und dessen Anwesenheit würde nichts beweisen. Er hatte sie in den letzten drei oder vier Jahren als Modell beschäftigt, sie unzählige Male gemalt. Elissa Beck und sie waren wie sonst niemand mit seiner Kunst verwoben.
    Warum war er nicht hier? Litt er zu sehr oder kümmerte es ihn nicht? Stand Runcorn mit gesenktem Kopf und düsterer Miene so ruhig hinten in der Kirche, weil es ihn kümmerte? Monk blickte ihn noch einmal an, und als Runcorn sich seiner bewusst wurde, wandte er sich ab und konzentrierte sich auf den Pfarrer und die kurze Liturgie.
    Der Geistliche klang, als würde er einfach etwas rezitieren, was er auswendig gelernt hatte, seine Pflicht erfüllen, um danach etwas anderes tun zu können. Seine Lobrede war anonym. Er hatte die Frau nicht gekannt, und was er sagte, hätte auf jede Frau gepasst, die unerwartet gestorben war.
    Monk verübelte ihm seine mangelnde Sorgfalt mit einer Bitterkeit, die er sich nicht erklären konnte. Dann kam ihm der Gedanke, dass er, wenn er bei dem Kutschenunfall, der ihn jeglicher Erinnerungen beraubt hatte, gestorben wäre, womöglich genauso lieblos beerdigt worden wäre. Auch um ihn hätte niemand getrauert, und die Trauerrede wäre als öffentliche Pflicht von jemandem gehalten worden, der sich nicht um ihn kümmerte und sich nicht die Zeit genommen oder die Mühe gemacht hätte, mehr herauszufinden als seinen Namen.
    In dem Augenblick beschloss Monk, auch mit zum Grab zu gehen. Er vergeudete dadurch Zeit, in der er nach weiteren Beweisen für Kristians Wege an jenem Abend hätte suchen können. Vielleicht fand er etwas, was bewies, dass der Chirurg so weit von der Acton Street entfernt gewesen war, dass er unmöglich schuldig sein konnte. Trotz dieser Gedanken folgte Monk der kleinen Prozession aus der Kirche hinaus und die Straße entlang auf den Friedhof.
    Auf dem schmalen Weg zwischen den Grabsteinen war es unmöglich, nicht neben Runcorn zu stehen. Was auch immer ihn in die Kirche verschlagen hatte, hierher konnte er nur gekommen sein, weil es ihn persönlich berührte. Er stand da und starrte auf die offene Grube in der Erde, ohne Monk anzublicken. Er sah immer noch aus, als wäre er wütend, dass er hier erwischt worden war, und doch zu eigensinnig, um sich davon abbringen zu lassen.
    Monk sträubte sich gegen den Gedanken, dass er
    womöglich die gleiche Mischung aus Mitleid und Groll für Sarah empfand wie er selbst. Er und Runcorn waren sich nicht ähnlich! Sie standen Seite an Seite, blickten geflissentlich aneinander vorbei und waren sich der kühlen, nassen Erde unter ihren Füßen ebenso bewusst wie der dunklen Grube vor ihnen, der feierlichen Worte, in denen Leidenschaft und Trost hätten mitklingen sollen, wenn sie mit Gefühl gesprochen worden wären, und der einsamen Gestalt von Mrs. Clark, die schniefte und mit einem durchweichten Taschentuch ihre Augen betupfte.
    Als es vorbei war, warf Monk einen Blick auf Runcorn, der kurz nickte, als wären sie Bekannte, die sich zufällig trafen und weitereilten.
    Monk verließ ein paar Minuten nach ihm den Friedhof und eilte in Richtung der Gray’s Inn

Weitere Kostenlose Bücher