Gefährliches Geheimnis
Pendreighs ungeteilte Aufmerksamkeit, seine Augen waren auf sie gerichtet. »Was hat er herausge- funden, Lady Callandra? Bitte seien Sie offen und ehrlich zu mir. Elissa war meine Tochter; ich muss die ganze Wahrheit erfahren.«
»Natürlich. Ich bitte um Verzeihung, wenn ich mich so anhöre, als wollte ich Ausflüchte machen«, sagte sie aufrichtig. »Ich glaube keinen Augenblick, dass Dr. Beck irgendwelche Schuld daran hat, aber da er ihr Mann war, wird die Polizei ihn zu den Verdächtigen zählen.«
»Das ist eine bedauerliche Anmerkung über die menschliche Natur«, sagte Pendreigh mit einem leichten Zittern in der Stimme, »und noch mehr über den Stand der Ehe. Aber ich nehme an, es stimmt.« Er beugte sich, ohne seinen Tee zu beachten, ein wenig über den Tisch. Es war eine Meisterleistung an Eleganz, dass er dies fertig brachte, ohne unbeholfen zu wirken, denn er war sehr groß und seine Knie befanden sich auf Höhe der Tischplatte.
»Bitte, versuchen Sie nicht, meine Gefühle zu schonen, Lady Callandra.« Er versuchte zu lächeln, was ihm nicht gelang. Es war eine verzerrte Grimasse des Schmerzes.
»Ich glaube nicht, dass mein Schwiegersohn schuldig ist, denn ich kenne ihn schließlich seit vielen Jahren. Aber warum glauben Sie nicht an seine Schuld?«
Sie holte tief Luft, um wahrheitsgemäß zu antworten, dann erkannte sie die Gefahr, nicht nur für sich, sondern auch für Kristian.
»Weil ich seine Arbeit im Krankenhaus gesehen habe«, sagte sie stattdessen. »Aber das ist nur meine persönliche
Meinung, die bei der Polizei oder sonst irgendjemandem kein Gewicht haben wird. Ich hatte gehofft, Mr. Monk würde jemanden mit einem starken Motiv finden und vielleicht einige Beweise, um ihn mit dem Verbrechen in Verbindung zu bringen, aber bis heute hat er nichts entdeckt. Ich bin allerdings auf etwas anderes gestoßen.« Sie erzählte ihm nur ungern von Elissas Glücksspiel. Sie war sich fast sicher, dass er es nicht wusste, zumindest nicht das ganze Ausmaß ihrer Sucht.
Pendreigh stellte seine Tasse ab und schob sie ein klein wenig mehr in die Mitte des Tisches. Seine Hand zitterte unmerklich.
»Es scheint mir ziemlich offensichtlich zu sein, dass der Anschlag eigentlich dem Modell galt und Elissa einfach das Pech hatte, Zeugin des Verbrechens zu werden. Das ist doch sicher die Spur, die die Polizei verfolgt? Dass sie Kristian in Betracht ziehen, kann doch nicht mehr sein als eine Formalität.«
»Ich nehme an. Dennoch würde ich es vorziehen, diesen
Einwand vorwegnehmen zu können«, antwortete sie.
»Und was genau hat Mr. Monk herausgefunden?«, fragte er.
Das war der Augenblick, dem sie nicht ausweichen konnte. »Das Mrs. Beck gespielt hat«, antwortete sie und beobachtete seine Miene. »Und dass sie sehr viel verloren hat.« Sie sah, dass seine Augen größer wurden und etwas in ihm zusammenzuckte, aber so tief, dass es mehr als Schatten, denn tatsächlich als Bewegung zu sehen war. Aber in diesem Augenblick war sie sich sicher, dass er es nicht gewusst hatte. Kein Mensch konnte so gut lügen, dass ihm alle Farbe aus dem Gesicht wich, dass er so viel inneren Schmerz ausdrückte, ohne sich zu rühren. »Ich … ich wünschte, ich hätte Ihnen das nicht sagen müssen«,
stolperte sie weiter. »Aber die Polizei weiß davon, und ich fürchte, dies gibt ein sehr starkes Motiv. Viele Männer haben aus weniger gewichtigen Gründen gemordet, als den Ruin abzuwenden. Mir kam der Gedanke, ob sie sich vielleicht vor lauter Verzweiflung wegen der Schulden einen Feind gemacht hat …« Sie atmete tief ein.
»Irgendwie …« Verstand er genug, damit sie das hässliche
Bild nicht noch deutlicher zeichnen musste?
Pendreigh sagte nichts. Er wirkte zu verblüfft, um antworten zu können. Er starrte in die Ferne, durch sie hindurch, als sehe er Geister, zerbrochene Träume, geliebte Dinge, die ihm geraubt worden waren.
»Aber ich habe sie im letzten Jahr, seit ich nach London gezogen bin, regelmäßig gesehen!«, widersprach er in dem Versuch, die Wahrheit von sich zu weisen. »Sie war genau- so gut gekleidet wie immer und machte nicht den Eindruck, in irgendwelchen … Schwierigkeiten zu stecken!«
Callandra wünschte, sie hätte die Sache nicht weiter erörtern müssen und hätte noch Hoffnung haben können, aber es gab keine, die im harten Tageslicht Bestand gehabt hätte. »Sie wird Sie dann besucht haben, wenn sie eine Gewinnphase hatte«, erklärte sie. »Mit Geschick und Phantasie kann man gut
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