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Gefährliches Geheimnis

Gefährliches Geheimnis

Titel: Gefährliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Boden.«
    Runcorn sagte nichts, und wieder füllte Schweigen den
    Raum.
    »Das Ohr hat geblutet«, sagte Monk nach einer Weile,
    »also wissen wir, dass der Ohrring bei einem Kampf abgerissen wurde.«
    Runcorn erhob sich und sah an Monk vorbei auf den
    Regen, der an den Fensterscheiben herunterrann.
    »Möchten Sie noch einmal in die Acton Street gehen?«, fragte er. »Wir können es noch einmal versuchen. Wenn wir beweisen könnten, dass Sarah Mackeson zuerst gestorben ist, würde das alles ändern.«
    Auch Monk stand auf. »Es ist einen Versuch wert. Wir können Allardyce fragen, wie oft und wann er Max Niemann gesehen hat.«
    »Glauben Sie, er könnte was damit zu tun haben?«, fragte Runcorn hoffnungsvoll. »Streit unter Liebenden? Was nichts mit dem Doktor zu tun hat?« Seine Stimme wurde leiser. Wenn Elissa und Max Niemann ein Liebespaar gewesen waren, dann hatte Kristian ein noch stärkeres Motiv. Und Kristian hatte in Bezug auf die Frage, wo er gewesen war, gelogen, wenn auch unabsichtlich.
    Aber dann hatte auch Niemann Kristian angelogen, durch Unterlassung, indem er ihn hatte glauben lassen, die Beerdigung sei seit Jahren die erste Gelegenheit, zu der er in London war.
    »Können Sie Leute beauftragen, herauszufinden, wo Niemann gewohnt hat?«, fragte Monk und nahm seinen Mantel vom Haken.
    »Wenn er jedes Mal im gleichen Hotel gewohnt hat, können wir ermitteln, wie oft er hier war.«
    »Sie glauben, er hat ihre Schulden beglichen?«, fragte Runcorn schnell. Sein Gesicht war ganz verkniffen vor Unglück. »Vielleicht um einen Preis?«
    »Sie wäre nicht die erste Frau, die das Gefühl hatte, sie müsste sich verkaufen, um ihre Schulden zu begleichen«, meinte Monk, ging zur Tür und machte sie auf. Der Gedanke widerte ihn an, aber es war sinnlos, die Möglich- keit zu leugnen. Als sie am Empfang vorbeigingen, gab
    Runcorn dem Sergeant Anweisungen, Männer auszu- schicken, die in den Hotels nach Niemann forschen sollten.
    Monk und Runcorn setzten sich in Richtung Acton Street in Bewegung, sie wollten unterwegs einen Hansom anhalten, aber sie waren bereits nur noch weniger als zweihundert Meter von Allardyces Atelier entfernt, als sie einen entdeckten, der frei war. Es lohnte die Mühe und das Fahrgeld nicht. Runcorn zuckte empört die Schultern und winkte ihn weg.
    Allardyce war beschäftigt und ärgerte sich über ihr Erscheinen, aber er hütete sich, ihnen den Zugang zu verwehren.
    »Um was geht’s heute?«, fragte er ärgerlich.
    Runcorn ging ins Atelier und sah sich um. Von seinem Mantel tropfte Regenwasser auf den Fußboden. Allardyce arbeitete an einem Bild auf der Staffelei; sein Hemd war da, wo er sich die Hände abgewischt hatte, mit Farbe verschmiert.
    »Sie haben uns erzählt, Sie hätten Niemann ein paar Mal mit Mrs. Beck gesehen«, fing Monk an, »vor der Nacht, in der sie umgebracht wurde.«
    »Ja. Sie waren befreundet. Ich sah sie nie streiten.« Allardyce sah ihn herausfordernd an, der Blick seiner blauen Augen war klar und hart.
    »Wie oft insgesamt, damals oder früher?«
    »Früher?«
    »Sie haben meine Frage gehört. Kam er nur einmal aus
    Wien oder mehrmals?«
    »Zwei oder drei Mal, soweit ich weiß.«
    »Wann?«
    »Ich erinnere mich nicht.« Allardyce zuckte die
    Schultern. »Einmal im Frühling, einmal im Sommer.«
    »Sie haben umgeräumt!«, sagte Runcorn anklagend und zog an dem Sofa. »Es stand da drüben!«
    Allardyce warf ihm einen wütenden Blick zu. »Ich muss hier leben!«, sagte er bitter. »Glauben Sie, ich wollte es genauso wie vorher? Ich brauche das Licht. Und egal, wo ich wohne, die Erinnerungen werde ich nicht los. Ich kann die Frauen nicht wieder lebendig machen, aber ich muss es nicht so lassen, wie es vorher war. Ich kann das verdammte Sofa und die Teppiche dahin tun, wo ich will.«
    »Stellen Sie das Sofa zurück«, befahl Runcorn ihm.
    »Zum Teufel mit Ihnen!«, erwiderte Allardyce.
    »Nur eine Minute!« Monk trat vor und wäre fast mit Runcorn zusammengestoßen. »Wir können rekonstruieren, wo die Leichen lagen. Orientieren Sie sich an den Kanten der Fenster, sie sind noch da, wo sie waren.« Er sah Allardyce an. »Legen Sie die Teppiche dorthin, wo sie gelegen hatten – sofort!«
    Allardyce rührte sich nicht. »Wozu? Was haben Sie gefunden?«
    »Noch nichts. Es ist nur eine Idee. Wissen Sie, welche der Frauen zuerst umgebracht wurde?«
    »Nein, natürlich nicht …« Allardyce unterbrach sich, als ihm klar wurde, worauf Monk hinauswollte. »Sie glauben,

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