Gefährliches Spiel der Versuchung
zuckte zusammen, drehte das Gesicht der Schiffswand zu und versank tief in den Dämmer unbeständiger Träume.
Shannon warf einen Blick auf den schlafenden Russen. Das blonde Haar durchzogen von Salz und Schweiß, das Kinn mit Bartstoppeln bedeckt, die im Licht der Lampe golden glitzerten. Wie feurige Fünkchen. Wie konnte ein Mann in seinem Zustand nur so teuflisch gut aussehen, während sie ...
Das Spiegelbild im polierten Messing zeigte, dass sie aussah, als wäre sie direkt der Hölle entstiegen.
Spöttisch schürzte sie die Lippen. Denn er sah so makellos aus, als hätte ein Künstler ihn gemalt. Perfekt. Eine vergoldete Ikone. Obwohl sie nur zu gut wusste, dass er alles andere als ein Heiliger war.
In der Tat, er ist nichts anderes als Luzifer persönlich!, mahnte sie sich streng. Ein Höllenprediger aus dem Jenseits, der Gift und Galle spuckte. Es wäre ein Kardinalfehler, ihn in einem anderen Licht zu sehen.
Orlov schlug die Augen auf.
Peinlich berührt, dabei erwischt worden zu sein, ihn anzustarren, zwang Shannon sich, die Stirn zu runzeln. »Endlich wach?« Sie fummelte mit der Wasserflasche herum. »Hier. Sie müssen sehr durstig sein.«
»Wie freundlich«, murmelte Orlov. »Ungeachtet dessen würde ich einen Portwein vorziehen. Am liebsten einen zehnjährigen Tawny, wenn möglich mit einem Stück Blauschimmelkäse.«
Shannon versuchte, sich nicht im ausgesprochen sinnlichen Schwung seines Mundes zu verlieren oder in den dichten Wimpern, die ihm über die Augen hingen. »Sparen Sie sich Ihren Sarkasmus, Sir.« Sie strich sich eine Locke aus dem Gesicht, während sie zögerte, sich einzugestehen, dass sein trockener Humor recht amüsant war. »Ich bin nicht in Stimmung.«
Orlov ließ den Blick durch die enge Kajüte schweifen. »Bitte verzeihen Sie. Es scheint, als habe meine unerwartete Anwesenheit an Bord des Schiffes Sie in eine unbequeme Lage gebracht.«
»Sie pflegen genau dort aufzutauchen, wo man Sie am wenigsten gebrauchen kann, Mr. Orlov. Was die Frage aufwirft, warum Sie sich ausgerechnet eine solch abgelegene Festung für Ihren Diebstahl ausgesucht haben.«
Sein Blick wirkte verschlossen. »Mir war zu Ohren gekommen, dass O'Malley dort einen ganz besonderen Schatz verbirgt. Wie Sie sehen, hatte ich nicht ganz unrecht.«
»Sie haben beinahe mit dem Leben dafür bezahlt.«
»Das größte Risiko verspricht den größten Lohn.«
Shannon hatte nicht die Absicht, sich durch seine geschmeidige Parade den Schneid abkaufen zu lassen. »Wie wahr. Nichtsdestotrotz ist es recht seltsam, dass Sie wie durch ein Wunder immer genau an den Orten auftauchen, deren verborgene Schätze nicht allgemein bekannt sind.«
Orlov verbarg sich im Schatten. »Nicht ganz. Ich habe es zu meinem Beruf gemacht, nach solchen Gelegenheiten zu suchen.«
»Um welchen Beruf handelt es sich, Mr. Orlov?«
»Ich bin wie Sie, golubuschka. Ich habe meine Geheimnisse.«
»Es ist kein Geheimnis, dass Sie ein Dieb sind. Und es geht das Gerücht, dass Sie an Ihren unrechtmäßigen Erwerbungen unverschämt gut verdienen.«
Orlov gab vor, verletzt zu sein. »Dem Earl of Kirtland hat sich eine günstige Gelegenheit geboten. Wären die Bücher, über die Sie sprechen, auf der Auktion feilgeboten worden, hätte er sehr viel mehr zahlen müssen.«
»Sie gehörten nicht Ihnen. Sie hatten kein Recht, sie anzubieten.«
»Wir sollten uns nicht mit moralischen Feinsinnigkeiten aufhalten. Einem anderen Sammler hätte ich sie zu einem weit höheren Preis anbieten können.«
»Warum haben Sie es nicht getan?«
»Befinde ich mich etwa in einem Verhör?« Mit dem Blick folgte er ihren Bewegungen, während sie nach einem Messer griff. »Oder vielleicht bei der Inquisition?«
»Der Verband muss regelmäßig gewechselt werden, um Infektionen zu vermeiden.« Shannon begann, den Stoff aufzuschneiden, bemühte sich, das nackte Fleisch nicht zu berühren. Es blieb allerdings eine beunruhigende Tatsache, dass seine schlagfertigen Erwiderungen sie ebenso anzogen wie die wohlgeformten Muskeln.
Orlov schien ihre Unbehaglichkeit zu spüren und lächelte. »Wie ungehobelt von mir, Ihre Geduld und Ihre Freundlichkeit zu strapazieren. Sie sind wirklich ein Engel der Barmherzigkeit, golubuschka. Ich bete dafür, dass ich es Ihnen eines Tages vergelten kann.«
»Du liebe Güte, ich hoffe inständig, dass es nicht so kommen wird.« Shannon verfiel in gereiztes Schweigen. Rasch brachte sie frisches Basilikumpulver auf und zurrte eine neue Lage
Weitere Kostenlose Bücher