Gefährliches Spiel der Versuchung
infrage stellen. Aber wenn Sie einen leidenschaftslosen Blick auf die Angelegenheit werfen, werden Sie sich eingestehen müssen, dass es sinnvoller ist, wenn ich mich draußen herumtreibe. Beide Aufgaben sind gleichermaßen wichtig.« Er hielt inne. »Wenn wir diese Mission zum Erfolg führen wollen, müssen wir eng zusammenarbeiten.«
Shannon wünschte sich, seine Vernunftgründe widerlegen zu können. Aber ihr wollte beim besten Willen nichts einfallen. »Einverstanden. Aber wir sollten einen Zeitraum für die Überwachung verabreden. Eine Stunde müsste ausreichen. Falls Sie bis dahin nicht zurückgekehrt sind, muss ich mit dem Schlimmsten rechnen und nach einem unserer Ausweichpläne handeln.«
»Falls ich von meiner Erkundung nicht zurückkehre, werden Sie den Teufel tun und den Helden spielen. Dann werden Sie sich Lady Octavia und die Kinder schnappen, sich in die Kutsche setzen und wie der Blitz zum Gasthaus in Dornoch rasen.« Orlov ergriff ihren Arm, leicht nur, aber Shannon war sich des kraftvollen Pulses in seinen Fingerspitzen durchaus bewusst. Die ständige Berührung aufgerauten Stahls hatte sie trotz der eleganten Oberfläche hart werden lassen. »Ich bin ganz ausgezeichnet in dem, was ich anpacke, golubuschka. Auch wenn Sie einen anderen Eindruck gewonnen haben.«
»Ich vertraue darauf, dass es so ist.« Vertrauen. Lynsleys Wort geisterte ihr durch den Kopf, mahnte sie frostig daran, stets auf der Hut zu sein.
»Es ist so.« Orlov ließ sie los und drehte sich zur Halle, bewegte sich leise und rasch. Ein paar Sekunden später war er nicht mehr als ein trüber Klecks in der Dunkelheit.
Shannon verschränkte die Arme. Eine Gänsehaut rann ihr über den Rücken. Die Vorhänge wehten, als wollten sie das seltsame Schaudern auf ihrem Rücken spiegeln. Plötzlich war sie froh, dass er ihr nicht nachstellte.
Welche Fehler auch immer er haben mochte - und sie waren überaus zahlreich - Orlov gab immer noch einen formidablen Gegner ab.
Mano a mano, Hand in Hand. Getrennt marschieren, vereint zuschlagen.
Shannon hoffte, dass es nicht noch einmal darauf hinauslaufen würde.
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12. Kapitel
O rlov warf einen Blick auf Prescotts Schreibübungen. »Ausgezeichnet. Deine Handschrift ist schon recht ordentlich.« Ein paar Sonnenstrahlen tanzten über die Seite. »Wir werden zu einem längeren Abschnitt übergehen. Aber erst morgen.« Er schraubte das Tintenfass zu. »Ich denke, für heute haben wir genügend Unterricht gehabt. Hast du vielleicht Lust, dich an lebhafteren Beschäftigung zu erproben?«
In Windeseile stellte der Junge die Bücher zurück ins Regal.
Lachend schob Orlov den Kasten mit den Federhaltern und Linealen neben den gefirnissten Globus und folgte seinem Schüler hinaus in den Garten.
»Lernen wir jetzt, uns mit Entermessern zu duellieren wie Piraten?«, fragte Prescott eifrig.
»Nicht sofort, Captain Blackbeard. Denn wir sind ja aufs Land geworfen und sollten uns zuerst in anderen Fähigkeiten schulen.« Er bemerkte, wie enttäuscht der Junge dreinblickte, und fügte eilig hinzu: »Boxen und Reiten kommen dir sehr zugute, wenn du an Land auf Raubzug gehst.«
Der Gedanke schien Prescotts Stimmung beträchtlich zu heben. »Aye, aye, Sir. Wo sollen wir anfangen?«
Orlov erläuterte das Ertüchtigungsprogramm. Natürlich steckten andere Beweggründe hinter den Spielen, die er geplant hatte: Es konnte nicht schaden, die Kinder beizeiten in die Grundlagen der Selbstverteidigung einzuweisen. Ein unerwarteter Zug, eine plötzliche Drehung oder ein Ausrutscher könnte selbst für einen geübten Mörder wie D'Etienne überraschend kommen, ja, könnte sogar den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.
Orlov zog den Mantel aus und zeigte ein paar Gleichgewichtsübungen, bevor er demonstrierte, wie man einen Fausthieb vollführte. »So musst du deine Hand halten, Master Prescott.« Er streckte die Faust nach oben. »Und mit den Knöcheln stoßen. Hier und hier. So fest, wie du kannst.« Er straffte sich wieder. »Und jetzt bist du dran.«
»Etwa so, Sir?« Prescotts Schlag landete umstandslos im Ziel.
»Exakt«, keuchte Orlov, »versuch es noch mal. Es ist ein guter Trick, den man kennen sollte, sobald ein Fremder versucht, sagen wir mal, dich zu schnappen.«
»Wie du siehst, Emma, es ist recht wirkungsvoll, sogar wenn der Gegner viel größer ist.« Shannon war mit ihrer Schülerin aus dem Schatten der
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