Gefaehrliches Verlangen
ankarren lassen. Marc war ziemlich beeindruckt, glaube ich.«
»Marc? Von Leo beeindruckt?« Ich hebe eine Braue. »Das wäre ja ein ziemlich krasser Sinneswandel.«
»Ich glaube, Marc hat mittlerweile begriffen, dass er und Leo am selben Strang ziehen, was dein Wohlergehen betrifft.«
»Moment mal.« Wieder mache ich Anstalten, mich aufzusetzen, was Jen jedoch mit einem strengen Blick unterbindet. »Waren sie etwa beide hier?«
»Ja.« Jen platziert Sammy auf ihrer anderen Hüfte. »Alle beide. Wie gesagt, Marc war außer sich vor Sorge und drauf und dran, eure Vereinbarung in den Wind zu schreiben, aber dann hat er sich besonnen und ist stark geblieben. Und Leo … er hat Adressen von Homöopathen und Akupunktur-Spezialisten gemailt und alles Mögliche recherchiert, was dir helfen könnte. Er ist ein echter Schatz. So süß!«
»Ja, er ist … Jen? Du schwärmst ja regelrecht von ihm.«
»Wirklich? Na ja, wir haben uns lange unterhalten und uns sehr gut verstanden …«
»Das wundert mich nicht. Weiß Dad, dass Marc einen Krankenwagen gerufen und dafür gesorgt hat, dass ich nach Hause gebracht werde?«
»Ja.« Sie hält inne. »Ich glaube, das hat ihn seine Meinung über ihn noch einmal überdenken lassen. Inzwischen erkennt er wohl, wie sehr du Marc am Herzen liegst.«
Erschrocken fahre ich hoch. » O Gott, wie spät ist es? Ich habe heute Abend Vorstellung.«
»Schon gut, Sophia. Davina weiß inzwischen, dass du krank bist, und lässt die Vorstellung ein paar Tage ausfallen. Das ist kein Problem.«
»Aber …«
»Keine Widerrede. Du bleibst ein paar Tage im Bett, Anweisung des Arztes. Wenn nicht, riskierst du einen Rückfall und kannst die Show überhaupt nicht zu Ende bringen.«
»Aber ich kann die Leute doch nicht im Stich lassen.«
»Ich weiß, doch im Moment gibt es keine andere Möglichkeit. Alle verstehen das. So, ich mache mit Sammy jetzt einen kleinen Spaziergang, bevor ich ihn hinlege. Er ist schon ganz zappelig. Rodney ist hier, und dein Dad auch. Bestimmt freut er sich, dass du wach bist.«
Ich gähne. »Wie spät ist es, Jen?«
»Sechs Uhr. Hast du Hunger? Wie gesagt, unten gibt es massenhaft zu essen.«
»Schon gut, ich gehe schon …«
»Nein, das tust du nicht. Rodney bringt dir etwas hoch.«
❧ 67
D en folgenden Tag verbringe ich im Bett und sehe zu, wie der Frühling allmählich Einzug hält. Es ist ein seltsames Gefühl, mich nur auszuruhen. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich das jemals zuvor getan hätte. Aber die Ärzte und alle anderen lassen sich nicht erweichen, also höre ich auf sie.
Am Nachmittag des zweiten Tages schleiche ich auf wackligen Knien die Treppe hinunter und gehe in die Küche.
Jen ist mit Sammy spazieren, Dad bei der Arbeit, daher bin ich allein mit Rodney.
»Na, wie geht es unserer Patientin?«, erkundigt er sich.
»Ganz gut. Ich wünschte nur, ich könnte mit Marc reden. Ihm sagen, dass es mir schon besser geht.« Barfuß tappe ich über den Linoleumboden.
»Wie kommen Sie mit der Trennung klar?«
»Überhaupt nicht. Es ist grauenhaft.« Lächelnd greife ich nach dem Wasserkessel. »Aber jetzt dauert es ja nicht mehr lange. Tee?«
» Sie setzen sich brav hin, und ich mache den Tee.«
»Na gut.« Widerstrebend setze ich mich an den Küchentisch.
»Also.« Rodney füllt den Kessel. »Wie lange müssen Sie noch durchhalten … eine gute Woche, stimmt’s?«
»So etwa.«
»Er vermisst Sie.«
»Das möchte ich doch hoffen.«
»Ich habe ihn noch nie so erlebt.« Rodney lächelt mich an. »Sie haben ihn verändert. Zum Besseren. Aber dadurch leidet er jetzt auch.«
»Ich will nicht, dass er leidet.« Ich sehe zu, wie Rodney Wasser über die Teebeutel in den beiden Bechern gießt.
»Nein, natürlich wollen Sie das nicht.«
»Ich wünschte, ich könnte bei ihm sein.«
»Bald. Die letzte Woche wird wie im Flug vergehen.«
»Das hoffe ich.«
Aber die Zeit vergeht nicht wie im Flug, sondern eher wie eine Eisenkugel, die ich mühsam hinter mir herschleppe.
Nach drei Tagen bestätigt der Arzt, dass ich wieder einsatzfähig bin. Es ist ein tolles Gefühl, wieder auf der Bühne neben Leo zu stehen. Und die Show hat durch die Zwangspause nichts von ihrer Beliebtheit verloren. Trotzdem ziehen sich die Tage mit qualvoller Langsamkeit dahin.
Ich muss ununterbrochen an Marc denken und bleibe meist bis in die frühen Morgenstunden wach, weil ich vor Sehnsucht nach ihm keine Ruhe finde.
Tagsüber versuche ich alles Mögliche, um mich
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