Gefaehrliches Verlangen

versehentlich das Formular für den Sorgerechtsverzicht unterzeichnet hat.
    »Hm«, macht Mandy. »Das Formular sehe ich hier nirgendwo, aber …« Stille, dann weiteres Rascheln. »Soweit ich weiß … mir wurde gesagt … bitte bleiben Sie einen Moment dran.« Der Hörer wird beiseitegelegt.
    Wieder dringt Rascheln durch die Leitung, dann ist Mandy wieder am Apparat. »Ich muss mich entschuldigen. Hier liegt offenbar ein Missverständnis vor. Sie haben recht, uns liegt tatsächlich kein P12 vor, daher kann Daniel auch nicht zur Adoption vermittelt, sondern muss zunächst bei Pflegeeltern untergebracht werden. Wenn Miss Blackwell einen festen Wohnsitz und stabile Lebensumstände nachweisen kann, besteht die Möglichkeit, dass ihr Sohn zu ihr zurückkehrt.«
    Ich spüre, wie sich ein Strahlen auf meinem Gesicht ausbreitet. »Sie wird schon bald stabile Lebensumstände nachweisen können, das verspreche ich. Schon sehr, sehr bald. Vielen Dank.«
    »Gut. Na ja, auf Wiederhören.«
    Sie legt auf.
    Ich wende mich Annabel zu. Eigentlich wollte ich ihr um den Hals fallen, aber aus irgendeinem Grund spielen meine Beine nicht mit. Sie fühlen sich plötzlich an, als wären sie aus Pudding, außerdem wird mir schwindlig.
    Im nächsten Moment wird es schwarz um mich.

❧ 66
    A ls ich wieder aufwache, liege ich im Gästezimmer von Dads Cottage. Draußen ist es dunkel. Mein Hals tut weh, und mein Kopf hämmert immer noch.
    Ich frage mich, wie um alles in der Welt ich hierhergekommen bin. Vorsichtig schlage ich die Bettdecke zurück, um zu sehen, ob ich meinen eigenen Schlafanzug anhabe, doch sobald ich mich aufsetze, dreht sich alles um mich herum, und das Pochen wird noch heftiger. Ich fühle mich erhitzt und fiebrig und habe einen ekligen metallischen Geschmack im Mund.
    Die Tür geht auf, und Jen tritt mit Sammy auf dem Arm herein.
    »Ich dachte, ich hätte dich gehört. Versuchst du etwa aufzustehen, Sophia Rose?«
    »Ich wollte …«
    » O nein.« Jen drückt mich entschlossen ins Kissen zurück. »Absolute Bettruhe. Du hast Fieber als Folge völliger Überanstrengung, sagt der Arzt.«
    »Wie bin ich hergekommen? Ich war doch bei Annabel.«
    »Du bist in ihrem Zimmer zusammengebrochen, und Marc hat einen Krankenwagen gerufen. Aber es ist nur ein Fieberschub, deshalb meinen die Ärzte, es reicht, wenn du dich zu Hause schonst. Man hat dich hergebracht, damit wir uns um dich kümmern.«
    »Marc war in der Tower Clinic?« Ich reibe mir den Schlaf aus den Augen.
    »Nein, aber Annabel hat ihn angerufen, nachdem du umgekippt bist, und er hat dann den Notarzt gerufen. Er ist außer sich vor Sorge und ruft jede halbe Stunde an.«
    »Wie kommt es, dass ich meinen Schlafanzug trage?«
    »Du hast ihn selbst angezogen, weißt du nicht mehr?«
    Ich schüttle den Kopf. »Sieht so aus, als hätte ich tatsächlich Fieber.«
    »Das sagen die Ärzte auch, aber so schlimm ist es nicht. Nichts, was man nicht mit Bettruhe und etwas Anständigem zu essen wieder hinkriegen würde.«
    »Ärzte?«
    »Na ja, du hast zwei Ärzte, die sich um dein Wohlergehen kümmern. Doktor Holmes, Marcs Privatarzt, und Doktor Freeman, ein Freund von Leo Falkirk.«
    »Leo?« Nun bin ich vollends verwirrt.
    Jen nickt. »Ja, er ist gleich gekommen, als man dich mit dem Krankenwagen hergebracht hat.«
    »Ehrlich?«
    »Ja. Eigentlich wollte er dich besuchen, und dann wirst du im Krankenwagen hergefahren und jagst uns allen einen Riesenschrecken ein. Und Leo … o mein Gott, er ist … ich finde keine Worte dafür. Ich bin fast ohnmächtig geworden, als er vor der Tür stand.« Sie lächelt versonnen.
    »Es tut mir leid, dass ihr euch solche Sorgen um mich gemacht habt.«
    Jen schüttelt den Kopf. »Lass nur. Du musst jetzt ausschließlich an dich denken und daran, dass du bald gesund wirst.«
    »Wo ist Marc jetzt?«
    »Natürlich wollte er eure Vereinbarung nicht brechen, aber wäre dein Zustand ernster gewesen, hätte er es vermutlich getan. Jedenfalls hält er nach wie vor durch. Es ist die reinste Qual für ihn, dass er dich nicht sehen darf, und er wollte, dass wir dein Zimmer in ein Blumenmeer verwandeln. Aber der Arzt hat uns davon abgeraten, nur für den Fall, dass es sich bei dem Fieber um ein Symptom eines frühen Heuschnupfens handelt.«
    Ich lache. »Ich? Heuschnupfen?«
    »Ich weiß. Jedenfalls hat Leo uns gesunde Kost ans Herz gelegt und massenhaft Biosuppe und Gemüse, frisches Vollkornbrot, frisch gepressten Orangensaft und sonstige nahrhafte Dinge