Gefaehrliches Verlangen
Besichtigung gehörte auch eine Führung durch den Kerker, wo wir uns all die historischen Folterinstrumente ansehen durften – Streckbänke, Fußfesseln, Sägen. Und etwas, das aussah wie dieser Eisenring.
Jen und meine anderen Klassenkameraden waren völlig fasziniert von diesen Utensilien, doch mir war regelrecht schlecht. Wie können Menschen einander nur so etwas antun?, fragte ich mich. Ich wollte nichts darüber hören, wie arme Leute so lange auf die Streckbank gelegt wurden, bis ihnen Arme und Beine abgerissen wurden, also sagte ich zur Lehrerin, ich müsste mal aufs Klo.
Beim Anblick des Eisenrings wird mir erneut so schlecht, dass ich fürchte, mich wieder übergeben zu müssen.
»Wunderschön, wenn sie Angst hat, was?«, bemerkt Yasmina und gibt Warren den Aktenkoffer zurück.
» O ja, das ist sie.« Warren hebt mit beiden Händen das Eisending heraus, das so schwer zu sein scheint, dass er einen Moment lang unter seinem Gewicht schwankt.
»Wir haben dem Ring sogar einen Namen gegeben. Er heißt Svetlana.« Yasmina streicht mit ihren grau lackierten Nägeln über den Eisenrand. »Svetlana stammt aus Russland. Sie ist ein Folterinstrument des KGB und eine unserer größten Errungenschaften mit vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Sie kann an so gut wie jeder Stelle des Körpers angelegt werden – am Kopf, an der Brust, um die Beine. Und dann wird sie mit dieser Schraube hier zugezogen.«
Sie lächelt, und ich sehe, wie sich ihre Atemzüge beschleunigen. »Wir ziehen die Schraube immer fester und fester. Bis wir Blut sehen. Und dann lassen wir unseren armen Gast langsam verbluten.«
Der Blick, den Yasmina und Warren tauschen, lässt mich erschaudern.
❧ 74
S vetlana ist das einzige Mädchen, das mich nie langweilt«, sagt Warren und tritt näher.
Trotz des Schmerzes in meinen Armen und meinem Handgelenk versuche ich, kerzengerade stehen zu bleiben.
Ich weiß, dass Warren der Anblick meiner Angst erregt, und diese Genugtuung werde ich ihm keinesfalls verschaffen. Gleichzeitig würde ich mich beim Gedanken daran, wie mich seine eklig feuchten Finger berühren, am liebsten übergeben, und es kostet mich gewaltige Anstrengung, nicht vor ihm zurückzuweichen.
Warren öffnet den mit Spitzen bewehrten Ring und legt ihn mir um die Taille, wobei mir ein weiteres Mal sein widerlicher Gestank entgegenschlägt – eine Mischung aus verrottetem Fleisch und Desinfektionsmittel.
Die Angst legt sich wie eine kalte Faust um mein Herz.
Das Folterinstrument ist zwar vom Alter geschwärzt, doch die Spitzen wurden augenscheinlich geschärft und glänzen – silbrig und absolut tödlich – im fahlen Licht. Mir ist bewusst, dass sie meine Haut mühelos durchbohren werden.
»Lächeln, Süße«, sagt Warren. Seine Hände zittern vor Erregung, und Schweißperlen glitzern auf seiner Stirn, als er mir den Ring umlegt. »Man weiß nie, vielleicht törnt es dich ja auch an. Mein Lieblingsteil kommt immer dann, wenn die Knochen splittern.« Seine Schultern beben, als ihn ein wohliger Schauder überläuft.
Ich spüre, wie ich die Beherrschung zu verlieren drohe. Meine Atemzüge beschleunigen sich, und meine Augen weiten sich vor Angst, als er den Verschluss einrasten lässt. Ich spüre die Spitzen durch den Stoff meines Kostüms dringen.
O Gott. O mein Gott.
Warren braucht die Schraube nicht einmal sonderlich fest anzuziehen, um mir die Spitzen ins Fleisch zu treiben und mir tödliche Verletzungen zuzufügen, das ist mir bewusst. Ich blinzle gegen die Tränen an, wohl wissend, dass ich mit Betteln und Flehen nicht weiterkomme – im Gegenteil. Genau das ist es, was sie wollen.
»Und wenn wir mit dir fertig sind, knöpfen wir uns Marc vor«, erklärt Yasmina. »Natürlich lassen wir ihn erst noch ein paar Wochen zappeln. Er soll sich ruhig fragen, was aus seiner kleinen Geliebten geworden ist.«
Die Vorstellung, dass er leidet, ist unerträglich.
»Es gibt keine Veranlassung, ihm wehzutun«, sage ich, während mein Blick zu Cecile schweift. »Er findet es schrecklich, dass Getty im Gefängnis ist. Getty ist … sein Freund.«
Cecile, die aus dem nicht vorhandenen Fenster gesehen hat, fährt herum.
»Marc spricht die ganze Zeit von dir, Cecile«, fahre ich fort. »Ich frage mich allmählich, ob er insgeheim nicht doch lieber mit dir zusammen wäre.«
Ceciles Augen weiten sich. »Marc spricht von mir?«
»Ich glaube, ihm wird langsam klar, dass er einen Fehler gemacht hat und dass in Wahrheit du die
Weitere Kostenlose Bücher