Gefaehrliches Verlangen
fiel ihr auf — besonders für einen Botschafter.
»So gerne ich auch Loris' Bestreben, seinen Sohn beschützen zu wollen, unterstützen würde«, sagte er, »besteht kein Zweifel darüber, dass alle Zeugen, die wir bis jetzt befragt haben — von menschlichen Mitgliedern des Widerstandes bis hin zu den Wächtern, die an der Operation teilgenommen haben — eine sehr ähnliche Beschreibung der Ereignisse abgegeben haben. Und leider unterstützten diese Aussagen die Aufzeichnungen, Loris.« In Arus' Stimme schien ehrliches Bedauern mitzuschwingen, als er das sagte.
»Zeugen können gekauft werden—«
Arus schüttelte seinen Kopf. »Nicht so viele. Wir haben fünfzig völlig verschiedene Zeugen beider Spezies, Menschen und Krinar. Es tut mir leid Loris, aber das sind einfach zu viele.«
»Und wie erklärst du dir dann den Gedächtnisverlust?«, fragte Loris wütend und sah Arus verbittert an.
»Den kann ich nicht erklären«, gab Arus zu. »Der Rat wird diesen Fall untersuchen müssen—«
»Ich kann dazu vielleicht eine Vermutung anstellen—« sagte Korum und Mia konnte die neugierige Anspannung der Menge förmlich spüren. »Es gibt eine menschliche Verteidigungsstrategie die häufig in den entwickelten Ländern angewandt wird. Sie besteht darin, zu beweisen, dass der Angeklagte nicht zurechnungsfähig ist und dadurch unfähig, die Gerichtsverhandlung durchzustehen. Wenn der Angeklagte nämlich als psychisch krank eingestuft wird, kann er keine Verantwortung für seine Taten übernehmen — und anstatt bestraft zu werden, bekommt er eine Behandlung seiner Krankheit.
Dem Protektor ist selbstverständlich klar, dass alle Beweise auf die Schuld der Angeklagten deuten. Natürlich kann er jetzt nicht den Anschein erwecken, sein Sohn sei unzurechnungsfähig und habe deshalb nicht gewusst, was er tat. Nein, das kann er nicht behaupten — aber er kann sagen, dass das Gedächtnis seines Sohnes manipuliert worden ist und seine Erinnerungen gewalttätig ausgelöscht wurden. Tatsache in diesem Fall ist aber auch, dass es nur eine Person gäbe, die davon profitieren würde, wenn Rafor und die anderen Verräter ihr Gedächtnis verlieren würden — und das bin weder ich, noch ist es Saret.«
»Beschuldigst du mich, dass ich mich am Gedächtnis meines eigenen Sohnes vergangen habe?«, fragte Loris ungläubig und Mia konnte sehen, wie sich seine Hände zu Fäusten ballten.
»Im Gegensatz zu dir beschuldige ich nicht, ohne Beweise zu haben«, sagte Korum und lächelte ihn kalt an. »Ich äußere lediglich eine Vermutung.«
Der Lärm der Menge wurde lauter. Mia, die neugierig war wie Saret darauf reagieren würde, drehte sich zu ihm um. Er beobachtete die Abläufe mit einem leicht amüsierten Gesichtsausdruck, als könne er gar nicht glauben, dass er in das Ganze hinein gezogen worden war. Er tat Mia leid. Nicht, dass sie viel über krinarische Politik wusste, aber Korums Freund wirkte auf sie, als würde er nicht gerne im Kreuzfeuer stehen.
Ihr Liebhaber dagegen schien ganz in seinem Element zu sein. Korum genoss die hilflose Wut seines Feindes sichtlich.
»Alle Vermutungen und Anschuldigungen sind zu diesem Zeitpunkt nutzlos«, sagte Arus und die Menge wurde wieder still. »Der Rat wird die Resultate der Laboratorien anschauen müssen, bevor weiter in diese Richtung vorgegangen werden kann. In der Zwischenzeit zeigen wir die Aussagen aller zur Verfügung stehenden Zeugen, um weiteres Licht auf diesen Fall zu werfen.« Und mit einer kleinen Geste rief er ein dreidimensionales Bild auf, genauso wie Korum das gestern getan hatte.
Mehr Aufzeichnungen, verstand Mia und seufzte bei dem Gedanken daran, dass der heutige Verhandlungstag wahrscheinlich noch länger dauern würde, als der gestrige. Wenn sie jetzt fünfzig Zeugenaussagen zeigen würden, könnte das bis in die Nacht dauern.
Mia machte es sich auf Korums Podium noch ein wenig bequemer und richtete sich auf eine lange und wahrscheinlich langweilige Vorführung ein.
* * *
Der Krinar schaute die Aufzeichnungen zufrieden an.
Es war alles perfekt gelaufen, genauso wie er das gehofft hatte. Niemand würde nun die Wahrheit erfahren können, zumindest nicht, bis es ohnehin zu spät war, um etwas zu unternehmen.
Er war froh, dass er so vorausschauend das Gedächtnis der Keiths gelöscht hatte. Jetzt wären sie niemals mehr in der Lage zu erklären, dass er der Anführer dieser kleinen Rebellion gewesen war.
Er war in Sicherheit und sollte seinen Plan in Ruhe
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