Gefährte des Wolfes: William
entspannte seine Finger ein wenig und legte sie wieder zurück. Er drehte den Kopf und musterte Will neben sich kurz. Noch vor einem Jahr hätte er niemals geglaubt, freiwillig eine Verbindung mit einem Hexer eingehen zu können, doch der Respekt, den er Will und Tristan gegenüber empfand, hatte sich inzwischen in ehrliche Zuneigung verwandelt.
»Wir wurden wirklich bedroht. Mit ihrer Hilfe konnten wir ihn aufspüren und unschädlich machen. Damit hat sie sich den Dank des Rudels gesichert.«
»Glaub ich gern«, stimmte Will zu und fragte sich insgeheim, ob sie einen unschuldigen Sündenbock für ihre Zwecke benutzt hatte.
»Richard ist drei Wochen später mit in ihr Appartement über dem Buchladen gezogen.«
»Er ist mir ihr zusammengezogen? Musste er nicht auf dem Gebiet des Rudels bleiben?«
Raul schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Ihre Wohnung war gut gesichert und zu der Zeit war ich noch der Thronanwärter. Sie sind wahrscheinlich ins Rudelgebiet gezogen, nachdem ich verschwunden war. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass sie den Umzugswagen gepackt hatte, bevor irgendjemandem überhaupt aufgefallen war, dass ich verschwunden bin.«
»Hast du ihr schon immer nicht getraut?«
Raul schürzte die Lippen, als er seine Erinnerungen durchforstete. »Nein, habe ich nicht. Als ich sie das erste Mal getroffen habe, war Richard unglaublich glücklich und als sein Zwilling habe ich natürlich darauf reagiert.« Will nickte verstehend. »Das kam erst später, als sich sein Verhalten geändert hat…«
Will wartete darauf, dass Raul weitererzählte. Raul schwieg jedoch und so musste Will nachfragen. »Was hat dir denn Grund zur Besorgnis gegeben?«
»Es war nie etwas Großes. Zumindest hat es nie gereicht, um mit den Ältesten oder meinem Vater Anschuldigungen gegen sie zu erheben. Richard hat seine Motivation verloren. Für ihn gab es nur noch Sienna. Anfangs hat er an jeder Ratssitzung teilgenommen und dann irgendwann fast jede ausfallen lassen. Er hat sich auch immer mit mir und meinem Vater die Anliegen der Rudelmitglieder angehört, doch nachdem er Sienna getroffen hat, hat er damit aufgehört. Sonst hat er immer akribisch auf sein Äußeres geachtet, hat dann aber aufgehört, sich die Haare zu schneiden, und immer dieselbe Kleidung getragen. Sie war schon ganz abgenutzt vom vielen Waschen.
Verstehst du, das Rudel… seine Position darin… das hat ihm alles bedeutet. Richard war derjenige, der die Krone wirklich wollte – derjenige, der sie sich erkämpfen und auch halten konnte. Ich war der Erstgeborene, aber der Fridolf , Bewahrer des Friedens. Ich hatte nicht die Fähigkeit, zu herrschen und ich wollte das Rudel auch nie anführen. Ich hab immer gewusst, dass Richard eines Tages den Platz meines Vaters einnehmen und ich ihn unterstützen würde.
Nachdem er Sienna getroffen hatte, wurde er jedoch… bequem. Wie die verwöhnten, kleinen Kinder aus Königsfamillien, die weder Motivation noch Aufgaben haben. Er hat Tage damit verbracht, ihre Tränke zu testen, die sie gebraut hat, um die berauschende Wirkung von Alkohol auf Lykaner zu imitieren.«
Will hatte das Wort Fridolf noch nie zuvor gehört, machte sich aber die gedankliche Notiz, später noch einmal nachzufragen. Jetzt wollte er zunächst alles über Sienna erfahren. »Sie hat ihn regelmäßig betäubt?«
Traurig nickte Raul. »Mit seiner Zustimmung und Unterstützung. Er hat hin und wieder versucht, mich zu überreden, auch einen Trank zu probieren, aber ich habe ihr nicht getraut. Tristan hat dir sicher erzählt, dass wir eine ihrer Kreationen dafür verantwortlich machen, mich betäubt und dann auf dem Gebiet eines fremden Rudels ausgesetzt zu haben.«
»Er hat es erwähnt. Um so einen Trank zu brauen, braucht man starke Magie und ein unglaubliches Wissen über Lykaner.«
»Sie ist von der Lykanthropie besessen. Richard und sie waren gerade mal sechs Wochen zusammen, als sie das erste Mal darum gebeten hat, verwandelt zu werden. Da sie jedoch noch nicht lange zusammen waren, konnte es ihr zum Glück verweigert werden«, erklärte Raul. Seine Stimme war ruhig, doch seine Hände verrieten seine wachsende Wut, da er sich immer wieder den Nacken rieb.
»Gibt es noch andere Hexen in eurem Rudel?«, fragte Will und lehnte sich gegen die Autotür, ein Bein auf den Sitz gezogen. »Ich hab noch nie etwas über Werwolf-Hexen gelesen.«
»Ich gehöre jetzt zu Alex' Rudel, aber um deine Frage zu beantworten: Nein, wir haben nichts über Hexen
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