Gefährte des Wolfes: William
saß, verstärkte sich und er fühlte einen Kloß in seinem Hals. Will räusperte sich, um die Situation aufzulösen und die Aufmerksamkeit wieder auf das Wesentliche zu richten.
»'tschuldigung.« Rauls rote Wangen waren wohl eher dem Kuss als der Verlegenheit geschuldet. »Nicolai ist schon früher abgereist. Wenn du fertig bist, können wir los.«
»Ich hole meine Tasche aus Benjamins Truck«, bot Will an, um Alex und Raul Zeit für eine private Verabschiedung zu geben.
Benjamin nahm eine Kühlbox von der Anrichte. »Nimmst du die mit?«
»Ja, meine Tasche liegt im Flur, wenn du die schon mal in den Kofferraum packen könntest?«, entgegnete Raul. Er und Alex waren aufgestanden und hatten die Arme schützend umeinander gelegt.
Sie hatten jede Möglichkeit hundert Mal durchgesprochen und entschieden, dass es so am besten war. Rauls Rudel und seine Familie brauchten ihn und Alex konnte seine Verpflichtungen als Alpha nicht vernachlässigen, nur um ihn zu begleiten. Es würde für keinen von beiden leicht werden, doch bis Raul Richard gefunden hatte und zurückkehrte, würden sie es schaffen.
Benjamin umrundete das Haus und deutete auf Rauls Wagen. Will ließ sich auf dem Beifahrersitz des alten Mercedes nieder und machte es sich auf dem weichen Leder gemütlich.
»Daran könnte ich mich gewöhnen«, meinte er seufzend und schloss die Augen.
»Versuch bloß nicht, selbst zu fahren«, neckte Tristan, durch das Fenster gebeugt. »Als du das letzte Mal versucht hast, auf der rechten Seite zu fahren, hast du einen armen Radfahrer in den Graben gedrängt.«
Will warf seinem Bruder einen bösen Blick zu. »Ich bin immer noch überzeugt, dass es nicht meine Schuld war. Der Idiot ist mitten auf der Straße gefahren.«
»Wer hat Leute von der Straße abgedrängt?«, fragte Raul mit einem abwesenden Grinsen, als er ins Auto stieg. Alex war ihm nicht nach draußen gefolgt, aber das überraschte Will nicht. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie schwer es war, seinen Gefährten ziehen zu lassen und zu wissen, dass er sich in Gefahr begab.
Will ignorierte Rauls Frage und legte ihm stattdessen eine Hand aufs Bein. »Ich bewundere, wie sehr du dich für dein Rudel einsetzt nach allem, was passiert ist.« Auf Rauls fragenden Blick hin deutete Will mit dem Kopf in Tristans Richtung. »Er hat es mir auf dem Weg hierher erzählt.«
Raul sah in die beiden fast identischen Gesichter: Will direkt neben ihm und Tristan hinter dem Fenster. »Du weißt genau, wieso ich das nicht ignorieren kann, er ist meine zweite Hälfte. Ich werde nicht zulassen, dass sie ihm wehtut.«
Tristan nickte. »Wir verstehen dich. Pass bitte auf meine andere Hälfte auf.« Ein letztes Mal lehnte er sich in den Wagen und umarmte Will, ehe er einen Schritt zur Seite trat und sich neben Benjamin stellte.
Will winkte, als sie davonfuhren und konnte Alex aus dem Augenwinkel an einem der Fenster stehen sehen. Als Raul den Wagen auf die Straße lenkte, rutschte Will auf seinem Sitz herum, bis er mit dem Rücken zur Tür saß und Raul ansehen konnte.
»Also, dann erzähl mir von Sienna.«
Kapitel 4
»Erinnerst du dich an die Hexe aus dem Zauberer von Oz ?«
Will kicherte. »Du meinst… lange Nase mit Warzen, fettige Haare und krumme Finger?«
Raul stimmte in Wills Lachen ein. »Leider nein. Sie ist wunderschön. Zierlich, perfekte Figur, lange blonde Locken, die ihr über die Schultern fallen. Große blaue Augen. Sie sieht aus wie eine Porzellanpuppe.«
Will fragte sich kurz, ob sie vielleicht irgendeine Art von Magie dafür verwendete. Nur sehr wenige Menschen besaßen die Art von Schönheit, die Raul gerade beschrieben hatte.
»Wie hat Richard sie kennengelernt?«
»Sie hat in unserer Nachbarstadt einen Buchladen für Übersinnliches eröffnet – gebrauchte Bücher und okkultes Zubehör.«
»Richard hat also keine Abneigung gegen Magie, so wie du?«
»Eigentlich hat sie uns kontaktiert. Einer ihrer Kunden hat nach speziellen Kräutern und anderen Zutaten gesucht, die für einen Lykaner schädlich sein können. Richard ist zu ihr gefahren und drei Tage nicht nach Hause gekommen. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.«
Will bemerkte, wie Rauls Fingerknöchel weiß hervortraten, als er das Lenkrad fester umklammerte. »Gab es wirklich jemanden, der dem Rudel schaden wollte, oder war es nur ein Vorwand, um an deinen Bruder ranzukommen?«
Tief einatmend nahm Raul erst die eine, dann die andere Hand vom Lenkrad,
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