Gefährte des Wolfes: William
war. Alle Mitglieder seines Rudels waren als Werwölfe geboren, die Hexe seines Bruders ausgenommen. Sie war eine Außenseiterin, die darum gebeten hatte, verwandelt zu werden, damit sie Richards Gefährtin werden konnte, doch der Rat hatte noch nicht entschieden. »Sie betreten dein Zuhause nicht, lassen dich aber auf dem Territorium des Rudels leben?«
»Sie haben keine Wahl.« Benjamin zuckte mit den Schultern. »Das Land gehört schon seit Generationen meiner Familie. Hier sind Jahrhunderte alte, ebenfalls verfluchte Vorfahren begraben.« Er deutete mit dem Kopf zu einem kleinen Hügel.
Raul sah, wie sich die Grabsteine im Mondlicht abzeichneten. »Geheiligter Boden.«
Benjamin nickte. »Du bist hier willkommen, wenn du meinen Schutz annimmst. Selbst die Gastfreundschaft eines Phelans ist besser, als wegen unerlaubten Betretens getötet zu werden.«
Innerlich stimmte Raul Benjamin zu, antwortete jedoch formell. Werwölfe konnten ein ziemlich traditionsbewusster Haufen sein.
»Ich nehme dein Angebot dankbar an und stehe mit meinem Leben in deiner Schuld.« Er verbeugte sich und entblößte seinen Hals, sodass Benjamin sein Leben nehmen konnte, falls er das wollte.
Benjamin packte Rauls Schulter, damit er sich wieder aufrichtete. »Lass uns gehen. Wir können uns bei einem guten Scotch unterhalten. Ich erzähle dir die Geschichte meiner Familie und du erklärst mir, wieso ein Prinz mit makellosen Umgangsformen vor einer Gruppe Jäger flüchtet.«
»Einverstanden. Welche Richtung?«
»Weiter nach Osten. Auf vier Füßen sollten wir schneller sein«, fügte Benjamin hinzu, während er sich bereits wieder in den dunklen Wolf verwandelte. Seine Augen gühten noch immer. Mit einem lauten Bellen wandte er sich um und hielt auf den Friedhofshügel zu.
Raul verwandelte sich, folgte Benjamin und antworte seinem Ruf mit einem tiefen Heulen.
Hinter dem Hügel tauchte ein großes Anwesen am Horizont auf. Große Wiesen gingen in Obsthaine und gepflegte Gärten über. Raul wurde langsamer und folgte Benjamin, als sie das Haus erreichten. Benjamin lief über die Gehwegplatten in Richtung Veranda und verschwand durch eine Hundeklappe in Wolfsgröße in einen Weinkeller aus kaltem, grauem Stein, in dem hunderte Weinflaschen auf Holzregalen lagerten.
Benjamin nahm seine menschliche Gestalt an und bedeutete Raul, es ebenfalls zu tun. Er zog Boxershorts und Jeans aus einer Kommode in der Ecke und warf Raul die Kleidung zu. »Ich hab immer ein paar Ex-traklamotten da. Verschreckt die Angestellten nicht so sehr.«
Raul schlüpfte in die Hose und schloss schnell die Knöpfe. »Benutzt du immer eine Hundeklappe?«, fragte er deutlich amüsiert.
Benjamin lachte, nahm ein Hemd von einem Haken an der Wand und warf es sich um die Schultern. »Mein Großvater hat sie eingebaut. Meine Großmutter hat es gehasst, wenn er nackt von der Jagd zurückkam. So konnte er als Wolf ins Haus schleichen und sich anziehen, bevor er zu ihr ins Wohnzimmer ging.«
»Ah… okay, das macht Sinn. Naja... du hattest was von Scotch gesagt?«, erinnerte Raul ihn nicht gerade unauffällig und rieb sich die Hände.
»Das ist ein Mann nach meinem Geschmack«, lachte Benjamin gut gelaunt und klopfte Raul auf den Rücken. Seine Hand blieb auf dessen Schulter liegen, als sie zur Tür gingen. »Ich wünschte, er würde mehr tun, als nur gut schmecken, aber man kann nicht alles haben.«
»Du sagst es. Als ich ein Teenager war, war ich zutiefst enttäuscht, dass meine Freunde sich betrinken konnten und ich nüchtern geblieben bin. Betrunkene können so lästig sein. Die Freundin meines Brudes hat etwas zusammengebraut, das wie Alkohol wirkt, aber ich trinke nichts, von dem ich weiß, dass es verhext ist.«
Benjamin zuckte bei der Erwähnung von Tränken und Hexerei leicht zusammen. »Die Gefährtin deines Bruders ist eine Hexe?«
Sie hatten einen gemütlichen Raum erreicht, den Raul als Bibliothek bezeichnen würde. Fast alle Wände waren mit deckenhohen Bücherregalen zugestellt und die Bücher sahen aus, als würden sie auch tatsächlich gelesen werden. Überall waren gemütliche Ledersessel und zerfurchte Holztische aufgestellt. Auf einem der Tische standen eine gläserne Karaffe und ein paar Gläser.
»Naja, nicht Gefährtin. Sie ist nur seine Freundin. Aber sie will verwandelt werden, damit sich das vielleicht ändert«, antwortete Raul, als Benjamin die Gläser mit einer bernsternfarbenen Flüssigkeit füllte. »Aber der Rat muss noch darüber
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