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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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im Zelt hingelegt und nachgedacht, aber es schien ihm nicht fair, seinen Gefährten die Ruhepause zu verweigern, die sie so dringend brauchten. Und er entschied, dass er auch während der Nachtwache seinen Gedanken nachhängen konnte.Wichtig war nur, dass er seine Augen dabei offen hielt.
    Er kauerte sich zwischen Irdris und Ventel und wickelte sich eng in seinen Umhang aus blauem Tuch. Die Nacht über den Sümpfen war kalt und mondlos, aber am Himmel funkelten zahlreiche Sterne. Weil es so feucht war, drang Lyannen die Kälte trotz des Umhangs bis in die Knochen.Ventel, der neben ihm saß, unterhielt sich mit Dalman, aber so leise, dass Lyannen nichts von
ihrem Gespräch verstand. Irdris hatte sich eine kleine schwarze Pfeife mit einem langen Rohr aus Elfenbein angezündet und stieß bläuliche Rauchwölkchen aus. Sie hatte die Augen halb geschlossen und schien nachzudenken. Raschelnd holte Dalman sein Ledersäckchen aus der Tasche und nahm noch eines von den duftenden Blättern heraus. Er bot Ventel die Hälfte davon an, der bereitwillig annahm. Nun wurde der ungesunde Gestank des Sumpfes beinahe völlig von dem stechenden Geruch von Dalmans Blättern überdeckt, der sich mit dem Rauch der Kräuterglut aus Irdris’ Pfeife mischte. Die Sterne spiegelten sich in den ruhigen Wassern der Sümpfe und ein leichter Lufthauch bewegte die Binsen.
    Instinktiv strich Lyannen über das kalte Silber seines Sternenanhängers. Wie üblich sandte das Schmuckstück ein undeutliches Licht aus. Unter seinen Fingern fühlte es sich so glatt, so vollkommen an, als hätten die Hände eines Gottes es geschaffen. Als Lyannen den Anhänger losließ, glitt er in seinen Ausschnitt zurück und rieb sich an der Haut. Ein angenehmer Schauer lief ihm über den Rücken. Alles in allem war es eine schöne, wenn auch kalte Nacht. In dem stehenden Wasser der Tümpel war keine Spur von »Dingen, die bis zu drei Meter lang werden können« zu sehen, nur ein morscher Baumstamm trieb an der Oberfläche. Lyannen entspannte sich und legte den Kopf auf Ventels Schulter. Das leise Murmeln seines Bruders, der sich mit Dalman unterhielt, überlagerte das Rauschen der Binsen und das Zirpen einer fernen Grille.
    Plötzlich schreckte Lyannen zusammen und richtete sich auf. Er hatte ein anderes Geräusch gehört, das ihm ganz und gar nicht gefiel. Es klang ruckartig und jäh, wie das Knallen einer Peitsche. Besorgt schaute er sich um. Keiner seiner drei Gefährten schien etwas bemerkt zu haben. Alles um sie herum wirkte ruhig. Selbst auf der Oberfläche des Sumpfes war nicht die kleinste Bewegung zu entdecken.Vielleicht hatte er sich das Geräusch ja nur
eingebildet. Ja, so musste es wohl gewesen sein. Dazu hatten bestimmt die Atmosphäre dieser seltsamen, sternklaren Nacht, die Kälte und der Schlafmangel beigetragen.
    Er hatte sich schon beinahe selbst überzeugt, dass da nichts war, als er erneut ein Knallen hörte, gefolgt von einem Zischen, als würde Luft aus irgendetwas entweichen. Diesmal klang es so klar und deutlich, dass er es sich nicht eingebildet haben konnte. Es kam vom Wasser her, von diesem stehenden, trüben Teich vor ihnen. Lyannen erschauerte.Was konnte das gewesen sein? Er versetzte Ventel einen leichten Klaps auf die Schulter und rief leise seinen Namen.
    »Ja, Lyannen?« Ventel drehte sich zu ihm um und seine eiskalten Augen schienen förmlich durch die dunkle Nacht zu leuchten. »Was ist los? Hast du etwas gesehen?« Sein Atem roch nach dem Eisenkraut und Lyannen schüttelte sich, um den Geruch zu vertreiben.
    »Nein, gesehen habe ich nichts. Aber ich habe etwas gehört. Ein seltsames Geräusch, wie das Knallen einer Peitsche, danach das Gleiche noch einmal lauter und dann ein Zischen. Hast du nichts bemerkt?«
    »Nein.« Ventel spuckte das stark riechende Blatt aus, das sich inzwischen in ein smaragdgrünes Knäuel verwandelt hatte. »Woher kam das Geräusch?«
    »Da aus dem Wasser.« Lyannen sah ihn zweifelnd von der Seite an. »Aber was weißt du darüber?«
    Ventels Antwort ging im Rauschen von Wasser unter.
    Lyannen konnte gerade noch einen Schreckensschrei unterdrücken. Irdris riss die Augen weit auf und die Pfeife entfiel ihren Händen. Das Wasser des Tümpels vor ihnen hatte sich in eine riesige Woge geteilt und aus der war das schrecklichste Ding aufgetaucht, das Lyannen je in seinem Leben gesehen hatte. Es erhob sich mehr als zwei Meter aus dem Wasser - ein schwarzer röhrenförmiger schuppiger Körper, vor Wasser triefend, mit

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