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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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nicht!«
    »Ich weiß!« Irdris lockerte ihren Griff nicht. »Aber du kannst nichts tun.«
    Im gleichen Augenblick zerriss ein Schrei die Luft und Lyannen drehte sich um. Dalman hatte sich mit gezogener Waffe auf das Ungeheuer geworfen, es überraschend getroffen und verletzt und so dessen Aufmerksamkeit von Ventel auf sich abgelenkt. Nun hielt er es, so gut er konnte, in Schach, indem er schnell nach links und rechts hüpfte. Das Untier schwenkte verwirrt seinen Kopf und bemühte sich, den schnellen Bewegungen des jungen Ewigen zu folgen. Dalman versuchte, es noch einmal zu treffen, aber er verfehlte es. Seinen silbernen Strähnen flogen hin und her und in seinem Gesicht stand verzweifelte Entschlossenheit. Hinter ihm hatte sich Ventel inzwischen auf die Knie erhoben, das Schwert noch immer fest in der Faust. Doch auch wenn sie jetzt zwei gegen einen waren, blieb es doch ein ungleicher Kampf. Das Ungeheuer war einfach zu stark und Dalman konnte nicht ewig weiter hin und her springen. Und bei Ventel war es fraglich, ob er sich überhaupt auf den Beinen halten konnte.
    Da öffnete sich der Eingang zum Zelt und die Gesichter der Gefährten erschienen.Validen unterdrückte einen Fluch. Slyman riss die Augen weit auf und Elfhall wirkte wie gelähmt.
    Dalman unternahm einen letzten verzweifelten Versuch. Während
sich das Monstrum zischend auf ihn stürzte, klammerte er sich, so fest er konnte, an einer der schuppigen Hautzotten des Untiers fest und schlug dann blindlings zu. Das Ungeheuer brüllte wieder auf vor Schmerz, als die Klinge in seinen glänzenden schwarzen Körper drang, und es schüttelte heftig den Kopf, um den Angreifer loszuwerden. Dalman kämpfte heldenhaft mit vor Anstrengung verzerrtem Gesicht darum, nicht loszulassen. Lyannen versuchte noch einmal, zu seinem Bruder zu kommen, doch Irdris hielt ihn mit all ihrer Kraft fest. Da glitt seine Hand wie von selbst in seinen Ausschnitt und seine Finger schlossen sich fest um das kalte Silber des Sternenanhängers.
    Beinahe hätte Lyannen aufgeschrien. Es war, als würde eine Welle purer Energie seinen Körper durchfluten. Eine unvorstellbare Kraft, deren Ausmaß er kaum begriff, strömte durch all seine Adern. Dem Ungeheuer war es inzwischen gelungen, Dalman zu Boden zu werfen, der auch noch sein Schwert verloren hatte. Die Schlange erhob sich über ihm und über Ventel und kam immer näher.
    Lyannen hatte keine Ahnung, was er tun sollte, aber die Kraft, die beinahe unerträglich in ihm vibrierte, wollte heraus, und er wusste genau, dass er nicht einen Moment länger dastehen und einfach nur zuschauen konnte. Er befreite sich mit einem Ruck aus Irdris’ Griff und machte einen Schritt nach vorn. Seine Hand umklammerte den Sternenanhänger und erhob sich nun gen Himmel. Der fünfzackige Stern erglänzte in einem gleißenden überirdischen Licht. Es war, als poche die Energie der ganzen Welt in Lyannens Adern. Ihm gingen Worte durch den Kopf, deren Bedeutung er nicht verstand, von tausend Stimmen gesprochen, geflüstert und geschrien.
    »Ventel!«, rief er dann. »Dalman!«
    Aus dem Anhänger in seiner Faust strömte eine Lichtwelle, die den Himmel wie mit Flammen in Brand setzte und die Weißen Sümpfe taghell erleuchtete. Dann gab es eine Explosion und man
hörte ein Rauschen wie von einem Wasserfall. Alles verschwand. Eine furchtbare Kraft breitete sich vom Zentrum der Explosion aus wie eine Stoßwelle. Lyannen fühlte sich wie von einem starken Schlag in der Magengegend getroffen und er wurde nach hinten auf Irdris geschleudert. Er schlug mit dem Kopf auf den Boden. Das Licht wurde schwächer. Lyannen ließ den Anhänger auf seine Brust fallen. Er spürte noch, wie warm der Stern war, dann verließen ihn die Kräfte. Er beugte den Kopf zurück, ohne zu verstehen, was gerade geschehen war, und verlor das Bewusstsein.
     
    Lyannen öffnete die Augen weit und setzte sich auf. Sämtliche Knochen taten ihm weh und auch sein Kopf dröhnte. Das Letzte, woran er sich noch erinnern konnte, war, dass ein schreckliches schlangenähnliches Ungeheuer auf Ventel zugekrochen war. Dann war da nur noch ein gleißend helles Licht gewesen und eine Explosion.
    Jetzt fiel ihm alles wieder ein. Hatte er das wirklich getan? Er erinnerte sich, dass ihn plötzlich eine unbekannte Kraft erfüllt hatte, hätte aber die Worte, die innere Stimmen ihm eingegeben hatten, nicht wiederholen können. Das waren Worte, die er noch niemals gehört hatte. Und was war ihm dann zugesto-ßen?

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