Gefaehrten der Finsternis
schon die Mauern erreicht und die Untoten erklommen sie schnell. Man verteilte Fackeln, während es weiter Pfeile hagelte. Die ersten beiden Leitern fingen Feuer, fielen nach hinten und rissen die Angreifer mit sich, doch im gleichen Moment wurden sechs oder sieben neue angelegt. Jetzt tobte der Kampf heftig. In den Höfen warfen die Männer ängstliche Blicke auf ihre Gefährten, die dort auf den Befestigungsmauern kämpften. Zwei oder drei Untoten gelang der Aufstieg, doch sie wurden gewaltsam zurückgedrängt. Die Flammen schlugen hoch und hüllten Leitern wie Untote ein. Eine der grässlichen Gestalten, die wie Spinnen hochkrabbelten, warf einen Dolch nach Venissian und traf ihn an einer Schulter. Ohne darauf zu achten, schleuderte der eine brennende Fackel nach dem Untoten und schob die Leiter mit ihm oben drauf weg, kurz bevor das Feuer aufloderte. Keuchend, von stechenden Schmerzen gequält, zog Venissian den Dolch aus seinem blutenden Fleisch und schleuderte ihn auf den Boden.
Zu allen Seiten der Feste hatten die Verteidiger zwar Mühe, die Angreifer zurückzudrängen, doch es gelang ihnen. Schreie, das Schwirren der Bogen und das Knistern der Flammen erfüllten die Luft des heranbrechenden Tages.Venissian feuerte weiter seine Männer an, und auch er selbst kämpfte, ohne sich eine Ruhepause zu gönnen, obwohl das Blut aus seiner Schulterwunde quoll und den Stoff seines schwarz-grünen Gewandes durchtränkte. Doch der berühmte Held schien das nicht einmal zu bemerken.
Er saß in stolzer, kriegerischer Haltung auf den Mauern und bemühte sich nicht um Deckung. Selbst verwundet war er noch beweglich genug, um den auf ihn abgefeuerten Pfeilen auszuweichen. Und kein einziger Schuss aus seinem dunklen Langbogen ging daneben.
Nun erhob sich die Stimme des Dämons, der die Untoten anführte, noch einmal und schrie in seiner kehligen Sprache Befehle. Die ungewohnte Bewegung des Feindes entging Venissians aufmerksamen Augen nicht. Die Horde der Untoten stellte sich nun in zwei Reihen auf und ließ in der Mitte einen Durchgang frei, damit jemand oder etwas dort passieren konnte.Venissian wusste genau, was dieses Manöver bedeutete. Er beugte sich vor, nachdem er zwei seiner Männer ein Zeichen gemacht hatte, dass sie ihm Rückendeckung geben sollten. Alle Blicke von unten waren nun auf die Mauern gerichtet.
»Greyannah«, rief Venissian so laut er konnte. »Pass auf das Tor auf! Die kommen jetzt mit einem Rammbock!«
Greyannah wusste genau, was nun zu tun war. Er hatte vorhergesehen, dass der Feind versuchen würde, das Tor einzureißen, und sich darauf eingerichtet. Auf Befehl des Statthalters und Vandriyans verbarrikadierten die Männer es eilig, indem sie es mit Holzbalken und Kisten verstärkten, die man eigens zu diesem Zweck bereitgehalten hatte. Greyannah sah Vandriyan an und lächelte ein wenig. »Unsere Jungs sind gut, was?«, bemerkte er. »Den Rammbock möchte ich sehen, der dieses Tor einreißen kann.«
Vandriyan erwiderte nichts, doch sein Blick wirkte düster. Die Männer auf den Mauern mühten sich noch immer mit den Untoten und den Leitern ab. Der Hauptmann wandte sich an Selennian, Fardan und Greyannah. »Wenn dieses Tor eingerissen wird«, sagte er knapp, »sollen unsere Männer keinen einzigen Schritt zurückweichen.«
»Verstanden«, erwiderte Greyannah. »Aber es wird nicht nachgeben.«
Trotzdem mussten sie den Rammbock ernst nehmen. Er wirkte bedrohlich, war aus einem mindestens acht Meter langen, mächtigen Kiefernstamm geschnitten und mit schweren Eisenplatten bestückt. An der Spitze war der schmiedeeiserne Kopf eines Orks aufmontiert, dessen glänzender Schädel nach vorn zeigte. Zwei riesige Trolle schoben den Rammbock an seinem hinteren Ende vorwärts, unterstützt von Dutzenden von Kobolden und Goblins an den Seiten.Wären die Männer auf den Mauern nicht vollends damit beschäftigt gewesen, gegen die Untoten zu kämpfen, um die Feste zu retten und ihr eigenes Leben, hätten sie das Nahen des Rammbocks gespannt beobachtet. General Attilis Vyrkan, der noch einmal die Untoten bei den Mauern nach vorn schickte, verfolgte es jedenfalls mit hasserfüllter Genugtuung, als wäre er sicher, dass das Tor beim ersten Stoß nachgeben würde.
Mit zusammengebissenen Zähnen und schmalen Lippen zielte Venissian, der Bogenschütze, jetzt auf den Dämonenfeldherrn und ließ für einen Augenblick alle Untoten außer Acht.Vyrkan war dort unten weit entfernt, aber Venissian war selbst mit der Wunde
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