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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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feindlichen Abteilungen, die versprengt worden waren und nun versuchten, sich wieder zu vereinigen. Leidhalls Bogenschützen auf dem inneren Mauerring nahmen erbarmungslos jeden Soldaten der Schwarzen Truppen unter Beschuss, der versuchte, durch die offene Bresche am Südtor zu gelangen.
    Draußen, auf den Feldern um die Festung, tobte die Schlacht immer wütender. Nach dem ersten Zusammenstoß hatten sich beide Heere zerstreut. In dem allgemeinen Durcheinander kämpfte nun jeder, wo er einen Gegner fand. Die Schreie der Kämpfenden und das Klirren ihrer Waffen erfüllte die Luft, während die Sonne zeigte, dass es schon auf Mittag zuging. Inzwischen waren alle Abteilungen aufmarschiert, ohne Ausnahme. Die Dämonen wüteten und bereiteten den Ewigen ziemliche Schwierigkeiten und Lucidious kämpfte an der Spitze seiner Leute.
    Nur Gylion in Scrubbs Begleitung hielt sich aus der Schlacht
heraus. Das war nicht der richtige Zeitpunkt, um in Erscheinung zu treten, noch war der nicht gekommen. Und er wollte sich nicht sinnlos Gefahren aussetzen, obwohl er wusste, dass niemand von diesen lächerlichen Elben da unten es mit seiner Macht aufnehmen konnte. Doch sobald der richtige Moment kam, würde er auf dem Schlachtfeld erscheinen, dann schon. Es gab dort Leute, mit denen er noch eine Rechnung offen hatte, und die würde er begleichen, und wie!
    Scrubb an seiner Seite zeigte eine solche Kampfeslust, dass sie seine sonst anziehenden Gesichtzüge verzerrte. Auch jetzt hatte er wieder die Gestalt eines jungen Sterblichen angenommen und trug ein weißes Röckchen. Doch aufgeregt wie er war, hatte er die Verwandlung nicht hundertprozentig vollzogen: Die Zähne, die seine angespannten Lippen entblößten, waren zu spitz für einen gewöhnlichen Sterblichen, und er hatte außerdem noch seine senkrechten Katzenpupillen behalten. Seine Hand umklammerte fest einen Zweihänder, dessen lange gebogene Eisenklinge bis zum Boden reichte, und er beobachtete die Schlacht mit blitzenden Augen. Seine Muskeln waren gespannt wie bei einem sprungbereiten Raubtier. Als er sich zu Gylion umdrehte, flogen seine feuerroten Strähnen herum.
    »Wie machst du das?«, fragte er ihn laut. »Erklär mir mal, wie du dieses ganze Gemetzel da unten mit ansehen und so gleichgültig bleiben kannst. Erklär mir das, denn ich halte das nicht aus!« Mühelos hob er seinen schweren Zweihänder und schwang ihn ein paar Mal mit beiden Händen durch die Luft.
    Gylion sah ihn nicht einmal an. »Ich habe genauso große Lust aufs Töten wie du, Scrubb«, sagte er, verschränkte die Hände und ließ jeden Finger einzeln knacken. »Aber ich habe auch Geduld. Eine Fähigkeit, die dir schon immer abgegangen ist.« Er warf einen Blick auf den Verlauf der Schlacht. »Der richtige Moment zum Kämpfen kommt auch für uns. Der passende Zeitpunkt, um da in großem Stil aufzutreten.«

    »Mir ist ein Auftritt in großem Stil völlig egal, Gylion«, schnaubte Scrubb. »Völlig egal. Jemand hat behauptet, Dämonen könnten nichts anderes als töten. Das mag stimmen. Und deshalb ist alles, was ich jetzt will, ein wenig rotes Blut aus der Nähe zu sehen.«
    Gylion kicherte, jedoch leise, damit Scrubb es nicht mitbekam. Es war unklug, sich in einem solchen Moment mit einem Dämon seinen Spaß zu erlauben.Wenn Scrubb jetzt den Kopf verlor, konnte das sogar für ihn schmerzhaft enden.
    »Du bist unglaublich, Scrubb«, erklärte er. »Bis gestern hast du mich noch damit bestürmt, ich würde unschuldige Leute niedermetzeln lassen, dieser Krieg sei verachtenswert und ungerecht, ich hätte mich mit gemeinen Kreaturen verbündet, und so weiter, und so weiter. Dann kommt die erste Schlacht und schon ergreift dich eine wahnsinnige Lust, unter diesen armen kleinen Elben ein Blutbad zu veranstalten. Sei mal ehrlich: Findest du das nicht etwas sprunghaft?«
    »Im Augenblick« erwiderte Scrubb mit dumpfer Stimme, »dürstet es mich nur nach Blut!«
    Gylion setzte ein breites, boshaftes Grinsen auf. »Sehr gut«, sagte er schließlich. »Dann geh. Geh ruhig und vernichte sie alle, wenn es dir gelingt. Zeig ihnen, wie ein Dämon aussieht, dem der Sinn nach einem Gemetzel steht.«
    Scrubb erwiderte nichts darauf. Er schwang sein Schwert mit beiden Händen über dem Kopf und rannte dem Schlachtfeld entgegen, während sein weißes Röckchen wehte und er brüllte wie ein Raubtier.
     
    Lyannen war allein inmitten des Getümmels. Schon seit Langem hatte er seine Freunde aus den Augen verloren, und er

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