Gefaehrten der Finsternis
wäre er durch viel Leid gegangen, aber es war eindeutig er, es war Lyannen. Allen Widrigkeiten zum Trotz war er gekommen, um sie zu retten. Neue Hoffnung hatte ihr Herz erfüllt. Er war hier. Er hatte einen Weg gefunden.
Doch dann war das Unvermeidliche geschehen. Lyannen hatte es versucht, er hatte geschrien und mit den Fäusten gegen die unsichtbare Barriere getrommelt, die sie trennte, und versucht, sie an sich zu ziehen - vergebens. Es konnte ihm nicht gelingen und sie wusste das. Sie wollte es ihm sagen, ihn anflehen, es aufzugeben, zumindest sich selbst zu retten, solange ihm noch die Zeit dazu blieb. Doch sie hatte geschwiegen, hatte sich immer wieder eingeredet, dass es ihm irgendwie gelingen würde, sie zu retten, schließlich hatte er es ja auch bis hierher geschafft. Sie wusste, dass sie egoistisch handelte. Aber das hatte sie sich erst eingestehen können, als sein Bild unwiederbringlich verschwand. Als sie wieder allein war und sie nur noch eine Sorge quälte.
Denn nun fragte sie sich:Was war aus Lyannen geworden? Hatte er den Kontakt abbrechen müssen, weil ihm Gefahr drohte? Fest stand, dass er sie nun, da er sie gefunden hatte, niemals aus freien Stücken wieder einfach so verlassen hätte. Etwas musste geschehen sein. Hatte ihn der Herr der Finsternis überrascht oder einer von dessen Schergen? Und nun kämpfte Lyannen vielleicht gerade um sein Leben, vielleicht war er verletzt, ein Gefangener des Feindes oder, schlimmer noch, tot. Hatte für sie sein Leben geopfert. Um sie zu retten.
Eileen warf den Kopf in den Nacken und konnte den Schrei nicht mehr zurückhalten. Sie schrie alles und jeden an, der dies zugelassen hatte, schrie dem Schicksal entgegen, das sie so leiden ließ. Schrie alle an, die sich gegenseitig töteten, den Feind, der nur auf Rache und Macht aus war, die Götter, die ihr Leid nicht kümmerte, und jeden, der ihr hätte helfen können und es nicht tat. Und als ihr die Stimme versagte, spürte sie, wie
heiße Tränen ihr die Wangen hinabliefen. Jetzt gab es keinen Grund mehr für sie weiterzuleben. Nicht den geringsten. Sie kauerte sich auf dem Boden zusammen und schloss die Augen. Wäre am liebsten eingeschlafen und nie mehr aus diesem Schlaf erwacht.
Wie lange sie in stummen Tränen aufgelöst dort verharrt hatte, wusste sie nicht. Lange Zeit war alles um sie still geblieben. Es herrschte ein unwirkliches Schweigen, in dem ihr eigener Atem tausend mal so laut ertönte wie das Tosen einer Lawine. Doch dann drang plötzlich ein fernes Geräusch an ihr Ohr.
Zunächst war es fast nicht wahrnehmbar, wie das Flüstern von weit entfernten Stimmen. Eileen ignorierte es. Sie wollte nichts mehr hören. Doch das Geräusch, was auch immer es verursachte, wurde lauter. Zunächst war es zu einem undeutlichen, jedoch trotzdem klar erkennbaren Raunen geworden, dann war es ein stetig wachsender Ton, der näher zu kommen schien.
Bald war es so laut, dass sie erkannte, was es war: prasselndes Feuer.
Eileen hob den Kopf. Sie schreckte hoch. Der gesamte Raum stand in Flammen. Die Wände waren hinter einer knisternden Flammenwand verschwunden. Sogar der Boden hatte sich in eine brennende Fläche verwandelt. Doch obwohl die Flammen ihren Körper berührten, verletzten sie sie nicht. Instinktiv erhob sie sich und bewegte sich ein wenig über diese merkwürdige Wiese aus wogenden rot-goldenen Feuerzungen. Sie bemerkte mit Erstaunen, dass die Geschehnisse sie weder überraschten noch erschreckten. Nach allem, was passiert war, bedeutete ihr auch das nichts weiter. Und sie hatte das Gefühl, als hätte sie diese Situation schon einmal erlebt. Sie wusste zwar nicht, was zu tun war, war aber keineswegs verwirrt. Ihr Körper glitt unversehrt durch die Flammen. Ohne nachzudenken, stürzte sie sich kopfüber in das Feuer.
Nun empfand sie etwas sehr Merkwürdiges Sie fiel, aber nur
sehr langsam. Rund um sie nichts als Flammen. Vielleicht war dies ja der Tod. Und wenn es so war, empfand sie ihn nicht als schlimm. Es war seltsam, wie genau sie wusste, dass sie sich im freien Fall befand, obwohl rund um sie herum alles gleich blieb. Vielleicht war Fall auch das falsche Wort. Vielmehr versank sie ganz langsam in einem schützenden Flammenmeer.
Plötzlich fing jemand sie auf.
Seine Arme waren fest und wirklich. Knochen und harte Muskeln unter einer warmen Haut. Nach so langer Zeit spürte sie jemandes Körper. Es kümmerte sie nicht, wer dieser Jemand war, sie wusste nur, dass sie ihm trauen konnte. Auch
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