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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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bist, wusste ich nicht, ob ich es dir sagen sollte oder nicht.« Er seufzte. »Hör mal, ich möchte dich ja zu nichts drängen, in Ordnung? Ich werde dir nicht sagen, dass das Schicksal der Welt von dir abhängt oder so etwas in der Art. Keinerlei Verpflichtungen. Aber du solltest es wissen.«
    Nun nickte Lyannen wortlos. Der Augenblick war so ernst, er ließ ihn sogar vergessen, dass er in einem Lazarett allein einem unbekannten Dämon gegenübersaß, nur in einen Umhang gehüllt. Er sollte ein Auserwählter des Schicksals sein? Er sollte
der einzige unter den Ewigen sein, der die Finsternis zerstören konnte? Das schien so unwahrscheinlich. Doch alles, was Scrubb gesagt hatte, klang so ernst, so wahr, überhaupt nicht nach einem Scherz. Scrubb glaubte zweifellos daran, und Lyannen begann auch allmählich, sich mit dem Gedanken anzufreunden. »Sprich schon«, flüsterte er, »keinerlei Verpflichtung. Ich werde nichts von dem tun, was du mir sagst, wenn du das nicht willst. Aber ich möchte es wissen.«
    Scrubb blieb ernst. Lyannen war überrascht, wie viel erwachsener dieser junge Dämon war als er, auch wenn er auf den ersten Blick kaum älter als seine Brüder wirkte. Aber Scrubb vermittelte ihm den Eindruck, dass er eine sehr viel ältere Seele besaß, und Lyannen wusste auch, wie wenig das Alter der Seele mit dem des Körpers zu tun hatte. Scrubb musterte ihn noch einmal von Kopf bis Fuß, als ob er fürchte, dass Lyannen sich von einem Augenblick zum anderen verändern könnte. Dann sagte er fast wie in Trance: »Gylion hat mir gegenüber einmal die Möglichkeit angedeutet, dass etwas seine Pläne stören könnte. Ehrlich gesagt, war das eine Möglichkeit, die er sehr selten in Betracht zog. Doch zumindest hat er einmal darüber nachgedacht, das schon. Und er sagte mir damals, dass er sich in einem solchen Fall verstecken würde und ich dieses Geheimnis für mich bewahren und alle glauben machen sollte, dass er tot sei, obwohl das gar nicht stimmte. Denn es gäbe da jemanden, der ihn finden könnte, wenn er nach ihm suchte. Und dieser wäre dann der Einzige, der ihn auch töten könnte.«
    Instinktiv legte Lyannen seine Hand auf die von Scrubb, als brauchte er Zuspruch. »Ich.«
    »Du.«
    Diese Bestätigung wog so schwer, dass Lyannen sie wie eine gewaltige Last auf seinen Schultern empfand. Es war die Bestätigung dafür, dass das Schicksal ihm eine übergroße, schwer zu ertragende Macht zuerkannt hatte. Er glaubte Scrubb. Bedingungslos.
Er hätte alles geglaubt, was der Dämon ihm erzählte. Denn Scrubb sprach die Wahrheit, das stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
    »Gylion ist nicht dumm«, sagte Scrubb. »Dir bleibt nur wenig Zeit, bis er wiederkehrt. Natürlich nur, wenn du diesen Kampf aufnehmen möchtest.«
    Lyannen brachte ein gequältes Lächeln zustande. »Ich danke dir dafür, dass du es mir gesagt hast«, flüsterte er. »Vielleicht werde ich ja nichts ausrichten, aber ich möchte dir trotzdem danken.« Dann schaute er wieder in das ernste und gelassene Gesicht des Dämons. Ihm brannte noch eine Frage auf der Zunge, aber er fürchtete, dass sie zu persönlich wäre. Das Letzte, was er wollte, war, Scrubbs Gefühle zu verletzen. Er legte unentschlossen seinen Kopf zur Seite. Dann schaute er Scrubb wieder zweifelnd an. »Kann ich dich etwas fragen?«
    »Bitte.« Scrubb schaute ihn zwar verwundert mit erhobener Augenbraue an, aber sein freundlicher Gesichtsausdruck bewies, dass er nicht empört war. »Frag nur, was du wissen willst.«
    »Es ist nur reine Neugier. Du musst auch nicht antworten, wenn du nicht magst.« Verlegen biss sich Lyannen auf die Lippen. »Es ist nur so, weißt du … So viele Leute haben mir etwas vom Herrn der Finsternis erzählt, für meinen Geschmack zu viele. Aber du bist meines Wissens der Einzige, der ihn beim Namen nannte.« Er blickte schnell zum Dämon hinüber, wollte ihm eigentlich ins Gesicht sehen, aber dann senkte er wieder errötend den Kopf. »Ich fragte mich nach dem Grund.«
    Scrubb schaute ihn nur ein wenig von der Seite an, aber das genügte, damit Lyannen sich von der schmerzhaften Intensität dieser beunruhigenden Augen wie gebannt fühlte. »Du fragtest nach dem Grund«, wiederholte Scrubb und wog seine Worte sorgfältig ab. »Eine vernünftige Frage.« Seine Stimme klang nüchtern, eine bittere Note schwang darin mit. Und trotz des Hauchs von Schmerz in seinen Augen blieb sein Gesicht ungerührt,
das gefällige Lächeln auf seinen Lippen war wie

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