Gefaehrten der Finsternis
möchte es gar nicht wissen. Es genügt mir, dass ihr eine äußerst mutige Entscheidung getroffen habt, die unsere Bewunderung verdient. Euer Handeln hat mich sehr bewegt. Kniet nieder. Ich erteile euch aus vollem Herzen meinen Segen und ich wünsche euch genauso herzlich alles Gute. Ich hoffe natürlich, dass es euch gelingt, unsere Eileen zu retten, doch ihr verdientet schon allein dafür eine Belohnung, dass ihr die Kraft aufgebracht habt, es zu versuchen. Bestimmt bin ich nicht der Erste, der euch daran erinnert, wie groß die Gefahr ist. Der Stern von Dardamen ist sehr wertvoll für unser Volk und noch wertvoller für mich, der ich keine anderen direkten Nachkommen habe. Mit Eileen würde ich mein einziges leibliches Kind verlieren. Möge euer Mut stark sein. Nehmt meinen Segen mit euch.«
Lyannen spürte, wie Tränen in seinen Augen brannten, doch er konnte nicht weinen. Er wusste, dass er seinen Gefühlen besser später freien Lauf lassen sollte, ohne dass die Blicke aller auf ihn
gerichtet waren. Als er sich umwandte, fühlte er das ganze Gewicht seiner mutigen Entscheidung auf sich lasten. Er suchte erneut den Blick seines Vaters. Vandriyan deutete ein wehmütiges Lächeln an und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
»Ich habe neun Söhne«, sagte er. »Acht, die ich von ganzem Herzen gleich liebe, setzen in diesen Tagen ihr Leben an der Front aufs Spiel, doch ich hoffe, dass der Krieg sie mir trotzdem alle lassen wird. Der neunte Sohn, der immer am rebellischsten war und der mir doch am meisten am Herzen lag, bist du. Und jetzt, wo ich dich aufbrechen sehe, bleibt mir nur noch der Trost der Hoffnung. Ich habe einen einzigen Ratschlag für dich: Geh und kehre siegreich zurück, oder gar nicht, denn das war der Leitspruch, an den ich mich immer gehalten habe. Doch denke daran, was dir auch zustoßen mag, die Liebe deines Vaters wird immer bei dir sein. Und ich werde dich so gut ich kann unterstützen, selbst wenn ich nur im Geiste bei dir bin. Viel Glück, Lyannen.«
»Ich werde zurückkommen«, versprach Lyannen mit Tränen in den Augen.
Vandriyan bedeutete ihm stumm, er solle jetzt einfach gehen.
Lyannen richtete sich auf und kehrte dem König und seinem Vater entschlossen den Rücken zu. Dabei musste er heftig gegen den Wunsch ankämpfen, sich Vandriyan einfach an den Hals zu werfen und schlimmer als ein Kleinkind loszuheulen. Stattdessen schaute er seine Gefährten strenger an, als er eigentlich wollte, und gab das Zeichen zum Aufbruch. »Gehen wir«, sagte er, und seine Stimme hallte merkwürdig in seinen Ohren wieder. Der Sternenanhänger glänzte auf seiner Brust und fühlte sich kalt an. Lyannen wandte den Blick auf das Stadttor. Sobald er, es passiert hatte, würde er kaum noch Gelegenheit haben, einen Blick zurückzuwerfen.Vielleicht würde er ja nie mehr wiederkehren.
»Gehen wir«, wiederholte er und schritt in Richtung Tor, als
müsste er sich selbst überzeugen. Er ging wie in Trance und wagte nicht, zu seinen Gefährten hinüberzuschauen.
Unter den Jubelrufen der Menge schritten sie durch den Torbogen. Verließen die Stadt. Bald würde sie hinter ihnen langsam am Horizont verschwinden. Vor dem Abend würden sie schon im Wald sein. Die Straße, deren Steine jetzt unter Lyannens Stiefeln knirschten, würde ihn weiter bringen, als er es sich je hätte träumen lassen.
Drymn warf ein paar trockene Äste ins Feuer. Es war Abend, der erste ihrer Reise; sie hatten Dardamen erst an diesem Morgen hinter sich gelassen, doch das schien bereits Jahre her zu sein. Lyannen vertiefte sich in eine Karte der Benachbarten Reiche und fuhr ihre geplante Route mit dem Finger nach. Sie sollten eine Strecke durch die Wälder Richtung Nordwesten bis Feenquell laufen, nach dieser Station würde ihre Reise sie durch das Reich der Wälder bis zum Druidenkreis führen. Es war nicht sicher, ob sie noch an anderen Orten bei Verbündeten rasten könnten. Lyannen faltete die Karte zusammen und seufzte. Es würde hart werden, das stand fest, und keiner von ihnen hatte je so etwas Ähnliches durchgemacht. Wer wusste schon, wie viele Fehler sie bereits unwissentlich begangen hatten? Er vermutete, dass ihr Lagerfeuer hier einer davon war. Gut, sie waren noch innerhalb des Königreichs, doch ein weithin sichtbares Feuer zu entzünden, war selten eine weise Entscheidung.
Der Duft von geröstetem Brot drang in seine Nase, was Lyannen nur in seiner Vermutung bestätigte. Wenn bislang irgendjemand da draußen noch nicht
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