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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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hatte, steckte er einen seiner langen Finger in den Spalt ihrer Umrisse und sagte einige Worte in einer seltsamen Sprache, die Lyannen an das Rauschen der Zweige im Wind erinnerte. Plötzlich erzitterte der ganze Baum, Dalman zog die Hand zurück. Die Tür öffnete sich und gab den Blick auf einen Raum im Innern des Stammes frei.
    Dalman verbeugte sich elegant und bedeutete ihnen einzutreten. »Gebt mir die Ehre, euch in meiner bescheidenen Behausung aufnehmen zu dürfen«, sagte er feierlich.
    Ein wenig eingeschüchtert gingen sie hinein und Dalman schloss die Tür hinter ihnen. Der Raum war nicht sehr groß. Es gab einen Tisch, Stühle, ein Regal. Die Öllampe an der Decke tauchte das Zimmer in ein gedämpftes grünes Licht. Die jungen Männer nahmen auf den Stühlen Platz, während Dalman den Wasserkrug in einer Ecke abstellte, eine Flasche Ambrion und Gläser holte und ihnen etwas eingoss, bevor er sich selbst setzte.
    »Es ist sehr freundlich von euch, uns hier aufzunehmen«, sagte
Drymn. »Ein sehr schöner Platz, an dem ihr in völligem Einklang mit der Natur lebt, würde ich sagen.«
    »Du weißt gar nicht, wie recht du damit hast«, erwiderte Dalman mit einem zufriedenen Lächeln. »Dieser Baum lebt und wurde vorsichtig ausgehöhlt, ohne dass er dabei Schaden nahm. Man kann sagen, der Baum und ich leben in gegenseitigem Respekt zusammen.«
    »Das ist schön«, sagte Lyannen mit einem anerkennenden Kopfnicken. »Sehr schön. Bist du mit Elfhall verwandt?«
    »Ein Cousin mütterlicherseits«, erklärte Dalman. »Elfhall und ich sind gemeinsam in Mymar aufgewachsen, bis seine Eltern in die Hauptstadt gezogen sind.«
    »Das waren schöne Zeiten«, erinnerte sich Elfhall wehmütig. »Leider sind sie Vergangenheit und jetzt herrscht Krieg.«
    »Das ist sehr schlimm«, bestätigte Dalman. »Obwohl wir hier in Mymar davon nicht so viel merken wie die Wesen anderswo. Eigentlich könnte man ja sagen, dass wir bislang, außer damals bei der Schlacht von Nuna, stets vom Krieg verschont geblieben sind. Sicher sind auch unsere jungen Männer aufgebrochen, um den Truppen an der Front zur Seite zu stehen, und ab und an verirrt sich auch ein Goblin bis hin zu uns, doch im Großen und Ganzen können wir so tun, es gäbe gar keinen Krieg. Natürlich sind wir trotzdem wachsam …« Er schob sein Gewand auseinander und enthüllte ihren Blicken ein langes Schwert mit einem Silbergriff, das sich zwischen den Falten des weißen Stoffes verbarg. »Seit Beginn dieses Krieges trage ich es immer bei mir«, erklärte er. »Es hat meinem Vater gehört, bevor er gefallen ist.« Dalman ging zu Elfhall hinüber und meinte traurig: »Ihr werdet sagen, es sei Wahnsinn, sich vorzustellen, es könnte in Zukunft Frieden geben, aber ich glaube immer noch daran. Das Böse wird nicht triumphieren, solange wir es daran hindern, Elfhall. Deshalb trage ich das Schwert meines Vaters bei mir, um, wenn auch nur durch eine symbolische Geste, meinen Beitrag
dazu zu leisten. Wir können uns zwar vormachen, es gäbe keinen Krieg, aber er existiert, und wenn er schließlich auch zu uns kommt, können wir nicht einfach wegsehen und so tun, als wäre nichts. Ich würde auch gern an der Front kämpfen und wenn nötig sterben, denn ich ertrage diese aufgezwungene Untätigkeit nicht, ich kann meine Hände nicht länger in meinen Schoß legen. Aber ich muss. Die Leute hier haben entschieden, dass niemand mehr an die Front geschickt wird. Sie rechnen schon damit, dass die Schwarzen Truppen uns erreichen werden, und dann brauchen wir jeden Mann, um unsere Stadt zu verteidigen. Doch ich möchte, ich kann nicht auf diesen Moment warten, denn wenn er kommt, werden wir nur noch ruhmreich sterben können. Und in Mymar leben Frauen und Kinder. Wir können die Stadt also nicht von innen verteidigen. Aber wenn ich gehe, ist das so, als ließe ich meine Leute im Stich.Wenn ich Mymar jetzt verlasse - wie könnte ich je den Mut finden zurückzukehren?«
    Validen stand auf und stellte sich direkt vor ihn. Sein Blick wirkte stolz und entschlossen. »Die Truppen kämpfen im Norden und Westen, viele Meilen von hier entfernt. Dort könntest du dein Schwert besser einsetzen, als es hier nur nutzlos mit dir herumzutragen. Und das wäre bestimmt kein Verrat an deinen Leuten, wenn du für die Freiheit kämpfst.«
    Dalman nickte und antwortete: »Das weiß ich wohl. Und ich warte nur sehnlichst auf den geeigneten Moment, um die Waffe meines Vaters wieder zu ziehen. Ich kann kaum mehr an

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