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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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es, wenn ihm der Wind über das Gesicht strich, wenn Wasser über seine Haut lief oder Gras an seinen Beinen entlangstrich, doch das war nichts im Vergleich zu der Wärme der Flamme. Sie brannte in ihm selbst. Scrubb war ein Hitzkopf, während sein Freund gewohnt war, alles kühl und leidenschaftslos zu erwägen. Doch trotz allem hatte die Freundschaft zwischen ihnen beiden immer bestens funktioniert. Bis jetzt zumindest.
    »Meinst du nicht, dass du zu weit gehst?«, wiederholte Scrubb seine Frage und bemühte sich, diesmal ein wenig überzeugender zu klingen.
    »Ich soll zu weit gehen?« Gylion lachte schallend. »Gerade jemand wie du, der sich nie unter Kontrolle hat, will mir sagen, ich gehe zu weit? Das ist wirklich komisch.«
    »Ich finde das gar nicht so komisch«, antwortete Scrubb ernst. »Nur weil du die Macht für dich willst, gibt es auf beiden Seiten viele Tote. Findest du das komisch?«
    »Soll ich ehrlich sein?«, fragte Gylion und verzog seinen Mund zu einem sarkastischen Lächeln. »Ja.«
    Scrubb spuckte auf den Boden, es gab ein leises knisterndes
Geräusch und vom Boden stieg ein Rauchwölkchen auf. »Ich aber nicht«, sagte er. »Ganz und gar nicht.«
    »Du hast eben keinen Sinn für Humor, mein Lieber«, erwiderte Gylion. »Es macht wirklich sehr viel Spaß, es denen zu zeigen. Sie sind immer die unumstrittenen Herrscher über diese Welt gewesen. Widerlich. Stell dir einmal vor, wie demütigend es für sie sein wird, wenn sie demnächst meine Überlegenheit anerkennen müssen. Das ist doch zum Totlachen.«
    »Sie haben immer weise und ehrenvoll gehandelt«, antwortete Scrubb. »Haben stets den Frieden gesucht und niemandem seine Freiheit genommen.«
    »Es ist ja gerade dieses Gehabe von göttlicher Überlegenheit, was mich wahnsinnig macht«, platzte Gylion heraus. »Vielleicht ist es dir ja entgangen, dass sie meinen Vater getötet haben. Ist das denn nicht ein ausreichender Grund, sie zu hassen?«
    »Du tust das alles nicht aus Hass oder Rachedurst«, sagte Scrubb leise. »Glaubst du etwa, ich kenne dich nicht? Es geht dir um die Macht. Um den Königsthron. Nur das interessiert dich.«
    »Und wenn es so wäre?«, fragte Gylion, stellte sich neben Scrubb und starrte ihn mit seinen leuchtend blauen Augen an. »Wir kennen uns schon ewig und sind mindestens so vertraut miteinander wie Brüder. Warum verstehen wir uns jetzt nicht mehr? Was hat sich zwischen uns verändert, Scrubb?«
    Scrubb legte Gylion seufzend eine Hand auf die Schulter, dann sah er ihn traurig an, als würde er das Gesicht seines alten Freundes nicht wiedererkennen. »Wir beide haben uns verändert, Gylion.«
     
    »Die Dinge ändern sich, Slyman.Wir können nicht darüber hinwegsehen. Bald wird diese Veränderung auch uns erreichen.«
    Wieder saßen sie vor einem Feuer. Um sie herum nichts als Nebel, aus dem sich hier und da ein kahler Baum erhob. Diese beiden so gegensätzlichen Gestalten, die da inmitten einer unwirklichen
Umgebung nebeneinandersaßen, boten einen seltsamen Anblick. Der Einsame, ein großer, stattlicher Mann in einem dunkelvioletten Umhang, mit langen silbernen Haaren, durchdringenden violetten Augen und strengen Gesichtszügen, schien den schmalen, anmutigen Slyman zu überragen, der weißblond war, aquamarinblaue Augen hatte und ein zyklamrotes Gewand trug.
    Der junge Mann seufzte und hielt seine eiskalten Finger über das Feuer. »Diesmal verstehe ich Euch wirklich nicht, Herr«, sagte er sanft. »Hier ist doch niemand außer uns beiden und all dem Nebel. Wir sind noch keiner Seele begegnet. Wie sollte uns hier auch nur irgendeine Veränderung erreichen?«
    Der Einsame schaute einen Augenblick in die knisternden Flammen, die wie mit rötlichen Zungen den Nebel zu durchdringen suchten, doch dann aufgaben, und hing seinen Gedanken nach. »Veränderungen kommen schnell«, sagte er schließlich.»Alles, was hier auf dieser Seite der Grenzen lebt, falls es hier überhaupt Leben gibt, ist noch nie davon betroffen worden. Doch sollte das Ewige Königreich fallen und das Böse die Oberhand gewinnen - und das könnte diesmal wirklich geschehen -, werden sogar diese unbekannten Wesen eine Veränderung erfahren.«
    »Diese unbekannte Wesen?«, fragte Slyman und sah ihn neugierig an. »Wen meint Ihr?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete der Einsame nur und starrte weiter in die Flammen.
    Slyman beschloss, das Thema nicht weiterzuverfolgen. »Also wird die Weiße Hauptstadt fallen?«, fragte er

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